Musik: Generique aus Ascenseur pour léchafaud
(Track 17 - frei bis 6 dann un-ter den Text vor 0:16 weggeblendet)
Sprecher:
Wer Kultur sagt, sagt auch Verwaltung, ob er will oder nicht," meinte 1960 der Soziologe Theodor W. Adorno.
Und zugleich entgegnete er sich selbst: Aber Kultur ist zugleich, gerade nach deutschen Begriffen, der Verwaltung
entgegengesetzt." In diesem Spannungsnetz befindet man sich unweigerlich, wenn man den Bereich der organisierten
Kultur aber auch den der Kulturorganisationen betritt. Doch hat sich seit 1960 einiges verändert. Standen damals
noch bürgerliche Prinzipien wie Aufklärung, Emanzipation und Kritik im Zentrum des avancierten Umgangs
mit Kultur, scheint seit einigen Jahren der Einfluss rein wirtschaftstech-nischer Erwägungen in den Vordergrund
zu treten. Der Kulturexperte ist schon an vielen Orten durch den nur noch an Geschäftsordnungen oder Wirtschaftsdaten
orientierten Bürokraten im Manageranzug ersetzt worden. Inhaltliche Erwägungen werden in den Hintergrund
gestellt, weil technische, organisatorische und interne Probleme sowohl dauerhafter wirken und trotzdem leichter,
weil prinzipiell auf bürokratisch-technischem Wege lösbar scheinen. Zwar ist die Bürokratie nach
den Analysen des Soziologen Max Webers die formal rationalste Form lega-ler Herrschaft, aber der Preis, den die
Kultur dafür zu entrichten hat, ist mitunter fatal: Die Verwaltung verwaltet nur noch sich selbst, aber nicht
mehr die Kultur. In dieser bürokratischen Falle befindet sich auch der Deutsche Musikrat, der immer deutlicher
in der Maske einer nur sich selbst verwaltenden Behörde auftritt. Das Geflecht gegenseitiger Kon-trolle der
einzelnen Entscheidungs- und Beratungsgremien lähmt die ak-tive und innovative politische Interessenwahrnehmung.
Herauskommen da nur biedere Aktionen, die sich nach dem Maßstab des kleinsten ge-meinsamen Nenners richten,
wie Copy kills music" oder die halbherzig durchgeführte Initiative Hauptsache Musik".
Nach außen tritt der Deut-sche Musikrat schon lange wie ein Geheimbund auf: Die Öffentlichkeit bleibt
außen vor, auch das ein Resultat bürokratischer Verwaltung wie sie Max Weber beschrieben hat. Doch hat
sie zur Folge, dass es dem Deutschen Musikrat nicht gelingen kann, sich nach außen als ein offenes Forum des
aktiven Engagements für die Musikkultur zu präsentieren. Offenes Forum zu sein, kann nur bedeuten: Den
erworbenen inneren bürokra-tischen Narzismus abzulegen und Ansprechpartner für alle Belange der Musikkultur
zu werden, den Kontakt zur Basis wie zur Politik herzustellen und Fragestellungen der gegenwärtigen Musikkultur
in der Öffent-lichkeit und mit der Öffentlichkeit zu diskutieren. Dann könnte der Deutsche Musikrat
tatsächlich ein Haus der Musikkultur werden: mit offenen Türen und Ohren, transparent nach innen wie nach
außen.
Musik: Au bar du petit bac aus Ascenseur pour léchafaud
(Track 25 - ab 0:00 unter dem Text ab etwa 0:08 freistehend, ausblenden nach gusto
Martin Hufner
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