22. November 2024 Alles muss raus!

Musik und Verwaltung

Musik: Generique aus Ascenseur pour l’échafaud (Track 17 – frei bis 6 dann unter den Text vor 0:16 weggeblendet)

Musik: Generique aus Ascenseur pour l’échafaud (Track 17 – frei bis 6 dann unter den Text vor 0:16 weggeblendet)

Sprecher:  „Wer Kultur sagt, sagt auch Verwaltung, ob er will oder nicht," meinte 1960 der Soziologe Theodor W. Adorno. Und zugleich entgegnete er sich selbst: „Aber Kultur ist zugleich, gerade nach deutschen Begriffen, der Verwaltung entgegengesetzt." In diesem Spannungsnetz befindet man sich unweigerlich, wenn man den Bereich der organisierten Kultur aber auch den der Kulturorganisationen betritt. Doch hat sich seit 1960 einiges verändert. Standen damals noch bürgerliche Prinzipien wie Aufklärung, Emanzipation und Kritik im Zentrum des avancierten Umgangs mit Kultur, scheint seit einigen Jahren der Einfluss rein wirtschaftstechnischer Erwägungen in den Vordergrund zu treten. Der Kulturexperte ist schon an vielen Orten durch den nur noch an Geschäftsordnungen oder Wirtschaftsdaten orientierten Bürokraten im Manageranzug ersetzt worden. Inhaltliche Erwägungen werden in den Hintergrund gestellt, weil technische, organisatorische und interne Probleme sowohl dauerhafter wirken und trotzdem leichter, weil prinzipiell auf bürokratisch-technischem Wege lösbar scheinen. Zwar ist die Bürokratie nach den Analysen des Soziologen Max Webers die formal rationalste Form lega-ler Herrschaft, aber der Preis, den die Kultur dafür zu entrichten hat, ist mitunter fatal: Die Verwaltung verwaltet nur noch sich selbst, aber nicht mehr die Kultur.

In dieser bürokratischen Falle befindet sich auch der Deutsche Musikrat, der immer deutlicher in der Maske einer nur sich selbst verwaltenden Behörde auftritt. Das Geflecht gegenseitiger Kontrolle der einzelnen Entscheidungs- und Beratungsgremien lähmt die ak-tive und innovative politische Interessenwahrnehmung. Herauskommen da nur biedere Aktionen, die sich nach dem Maßstab des kleinsten gemeinsamen Nenners richten, wie „Copy kills music" oder die halbherzig durchgeführte Initiative „Hauptsache Musik". Nach außen tritt der Deut-sche Musikrat schon lange wie ein Geheimbund auf: Die Öffentlichkeit bleibt außen vor, auch das ein Resultat bürokratischer Verwaltung wie sie Max Weber beschrieben hat. Doch hat sie zur Folge, dass es dem Deutschen Musikrat nicht gelingen kann, sich nach außen als ein offenes Forum des aktiven Engagements für die Musikkultur zu präsentieren. Offenes Forum zu sein, kann nur bedeuten: Den erworbenen inneren bürokra-tischen Narzismus abzulegen und Ansprechpartner für alle Belange der Musikkultur zu werden, den Kontakt zur Basis wie zur Politik herzustellen und Fragestellungen der gegenwärtigen Musikkultur in der Öffent-lichkeit und mit der Öffentlichkeit zu diskutieren. Dann könnte der Deutsche Musikrat tatsächlich ein Haus der Musikkultur werden: mit offenen Türen und Ohren, transparent nach innen wie nach außen.

Musik: Au bar du petit bac aus Ascenseur pour l’échafaud (Track 25 – ab 0:00 unter dem Text ab etwa 0:08 freistehend, ausblenden nach gusto

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