25. Dezember 2024 Alles muss raus!

Konstellation, Montage, Komposition, Zitat

Zitieren oder zitieren; das Recht hat sein recht. Und die Frankfurter Rundschau lässt sich wissenschaftlich erklären, wann ein Zitat ein Zitat ist. Zitate dürfen kein Selbstzweck sein, sagt man. Das stimmt. Doch was bedeutet das. Die Wissenschaft, aber die Interpretation von Phänomenen im allgemeinen, funktioniert nicht zwingend nach dem Prinzip der Deduktion oder der Induktion. Also, ich zitiere etwas, dann kommentiere ich es, oder das Zitat belegt die Aussage, die man entwickelt hat. Das ist aber nur eine Form des Schöpfens von Er(Kenntnissen). Man folgt hier streng der zweidimensionalen Logik. Dialektische Logik kennt auch andere Wege. Ihren vielleicht prominentesten Ausdruck findet sie in der Materialsammlung von Walter Benjamins “Passagenwerk”.

Es besteht zu großen Teilen aus Zitaten, die nicht kommentiert oder eingeleitet werden. Diese Zitate werden selbst zu einem Bild, sie sind ausgewählt und steht für sich. Diese Form des Nachdenkens über Fragen, Themen, Felder beruht darauf, dass der direkte Blick den Zugang eher verwehrt denn ermöglicht. In der „Negativen Dialektik” findet sich folgendes Bild:

Erkenntnis des Gegenstands in seiner Konstellation ist die des Prozesses, den er in sich aufspeichert. Als Konstellation umkreist der theoretische Gedanke den Begriff, den er öffnen möchte, hoffend, daß er aufspringe etwa wie die Schlösser wohlverwahrter Kassenschränke: nicht nur durch einen Einzelschlüssel oder eine Einzelnummer sondern eine Nummernkombination.
[Band 6: Negative Dialektik. Jargon der Eigentlichkeit: Zweiter Teil: Negative Dialektik. Begriff und Kategorien. Digitale Bibliothek Band 97: Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, S. 3086 (vgl. GS 6, S. 165-166)]

Auch in der Kunst kennt man derartige Verfahren als “Montage” (seltener als „Collage”) und in der Soziologie Max Webers tritt es es auf als “Komposition”. Das Zusammenstellen wird zur Grundlage eines Bildes, aus dem mehr herausspringt als aus der Analyse und Darstellung eines Einzelphänomens. So geschehen als Form einer Reaktualisierung von Beethovens 9. Sinfonie in älteren Konzerten des Dirigenten Michael Gielen. Er riss die Sinfonie vor ihrem letzten Satz auseinander und unterbrach sie mit Schönbergs „A Survivor from Warsaw”. Das ist eine bewusste Herbeiführung der Konstellation. Nach Schönbergs Stück klingt die “Ode an die Freude” anders. Sie hat weniger etwas plump Euphorisches, sondern wird in gegenseitiger Beobachtung zu einer Fiktion. „Alle Menschen werden Brüder” hat einen anderen Tonfall, wenn zuvor die Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto musikalisches Thema war.

Bei Benjamin gibt es die Frage der Montage an zentraler Stelle. Unter “Erkenntnistheoretisches, Theorie des Fortschritts” findet sich der Eintrag N 1 a, 8:
„Methode dieser Arbeit: literarische Montage. Ich habe nichts zu sagen. Nur zu zeigen. Ich werde nichts Wertvolles entwenden und mir keine geistvollen Formulierungen aneignen. Aber die Lumpen, den Abfall: die will ich nicht inventarisieren sondern sie auf die einzig mögliche Weise zu ihrem Rechte kommen lassen: sie verwenden.” Walter Benjamin, Das Passagen-Werk, Erster Band, Frankfurt/M. 1983, S. 574
Zuvor im Fragment N 1, 10:
“Diese Arbeit muß die Kunst, ohne Anführungszeichen zu zitieren, zur höchsten Höhe entwickeln. Ihre Theorie hängt aufs engste mit der der Montage zusammen.” ebenda, S. 572
Auch die Literatur kennt ein solches Verfahren. Es wird freilich nicht immer geschätzt. Die Parataxe. Das ist eine Form der Satzverbindung, bei der selbständige Sätze aneinandergereiht und miteinander verbunden sind. Also im banalen Sinn: Die Sonne geht auf. Ein Vogel sitzt im Nest. Ich ziehe mir einen Popel aus der Nase. Parataxe im weiteren künstlerischen Sinn kann aber genau ein Konstallation bilden, die das, was sie bezeichnet, nicht beim Namen nennt. Jakob van Hoddis und Alfred Lichtenstein werden als Lyriker dafür gerne herangezogen. Als ein Beispiel hier das Gedicht „Der Sturm” von Alfred Lichtenstein:
Der Sturm

