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Quelle:
neue musikzeitung

Cluster

Jahr 2001
Ausgabe 10
Seite 4
nmz-online

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Stöpsel-Musiqua

© 2001 by Martin Hufner (EMail)


Ein Musikfestival trumpft groß auf. Als Schwerpunkte hat man sich ein Portrait des Komponisten Peter Tschaikowsky gesetzt, flankiert vom Thema „Adagio" und „Italienischen Violinkonzerten". Die Besetzung des Festivals ist hochkarätig. Da spielen die Berliner Philharmoniker unter Herbert von Karajan (Adagio), die Musiqua (sic!) Antiqua Köln unter Reinhard Goebel (Italienische Violinkonzerte), sowie Bernstein, Ozawa und Mehta mit großen amerikanischen und israelischen Orchestern im Tschaikowsky-Teil. Die Auswahl der Stücke im Themenbereich „Adagio" ist – zugegeben – von ausgesuchter Schönheit. Da gibt es das schon beinahe legendäre Allegretto von Beethoven, das kongeniale Andante von Johannes Brahms oder das unübertroffene Adagio molto von Antonio Vivaldi. Sicher, das ist schön, aber treffen Allegretto und Andante wirklich das Thema? Nun, wenn Karajan dirigiert, vielleicht schon. Beim Tschaikowsky hat man allerdings die Ballettmusik überbewertet. Allein vier Nußknacker-Stückerl, einmal Romeo und Julia und einmal Schwansee. Dagegen aus den Sinfonien vier bis sechs nur Einzelsätze, zum Teil selbst diese nicht immer vollständig.

Einen ganzen Monat lang lief dieses Festival im August. Im September wurde es durch ein Komponistenportrait George Gershwin, begleitet von den Themen Barcarolle (sic) und Tastenzauber, abgelöst. Auch die Zahlen können sich sehen lassen: Mehr als hunderttausend potentielle Zuhörer. Hauptsache Musik wird man sich gesagt haben, egal welche. Und der Vorreiter in dieser Richtung ist kein geringerer als die Deutsche Bahn AG mit ihren Verspätungsflaggschiffen, den ICEs. Bei diesen Programmen bleibt man doch gerne länger sitzen.

Martin Hufner