27. Dezember 2024 Alles muss raus!

Freiwillige Selbstverpflichtung

Wir hatten ein Sommertheater um „deutsche Musik“ im Rundfunk. Das kulminierte um die erfolglose Pop.komm herum. Nun fordern rechtzeitig zum Weihnachtsfest Opposition und Regierung eine Art freiwilliger Selbstverpflichtung für eine Deutsch-Quote um 35 Prozent vom Gesamtanteil.

Der Begriff „freiwillige Selbstverpflichtung“ ist dabei eine wunderbare demokratische Krücke. Denn der Staat, zumal der Bund, hat eigentlich nichts beim Rundfunk zu wollen; wir leben ja nicht in einem totalitären Staat, wo Herr Goebbels die Sender gleichschalten kann wie er es will.

Zumal der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird nur vermittelt kontrolliert, über Rundfunkräte und Programmausschüsse. Wir wissen aus langjähriger Erfahrung, dass diese Räte häufig genug aber nur Sachen abnicken, die die Intendanzen beschließen. Selten gibt es da Aufmupf. Wie so ein Rundfunkrat sich zusammensetzt, habe ich einmal am Bayerischen Rundfunk dargestellt.

Deswegen diese sachte Bitte des Bundestages zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung. Der Rundfunk stöhnt über diese freiwilligen Selbstverpflichtungen, deren es einige gibt. Ich stöhne mit ihm. Doch was heißt das, wenn man das Pferd mal anders herum aufzäumt?

Es könnte doch heißen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer Weise verselbständigt hat, die die Kontroll- und Veränderungsmöglichkeiten sehr einengt — er wird zum Staat im Staat. Programmautonomie, ein Begriff, der dann von den Hörfunkdirektoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dagegengesetzt wird, heißt immer häufiger zweierlei: Man macht, was man will (in den gesetztlichen Rahmenbedingungen) oder man überlässt es der Hörer-Quote, aus der man kaffeesatzgleich herauszulesen versucht, was denn an der Zeit sei. (Siehe dazu: Logik für Anfänger)

Das ist längstens ebenfalls kein haltbarer Zustand. Die nicht-freiwillige Verpflichtung, bestimmte Programmangebote machen zu müssen (Unterhaltung, Bildung, Information, Kultur) wird auch so mittlerweile unterwandert. Nur, wie kann man „Kultur“-Anteile oder „Bildungs“-Anteile messen. Es ist momentan so, dass man an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht rankommt; weder als anspruchsvoller Nutzer noch von Seiten der Politik.

Immer deutlicher wird daher, dass man den Funk nur dort packen kann, wo seine Kontrolle stattfindet. Bei den Rundfunkräten nämlich. Sie müssen lernen, dass sie entscheiden können und müssen, wo es lang geht. Dazu bedarf es nicht mal des Drucks auf deren Mitglieder sondern nur des Hinweises, dass sie eine extrem verantwortungsvolle Aufgabe haben und dass man sie persönlich dafür zur Verantwortung zieht. Das hätte der Bundestag mal machen sollen. Aber auch die drucken nur luftloses Papier:

Union und Regierungsfraktionen wollen freiwillige Quote für deutsche Musik

Berlin: (hib/BES) Für eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hörfunksender zur Förderung von Musik aus Deutschland treten die Union und die Regierungsfraktionen in getrennten Anträgen (15/4495, 15/4521) ein.

SPD und Bündnis 90/Die Grünen gehen dabei auf die öffentliche Diskussion über die Forderung nach einer Quote für Pop- und Rockmusik aus Deutschland ein. Diese Debatte zeige, dass sowohl im öffentlich-rechtlichen Hörfunk als auch bei den privaten Sendern die Vielfalt in diesem Bereich nicht gewährleistet sei.

Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten, dass Quotierungen eine positive Wirkung haben können. Für die Union sind darüber hinaus auch wirtschaftliche Aspekte von Bedeutung. Die deutsche Musikbranche befinde sich in einer schwierigen Phase und müsse über mehrere Jahre hinweg starke Umsatzeinbrüche von mehr als 20 Prozent hinnehmen.

Daher sei eine stärkere Förderung von Produktionen aus Deutschland notwendig. Im Einzelnen wendet sich die Union an die Länder: Diese sollten sich im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die freiwillige Verpflichtung der Sender einsetzen.

An die Bundesregierung richtet die Union die Forderung, im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Möglichkeiten den Stellenwert von Musik aus Deutschland „im Sinne deutscher Musiker“ zu fördern. Dies gelte auch für die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik der Regierung.

Gleichzeitig solle die Regierung bei der Novellierung des Urheberrechts dem geistigen Eigentum an Musik einen stärkeren Stellenwert geben. Die Regierungsfraktionen nennen in ihrem Antrag konkrete Zahlen für die gewünschte Quote.