Im Windbrand steht die Welt. Die Städte knistern.
Halloh, der Sturm, der große Sturm ist da.
Ein kleines Mädchen fliegt von den Geschwistern.
Ein junges Auto flieht nach Ithaka.

Ein Weg hat seine Richtung ganz verloren.
Die Sterne sind dem Himmel ausgekratzt.
Ein Irrenhäusler wird zu früh geboren.
In San Franzisko ist der Mond geplatzt.

Alfred Lichtenstein, Dichtungen, Zürich 1989, S. 81
Dies nur als Beispiele genannt für Erkenntnisprozesse über Verfahren der Konstellation, der Montage und der Parataxe. Das sind Fragen, die an der Konstruktion des Urheberrechts fast komplett vorbeigehen, was nicht heißt, dass man sie mit jenen Mittel behandelt. Und dass mit diesen Mittel Recht gesprochen wird. Dass es dabei zu Verzerrungen kommt und zu Verwirrungen, nimmt nicht wunder.

Die Transformation von Wissen in Rechts- und Wirtschaftsgüter hat nun auch die Gutmeinenden erfasst und dadurch wird die Maskerade von einer Gesellschaft, die sich als Gemeinschaft gegenseitiger Partizipation aus dem Bereich der bürgerlichen Öffentlichkeit entwickelte, zur Eigentumsindustrie genau gespiegelt. Was bedenklicher noch scheint, ist, dass abweichende Erkenntniswege sich am Gesetz zu orientieren haben. Diese leben von der Fixierung in Konventionen und Definitionen. Es wird also definiert, wann ein Zitat ein Zitat ist. Definitionen spiegeln jedoch einer Objektivität vor, die sie nicht haben. Definitionen stellen Prozesse kalt.

Zurück zum zitierten Juristen in der Frankfurter Rundschau: In seiner Sicht fehlt die erkenntnistheoretische Position des Materials, der Sammlung von Material unter bestimmten Gesichtspunkten, die zusammen ein Bild erzeugen, welches auf andere Art nicht zu gewinnen ist. Das ist auch nicht eine Frage des Urheberrechts sondern eine der Erzeugung von Wissen. Das wird ja gerne miteinander vermischt. Hegel noch hatte keine angst vor der Verbreitung seines Wissens. Aber er hatte angst davor, dass sich jemand anderes seine Texte unter fremdem Namen zu eigen machte — vor dem Plagiat nämlich (siehe §§ 68, 69 und 64 für den Übergang von Geistigem in Gemeinwerte in Hegels Grundlinien einer Philosophie des Rechts).

Das Schlusswort lasse ich mir von Walter Benjamin schreiben:
“Zitate in meiner Arbeit sind wie Räuber am Weg, die bewaffnet hervorbrechen und dem Müßiggänger die Überzeugung abnehmen.” Walter Benjamin, Einbahnstraße, Frankfurt/M. 1977, S. 108.

