10. März 2025 Alles muss raus!

Lionel Sawkins vs. Hyperion Records

Heute ging es durch einige Ticker: Lionel Sawkins, ein Musikwissenschaftler konnte gegen die Plattenfirma Hyperion Records Tantiemenforderungen durchsetzen. Dabei ging es um Werke des Komponisten Lalande (1657-1726), die auf einer Platte von Hyperion wiedergegeben worden sind. Eigentlich müsste man denken, das geht auch so, denn der Komponist ist seit mehr als siebzig Jahren tot. Das ist auch unabweisbar, aber die Musik ist es nicht; sie ist nicht tot sondern nach Sawkins’ Ansicht erst hergestellt worden duch ihn, ihn: Lionel Sawkins. Und zwar in einem beträchtlichen Maße. Es geht dabei nicht nur um ein paar Transkriptionen alter musikalischer Quellen sondern um ein richtige Re- und Neukonstruktion aus verschiedenen Quellen. Somit wird Sawkins zum Copyright-Holder. Für den Verlag, die Plattenfirma reicht es nicht aus “With thanks to Dr Lionel Sawkins for his preparation of performance materials for this recording” ins Booklet zu schreiben. Sie wurde zu folgendem Eintrag verdonnert: “© Copyright 2002 by Lionel Sawkins”.
Der genaue Wortlaut des Urteils des englischen Gerichts
Was mag man davon halten? Die Frage ist grenzwertig. Auf der ganzen Welt bemühen sich Herausgeber und Archivspezialisten um korrekte Darstellungen von musikalischen Werken aus der Vergangenheit. Urtext-Ausgaben und richtige “kritische Editionen”. Wie wird man dort im Einzelfall es halten, wo endet die Tätigkeit des Editors und wo beginnt die Nach- und Neuschöpfung, die im Prinzip dann Werke erst neu ans Licht bringt. Im genannten Fall wurden aller Tätigkeiten Sawkins am Werk Lalande bis ins kleinste Detail protokolliert. Und in einem Fall scheiterte sein Ansinnen, welches aber im Urteil nicht weiter besprochen worden ist.

Gewiß betrifft es Musik, je älter sie ist, desto mehr. Denn sie ist immer weniger aus den hinterlassenen Quellen direkt zu eruieren. Eine ganze Wissenschaft beschäftigt sich nur mit der Deutung der Neumen in der Musik um 1000. Wird durch so ein Urteil eine urheberrechtliche Unschärfe im Umgang mit alter Musik geschaffen? Ich denke, ja und das kann nicht gut sein. Andererseits sollte man das Urteil auch nicht überbewerten. Den Nachweis der Neuschöpfung zu erbringen, dürfte nicht so ganz einfach sein. Sawkins hat neue Stimmen eingeführt, Texte angepasst, er hat gepuzzlet und gemixt …

So etwas nichts Neues. Mahlers 10. Sinfonie gibt es in einigen Neu- und Nachschöpfungen. Sie sind nicht aus Mahlers Hand. Ebenso der letzte Akt der Oper Lulu von Berg, den Friedrich Cerha nach- und neukomponierte. Der Unterschied wäre nur derjenige, dass Mahlers Werk Fragment geblieben ist, also nicht fertig wurde; Lelandes Musik dagegen fertig war und damals auch bestimmt spielbar, nur sind die Quellen und ist die Tradierung verloren gegangen. Insofern kommt es sozusagen zu einer doppelten Urhebervermutung. So verständlich Sawkins’ Anspruch auch sein mag, er bringt Unruhe an eine Stelle, die eher neue Fragen aufwirft als bestehende löst.

Heute ging es durch einige Ticker: Lionel Sawkins, ein Musikwissenschaftler konnte gegen die Plattenfirma Hyperion Records Tantiemenforderungen durchsetzen. Dabei ging es um Werke des Komponisten Lalande (1657-1726), die auf einer Platte von Hyperion wiedergegeben worden sind. Eigentlich müsste man denken, das geht auch so, denn der Komponist ist seit mehr als siebzig Jahren tot. Das ist auch unabweisbar, aber die Musik ist es nicht; sie ist nicht tot sondern nach Sawkins’ Ansicht erst hergestellt worden duch ihn, ihn: Lionel Sawkins. Und zwar in einem beträchtlichen Maße. Es geht dabei nicht nur um ein paar Transkriptionen alter musikalischer Quellen sondern um ein richtige Re- und Neukonstruktion aus verschiedenen Quellen. Somit wird Sawkins zum Copyright-Holder. Für den Verlag, die Plattenfirma reicht es nicht aus “With thanks to Dr Lionel Sawkins for his preparation of performance materials for this recording” ins Booklet zu schreiben. Sie wurde zu folgendem Eintrag verdonnert: “© Copyright 2002 by Lionel Sawkins”.
Der genaue Wortlaut des Urteils des englischen Gerichts
Was mag man davon halten? Die Frage ist grenzwertig. Auf der ganzen Welt bemühen sich Herausgeber und Archivspezialisten um korrekte Darstellungen von musikalischen Werken aus der Vergangenheit. Urtext-Ausgaben und richtige “kritische Editionen”. Wie wird man dort im Einzelfall es halten, wo endet die Tätigkeit des Editors und wo beginnt die Nach- und Neuschöpfung, die im Prinzip dann Werke erst neu ans Licht bringt. Im genannten Fall wurden aller Tätigkeiten Sawkins am Werk Lalande bis ins kleinste Detail protokolliert. Und in einem Fall scheiterte sein Ansinnen, welches aber im Urteil nicht weiter besprochen worden ist.

Gewiß betrifft es Musik, je älter sie ist, desto mehr. Denn sie ist immer weniger aus den hinterlassenen Quellen direkt zu eruieren. Eine ganze Wissenschaft beschäftigt sich nur mit der Deutung der Neumen in der Musik um 1000. Wird durch so ein Urteil eine urheberrechtliche Unschärfe im Umgang mit alter Musik geschaffen? Ich denke, ja und das kann nicht gut sein. Andererseits sollte man das Urteil auch nicht überbewerten. Den Nachweis der Neuschöpfung zu erbringen, dürfte nicht so ganz einfach sein. Sawkins hat neue Stimmen eingeführt, Texte angepasst, er hat gepuzzlet und gemixt …

So etwas nichts Neues. Mahlers 10. Sinfonie gibt es in einigen Neu- und Nachschöpfungen. Sie sind nicht aus Mahlers Hand. Ebenso der letzte Akt der Oper Lulu von Berg, den Friedrich Cerha nach- und neukomponierte. Der Unterschied wäre nur derjenige, dass Mahlers Werk Fragment geblieben ist, also nicht fertig wurde; Lelandes Musik dagegen fertig war und damals auch bestimmt spielbar, nur sind die Quellen und ist die Tradierung verloren gegangen. Insofern kommt es sozusagen zu einer doppelten Urhebervermutung. So verständlich Sawkins’ Anspruch auch sein mag, er bringt Unruhe an eine Stelle, die eher neue Fragen aufwirft als bestehende löst.

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