So solle in den Musikprogrammen ein Anteil von annähernd 35 Prozent deutschsprachiger oder in Deutschland produzierter Pop- und Rockmusik gesendet werden, wobei zur Hälfte Neuerscheinungen von Nachwuchsmusikern zu berücksichtigen seien.
Ich mag nicht mehr im Detail diesen Bockmist auseinander nehmen. Zum Beispiel den Einsatz der Union für die dahindarbenden Musikbranche mit ihren Umsatzeinbrüchen. Man sollte nicht Sachen miteinander verquicken, die kulturpolitisch nichts miteinander zu tun haben. Der Rundfunk kann nicht der finanzielle Vollstrecker der phonographischen Wirtschaft sein. Die richtigen Sachen würden dann sowieso gefördert, wenn man ein qualitätsreiches Programm machen wollte.

Sofort nach Bekanntwerden dieser Notiz aus dem Bundestag waren denn auch die Phonoverbände online:
„Die Musikauswahl im Rundfunk muss vielfältiger werden“, erklärt Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände. „Deswegen begrüßen wir den Beschluss des Deutschen Bundestages, der dies ausdrücklich feststellt. Wir sind bereit, die Ausgestaltung der freiwilligen Selbstverpflichtung mit den Rundfunkanstalten zu diskutieren. Hierzu fordern wir die Programmverantwortlichen auf, mit der Musikwirtschaft zu konkreten Lösungen zu kommen.“

Der Bundestag hat am heutigen Nachmittag einen Beschluss gefasst, der die Rundfunkanstalten auffordert, im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung einen bestimmten Anteil für musikalische Neuheiten im Programm zu verankern und geeignete Sendeformate zur Nachwuchsförderung anzubieten.

Die Forderung nach mehr musikalischer Vielfalt ist eine Initiative der gesamten Musikwirtschaft. Eine Studie der hundert reichweitenstärksten Sender hatte ergeben, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur einen Neuheitenanteil von 14,3% am Musikprogramm sendet – deutschsprachige Neuheiten lagen sogar bei nur 1,2%. Zuletzt hatten im September rund 600 Künstler eine Petition unterzeichnet, die eine stärkere Berücksichtigung deutschsprachiger Musik im Rundfunk fordern.
Dazu sage ich nur: „Das ist die perfekte Welle“ — eine Neuheit über Monate hinweg. Furchtbar. „Das ist der perfekte Tag.“

Wer Neuheiten administrieren will, der ist falsch gewickelt. Phonowirtschaft wie Rundfunk haben sich in den letzten 15-20 Jahren die größte Mühe damit gegeben, Redakteure wegzuschließen, die ein gutes Programm machten. Zuletzt beim Hessischen Rundfunk mit „Schwarz-Weiß“. Am liebsten kommunizieren staatlich und wirtschaftlich administrierte Computer, die ja Wertfreiheit vortäuschen. Heavy-Rotation!! sag’ ich nur.

Wir hatten ein Sommertheater um „deutsche Musik“ im Rundfunk. Das kulminierte um die erfolglose Pop.komm herum. Nun fordern rechtzeitig zum Weihnachtsfest Opposition und Regierung eine Art freiwilliger Selbstverpflichtung für eine Deutsch-Quote um 35 Prozent vom Gesamtanteil.

Der Begriff „freiwillige Selbstverpflichtung“ ist dabei eine wunderbare demokratische Krücke. Denn der Staat, zumal der Bund, hat eigentlich nichts beim Rundfunk zu wollen; wir leben ja nicht in einem totalitären Staat, wo Herr Goebbels die Sender gleichschalten kann wie er es will.

Zumal der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird nur vermittelt kontrolliert, über Rundfunkräte und Programmausschüsse. Wir wissen aus langjähriger Erfahrung, dass diese Räte häufig genug aber nur Sachen abnicken, die die Intendanzen beschließen. Selten gibt es da Aufmupf. Wie so ein Rundfunkrat sich zusammensetzt, habe ich einmal am Bayerischen Rundfunk dargestellt.

Deswegen diese sachte Bitte des Bundestages zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung. Der Rundfunk stöhnt über diese freiwilligen Selbstverpflichtungen, deren es einige gibt. Ich stöhne mit ihm. Doch was heißt das, wenn man das Pferd mal anders herum aufzäumt?

Es könnte doch heißen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer Weise verselbständigt hat, die die Kontroll- und Veränderungsmöglichkeiten sehr einengt — er wird zum Staat im Staat. Programmautonomie, ein Begriff, der dann von den Hörfunkdirektoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dagegengesetzt wird, heißt immer häufiger zweierlei: Man macht, was man will (in den gesetztlichen Rahmenbedingungen) oder man überlässt es der Hörer-Quote, aus der man kaffeesatzgleich herauszulesen versucht, was denn an der Zeit sei. (Siehe dazu: Logik für Anfänger)

Das ist längstens ebenfalls kein haltbarer Zustand. Die nicht-freiwillige Verpflichtung, bestimmte Programmangebote machen zu müssen (Unterhaltung, Bildung, Information, Kultur) wird auch so mittlerweile unterwandert. Nur, wie kann man „Kultur“-Anteile oder „Bildungs“-Anteile messen. Es ist momentan so, dass man an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht rankommt; weder als anspruchsvoller Nutzer noch von Seiten der Politik.