Zitieren oder zitieren; das Recht hat sein recht. Und die Frankfurter Rundschau lässt sich wissenschaftlich erklären, wann ein Zitat ein Zitat ist. Zitate dürfen kein Selbstzweck sein, sagt man. Das stimmt. Doch was bedeutet das. Die Wissenschaft, aber die Interpretation von Phänomenen im allgemeinen, funktioniert nicht zwingend nach dem Prinzip der Deduktion oder der Induktion. Also, ich zitiere etwas, dann kommentiere ich es, oder das Zitat belegt die Aussage, die man entwickelt hat. Das ist aber nur eine Form des Schöpfens von Er(Kenntnissen). Man folgt hier streng der zweidimensionalen Logik. Dialektische Logik kennt auch andere Wege. Ihren vielleicht prominentesten Ausdruck findet sie in der Materialsammlung von Walter Benjamins “Passagenwerk”.

Es besteht zu großen Teilen aus Zitaten, die nicht kommentiert oder eingeleitet werden. Diese Zitate werden selbst zu einem Bild, sie sind ausgewählt und steht für sich. Diese Form des Nachdenkens über Fragen, Themen, Felder beruht darauf, dass der direkte Blick den Zugang eher verwehrt denn ermöglicht. In der „Negativen Dialektik” findet sich folgendes Bild:

Erkenntnis des Gegenstands in seiner Konstellation ist die des Prozesses, den er in sich aufspeichert. Als Konstellation umkreist der theoretische Gedanke den Begriff, den er öffnen möchte, hoffend, daß er aufspringe etwa wie die Schlösser wohlverwahrter Kassenschränke: nicht nur durch einen Einzelschlüssel oder eine Einzelnummer sondern eine Nummernkombination.
[Band 6: Negative Dialektik. Jargon der Eigentlichkeit: Zweiter Teil: Negative Dialektik. Begriff und Kategorien. Digitale Bibliothek Band 97: Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, S. 3086 (vgl. GS 6, S. 165-166)]

Auch in der Kunst kennt man derartige Verfahren als “Montage” (seltener als „Collage”) und in der Soziologie Max Webers tritt es es auf als “Komposition”. Das Zusammenstellen wird zur Grundlage eines Bildes, aus dem mehr herausspringt als aus der Analyse und Darstellung eines Einzelphänomens. So geschehen als Form einer Reaktualisierung von Beethovens 9. Sinfonie in älteren Konzerten des Dirigenten Michael Gielen. Er riss die Sinfonie vor ihrem letzten Satz auseinander und unterbrach sie mit Schönbergs „A Survivor from Warsaw”. Das ist eine bewusste Herbeiführung der Konstellation. Nach Schönbergs Stück klingt die “Ode an die Freude” anders. Sie hat weniger etwas plump Euphorisches, sondern wird in gegenseitiger Beobachtung zu einer Fiktion. „Alle Menschen werden Brüder” hat einen anderen Tonfall, wenn zuvor die Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto musikalisches Thema war.

Bei Benjamin gibt es die Frage der Montage an zentraler Stelle. Unter “Erkenntnistheoretisches, Theorie des Fortschritts” findet sich der Eintrag N 1 a, 8:
„Methode dieser Arbeit: literarische Montage. Ich habe nichts zu sagen. Nur zu zeigen. Ich werde nichts Wertvolles entwenden und mir keine geistvollen Formulierungen aneignen. Aber die Lumpen, den Abfall: die will ich nicht inventarisieren sondern sie auf die einzig mögliche Weise zu ihrem Rechte kommen lassen: sie verwenden.” Walter Benjamin, Das Passagen-Werk, Erster Band, Frankfurt/M. 1983, S. 574
Zuvor im Fragment N 1, 10:
“Diese Arbeit muß die Kunst, ohne Anführungszeichen zu zitieren, zur höchsten Höhe entwickeln. Ihre Theorie hängt aufs engste mit der der Montage zusammen.” ebenda, S. 572
Auch die Literatur kennt ein solches Verfahren. Es wird freilich nicht immer geschätzt. Die Parataxe. Das ist eine Form der Satzverbindung, bei der selbständige Sätze aneinandergereiht und miteinander verbunden sind. Also im banalen Sinn: Die Sonne geht auf. Ein Vogel sitzt im Nest. Ich ziehe mir einen Popel aus der Nase. Parataxe im weiteren künstlerischen Sinn kann aber genau ein Konstallation bilden, die das, was sie bezeichnet, nicht beim Namen nennt. Jakob van Hoddis und Alfred Lichtenstein werden als Lyriker dafür gerne herangezogen. Als ein Beispiel hier das Gedicht „Der Sturm” von Alfred Lichtenstein:
Der Sturm

