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der Kritischen Masse Quelle: Sendetermin: 3.3.2000
/ 20:05 Bayern2Radio
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Soziologie des Musikerwitzes © 2000 by Martin Hufner (EMail) |
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Musik: Sprecher: Im Prinzip handeln sie nur von zwei Phänomenen: Der Unfähigkeit des musizierenden Musikers oder von der Borniertheit der Musiker an sich wie es im Drei-Musiker-gehen-an-einer-Kneipe-vorbei"-Witz aufscheint. Ein typisches Exemplar des Unfähigkeitswitzes ist der folgende Bratscher-Witz:
Wenn es nur um das Faktum ginge, die Unfähigkeit von Musikern zu betonen, müsste aber doch eine Tatsache verwundern. Die Unfähigkeit wird nämlich dezidiert auf bestimmte Musikergruppen projeziert. Beim Orchester oder Streichquartett sind es die Bratscher, im Jazz sind es die Bassisten. Beide Musikergruppe werden zu Sündenböcken par exellence abgestempelt. Das ist zwar psychologisch gesehen ein rationelles Verhalten, aber aus soziologischer Sicht muss man fragen, welche gesellschaftliche Funktion sich darin manifestiert. War dem Lachen nach Bergsons Theorie wesentlich, dass es die verhärteteten Konventionen durchbrach, so hat sich diese Annahme nach den Analysen Theodor W. Adornos zum sozialen Konflikt in sein Gegenteil verkehrt:
Durch Adornos Analyse kann man schließlich zu der These kommen, dass die klassischen Sündenböcke des Musikerwitzes in Wirklichkeit Orte des Widerstandes sind. Dann verwundert auch keinen mehr die Tatsache, dass Komponisten, wenn sie selbst im Orchester mitspielen, sich regelmäßig zu den Bratschern setzen. Damit haben wir die philosophische Frage, es gibt Musikerwitze warum?" zum Ende geführt. Am Ende treffen diese Witze den Produzenten von Musik. Selbst wenn der Bratscher bewitzt wird, ist der Komponist gemeint. Dieser reagiert mit der Methode, den Musikern den Spaß an der Musik so weit wie möglich zu verleiden außer den Bratschisten, für die er immer vorzügliche Partien schreibt. Martin Hufner
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