Immer deutlicher wird daher, dass man den Funk nur dort packen kann, wo seine Kontrolle stattfindet. Bei den Rundfunkräten nämlich. Sie müssen lernen, dass sie entscheiden können und müssen, wo es lang geht. Dazu bedarf es nicht mal des Drucks auf deren Mitglieder sondern nur des Hinweises, dass sie eine extrem verantwortungsvolle Aufgabe haben und dass man sie persönlich dafür zur Verantwortung zieht. Das hätte der Bundestag mal machen sollen. Aber auch die drucken nur luftloses Papier:

Union und Regierungsfraktionen wollen freiwillige Quote für deutsche Musik

Berlin: (hib/BES) Für eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hörfunksender zur Förderung von Musik aus Deutschland treten die Union und die Regierungsfraktionen in getrennten Anträgen (15/4495, 15/4521) ein.

SPD und Bündnis 90/Die Grünen gehen dabei auf die öffentliche Diskussion über die Forderung nach einer Quote für Pop- und Rockmusik aus Deutschland ein. Diese Debatte zeige, dass sowohl im öffentlich-rechtlichen Hörfunk als auch bei den privaten Sendern die Vielfalt in diesem Bereich nicht gewährleistet sei.

Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten, dass Quotierungen eine positive Wirkung haben können. Für die Union sind darüber hinaus auch wirtschaftliche Aspekte von Bedeutung. Die deutsche Musikbranche befinde sich in einer schwierigen Phase und müsse über mehrere Jahre hinweg starke Umsatzeinbrüche von mehr als 20 Prozent hinnehmen.

Daher sei eine stärkere Förderung von Produktionen aus Deutschland notwendig. Im Einzelnen wendet sich die Union an die Länder: Diese sollten sich im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die freiwillige Verpflichtung der Sender einsetzen.

An die Bundesregierung richtet die Union die Forderung, im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Möglichkeiten den Stellenwert von Musik aus Deutschland „im Sinne deutscher Musiker“ zu fördern. Dies gelte auch für die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik der Regierung.

Gleichzeitig solle die Regierung bei der Novellierung des Urheberrechts dem geistigen Eigentum an Musik einen stärkeren Stellenwert geben. Die Regierungsfraktionen nennen in ihrem Antrag konkrete Zahlen für die gewünschte Quote.

So solle in den Musikprogrammen ein Anteil von annähernd 35 Prozent deutschsprachiger oder in Deutschland produzierter Pop- und Rockmusik gesendet werden, wobei zur Hälfte Neuerscheinungen von Nachwuchsmusikern zu berücksichtigen seien.
Ich mag nicht mehr im Detail diesen Bockmist auseinander nehmen. Zum Beispiel den Einsatz der Union für die dahindarbenden Musikbranche mit ihren Umsatzeinbrüchen. Man sollte nicht Sachen miteinander verquicken, die kulturpolitisch nichts miteinander zu tun haben. Der Rundfunk kann nicht der finanzielle Vollstrecker der phonographischen Wirtschaft sein. Die richtigen Sachen würden dann sowieso gefördert, wenn man ein qualitätsreiches Programm machen wollte.

Sofort nach Bekanntwerden dieser Notiz aus dem Bundestag waren denn auch die Phonoverbände online:
„Die Musikauswahl im Rundfunk muss vielfältiger werden“, erklärt Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände. „Deswegen begrüßen wir den Beschluss des Deutschen Bundestages, der dies ausdrücklich feststellt. Wir sind bereit, die Ausgestaltung der freiwilligen Selbstverpflichtung mit den Rundfunkanstalten zu diskutieren. Hierzu fordern wir die Programmverantwortlichen auf, mit der Musikwirtschaft zu konkreten Lösungen zu kommen.“

Der Bundestag hat am heutigen Nachmittag einen Beschluss gefasst, der die Rundfunkanstalten auffordert, im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung einen bestimmten Anteil für musikalische Neuheiten im Programm zu verankern und geeignete Sendeformate zur Nachwuchsförderung anzubieten.

Die Forderung nach mehr musikalischer Vielfalt ist eine Initiative der gesamten Musikwirtschaft. Eine Studie der hundert reichweitenstärksten Sender hatte ergeben, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur einen Neuheitenanteil von 14,3% am Musikprogramm sendet – deutschsprachige Neuheiten lagen sogar bei nur 1,2%. Zuletzt hatten im September rund 600 Künstler eine Petition unterzeichnet, die eine stärkere Berücksichtigung deutschsprachiger Musik im Rundfunk fordern.
Dazu sage ich nur: „Das ist die perfekte Welle“ — eine Neuheit über Monate hinweg. Furchtbar. „Das ist der perfekte Tag.“

Wer Neuheiten administrieren will, der ist falsch gewickelt. Phonowirtschaft wie Rundfunk haben sich in den letzten 15-20 Jahren die größte Mühe damit gegeben, Redakteure wegzuschließen, die ein gutes Programm machten. Zuletzt beim Hessischen Rundfunk mit „Schwarz-Weiß“. Am liebsten kommunizieren staatlich und wirtschaftlich administrierte Computer, die ja Wertfreiheit vortäuschen. Heavy-Rotation!! sag’ ich nur.

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