Im Windbrand steht die Welt. Die Städte knistern.
Halloh, der Sturm, der große Sturm ist da.
Ein kleines Mädchen fliegt von den Geschwistern.
Ein junges Auto flieht nach Ithaka.

Ein Weg hat seine Richtung ganz verloren.
Die Sterne sind dem Himmel ausgekratzt.
Ein Irrenhäusler wird zu früh geboren.
In San Franzisko ist der Mond geplatzt.

Alfred Lichtenstein, Dichtungen, Zürich 1989, S. 81
Dies nur als Beispiele genannt für Erkenntnisprozesse über Verfahren der Konstellation, der Montage und der Parataxe. Das sind Fragen, die an der Konstruktion des Urheberrechts fast komplett vorbeigehen, was nicht heißt, dass man sie mit jenen Mittel behandelt. Und dass mit diesen Mittel Recht gesprochen wird. Dass es dabei zu Verzerrungen kommt und zu Verwirrungen, nimmt nicht wunder.

Die Transformation von Wissen in Rechts- und Wirtschaftsgüter hat nun auch die Gutmeinenden erfasst und dadurch wird die Maskerade von einer Gesellschaft, die sich als Gemeinschaft gegenseitiger Partizipation aus dem Bereich der bürgerlichen Öffentlichkeit entwickelte, zur Eigentumsindustrie genau gespiegelt. Was bedenklicher noch scheint, ist, dass abweichende Erkenntniswege sich am Gesetz zu orientieren haben. Diese leben von der Fixierung in Konventionen und Definitionen. Es wird also definiert, wann ein Zitat ein Zitat ist. Definitionen spiegeln jedoch einer Objektivität vor, die sie nicht haben. Definitionen stellen Prozesse kalt.

Zurück zum zitierten Juristen in der Frankfurter Rundschau: In seiner Sicht fehlt die erkenntnistheoretische Position des Materials, der Sammlung von Material unter bestimmten Gesichtspunkten, die zusammen ein Bild erzeugen, welches auf andere Art nicht zu gewinnen ist. Das ist auch nicht eine Frage des Urheberrechts sondern eine der Erzeugung von Wissen. Das wird ja gerne miteinander vermischt. Hegel noch hatte keine angst vor der Verbreitung seines Wissens. Aber er hatte angst davor, dass sich jemand anderes seine Texte unter fremdem Namen zu eigen machte — vor dem Plagiat nämlich (siehe §§ 68, 69 und 64 für den Übergang von Geistigem in Gemeinwerte in Hegels Grundlinien einer Philosophie des Rechts).

Das Schlusswort lasse ich mir von Walter Benjamin schreiben:
“Zitate in meiner Arbeit sind wie Räuber am Weg, die bewaffnet hervorbrechen und dem Müßiggänger die Überzeugung abnehmen.” Walter Benjamin, Einbahnstraße, Frankfurt/M. 1977, S. 108.

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5 Kommentare

  1. Schon die Zusammenstellung

    Schon die Zusammenstellung von Zitaten zum Zweck eines komplexen Meinungsbildes stellt eine geistige Leistung dar und wenn dies nur mit zwei treffenden Worten pointiert kommentiert wird (z.B. in der Überschrift), kann dies mehr sein als drei Seiten banales Geschwafel.

  2. Du schreibst: “Was

    Du schreibst: “Was bedenklicher noch scheint, ist, dass abweichende Erkenntniswege sich am Gesetz zu orientieren haben.„ Das sehe ich so nicht.

    Der Artikel in der Frankfurter Rundschau zitiert einen Jura-Prof: “Das zitierende Werk muss selbstständig sein. Es reicht nicht aus, dass fremde Werke lediglich gesammelt werden; es muss eine eigene geistige Leistung vorliegen. Das Zitat darf nur als Hilfsmittel fungieren und muss gegenüber dem Hauptwerk zurücktreten.„

    Klar ist, dass dies bei “News„ nicht der Fall ist. Wenn aber etwa ein Kunstwerk fremde Werke so montiert, dass diese Hilfsmittel gegenüber dem Hauptwerk zurücktreten, dann scheint hier kein Konflikt mit dem Urheberrecht vorzuliegen.

  3. @ ritchie: Bitte, gerne.
    @

    @ ritchie: Bitte, gerne.
    @ S.H.: Ich halte es für falsch, vom Urheberrecht auszugehen. Aber wenn man dies schon machen will, es ist ja jedem gestattet dies zu tun und jeder hat das Recht dazu (das ist doch klar), der muss auch wissen, dass das Recht (das Gesetz) in der Regel und gott sei dank, abstrakt ist. Die eizigen wirklichen Hermeneutiker der Gegenwart sind die Juristen. Dafür gibt es dann verschiedene Meinungen zur Auslegung von Sachverhalten. Ich will jetzt nur noch soweit auf juristische Fragen eingehen, wie es nötig ist.

    Gegen die Meinung des Hannoverer Juristen kann man auch einwenden, ob nicht vielmehr die §§ 48 und 49 (UrhG) zur Anwendung kommen könnten. Und selbst, wenn man das verneinen möchte (weil das Weblogs nicht eigens genannt sind), stellt sich interessanterweise plötzlich § 2 UrhG in den Weg. Der ist in zweifacher Hinsicht bedeutend, weil auch dort Weblogs nicht explizit genannt werden:

    § 2. Geschützte Werke
    (1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
    1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;

    Und selbst, wenn man da bejahen wollte, dass Weblogs dann eben doch Schriftwerke oder Reden sind (wo dann doch § 48 und 49 wieder heranziehbar wären), bliebe Absatz 2, also die Frage nach der Schöpfungshöhe:

    (2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

    Kurz der Sinn der Aufzählung. Das Urheberrechtsgesetz ist ein Ding für sich. Unheimlich spannend zu lesen und wunderbar deutungsfähig. Und wenn die Frankfurter Rundschau den Herrn Höhne auch daraufhin befragt hätte, wäre das sicherlich eine schöne Sache geworden.

    Vielleicht doch noch eines: Es betrifft diesen Fall nämlich nicht, aber zeigt an, wie problematisch urheberrechtliche Schranken sein können. Diese ganzen Fragen stellten sich nicht, wären die Urheber vor 70 Jahren gestorben wären. Dann ist das plötzlich alles nämlich schnuppe (Schöpfungshöhe hin oder her). Und hätte das heute geltende Urheberrecht schon im 19. Jahrhundert gewirkt, wir müssten heute vermutlich auf den größten Teil der damaligen Liedkunst verzichten. Heine und Eichendorff und Goethe und und und haben nichts davon gehabt, als Schumanm, Schubert, Mendelssohn, Brahms und und und sie vertont hatten. In meinem Giftschrank liegen jetzt – und das ist wahr – einige Lieder, die ich erst veröffentlichen kann, wenn deren Autoren lang genug tot sind (Brecht, Beckett, Celan, Anders, Bayer). Privat kann ich die mir so oft und gerne vorsingen wie ich will und ich finde es persönlich sehr schade, dass daran sonst niemand teilhaben kann. Aber so ist es geregelt und ich muss diese wunderbaren Werke vor der Öffentlichkeit zurückhalten. Die Freude an dieser Musik muss ich eben mit mir selbst teilen. Das Pech für die Öffentlichkeit ist ein Glück für die Textdichter. So, und nu is gut.

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