22. November 2024 Alles muss raus!

Der Untergang des Imperiums.

Der Untergang des Imperiums. So ein Dorf ist schon ein eigenartiger Organismus. Das jedenfalls meinte Jonas und er mußte es wissen. Er erzählte mir einmal von dem Bäcker unten im Dorfe. Ich kannte den Laden auch. Noch heute steht er dort mit dem Schild „Razumowsky“, gelb auf schwarz, tschibofarben. Dann vor vier Monaten gingen die Rolläden nicht mehr hoch. Zuerst dachte man wohl noch an Urlaub.

Man kennt es aus anderen Dörfern. Noch vor 70 Jahren besaßen sie einen Supermarkt, einen dezentralisierten nämlich. Bäcker, Fleischer, Colonialwaren, Kiosk, Kneipen, Brauerei, Obst und Gemüse, Blumen, Haushaltswaren und Süßigkeiten, und Tante-Emma-Läden. Man schlich durch das Dorf. An jeder Ecke bekam man Neuigkeiten erzählt. Kontakte, gewünschte wie unerwünschte, sie waren wie natürlich. Jonas sagte: „Obwohl alles weiter auseinander war, waren die Menschen sich näher.“ Er vergaß aber nicht zu sagen: „Auch der soziale Ausschluß von einzelnen konnte hermetischer sein. Freundlichkeit und Feindlichkeit lagen nur eine Straßenseite weit auseinander.“

Das alles hat sich tiefgreifend geändert. Der Supermarkt ist jetzt ein einziger fremder Klotz im Dorfe. Nicht, daß man ihm auswiche. Nicht, daß man ihn haßte. Wenn es ihn nicht mehr gibt, hier, dann ist’s aus. Der Supermarkt wird natürlich geleitet von einem Dörfling. Ein sehr freundlicher Herr, kulant zudem. Er muß es sein. Sein Monopol im Dorf muß sich durchs Dorf vergewissern. Das hält ihn nicht davon ab, auch auf Bedürfnisse einzugehen, die ohnehin befriedigt werden.

Und damit kommen wir zu unserem Bäcker zurück. Er war nicht der einzige. Ein anderer, „Boretz“ sein Name, backt noch heute. Aber, der „Razumowsky“ hatte außerdem noch ein Café. Jonas erzählte mir einmal, wie es war als er hierher zog. Er bekam eine Wohnung angeboten für sich und seinen Freund. Eisiger Winter herrschte und er war mit dem Moped unterwegs. Sein Freund nutzte die Busverbindung. Ja, also die Wohnung hat nicht gefallen. Doch es gab noch Grund sich mit dem Freund zu unterhalten. Was war da nicht schöner, als sich in ein warmes Café zu setzen, einen Kuchen zu futtern und etwas Heißes zu schlürfen. Angenehm, sehr angenehm. Jonas gab zu, daß er nie wieder das Café besuchte, seit er hier wohnt. Doch denke man auch einmal an die warmen Sonntage im August. Wo bekommt man wohl den Kuchen her: Razumowsky. Es war ein großer Laden wegen des Cafés.
Allerdings machten beide Bäcker einen Fehler. Montags waren sie geschlossen. Der Samstag erforderte also großes Fingerspitzengefühl, wollte man auch am Montag noch Brot haben.

Nun kam der Supermarkt ins Spiel. Plötzlich renovierte er. Viele Spiegel. Das Obst- und Gemüseangebot verdoppelte sich quasi über Nacht. Und, was soll ich sagen: Ein neuer Bäcker war plötzlich mit von der Partie. Ja, nun können sie sich vorstellen, daß dieser Bäcker, reichlich Zuspruch fand. Sicherlich nicht bei den Razumowskys und Boretz’.

Der edle Razumowsky hat bestimmt noch ein Jahr lang oder zwei Paroli bieten können. Aber selbst die treuesten Kunden wandten sich ab. „Der kürzere Weg war ihnen der bessere,“ meinte Jonas. „Und daher wird aus Bequemlichkeit Gewohnheit. Schließlich Konformität.“

Der Untergang des Imperiums. So ein Dorf ist schon ein eigenartiger Organismus. Das jedenfalls meinte Jonas und er mußte es wissen. Er erzählte mir einmal von dem Bäcker unten im Dorfe. Ich kannte den Laden auch. Noch heute steht er dort mit dem Schild „Razumowsky“, gelb auf schwarz, tschibofarben. Dann vor vier Monaten gingen die Rolläden nicht mehr hoch. Zuerst dachte man wohl noch an Urlaub.

Man kennt es aus anderen Dörfern. Noch vor 70 Jahren besaßen sie einen Supermarkt, einen dezentralisierten nämlich. Bäcker, Fleischer, Colonialwaren, Kiosk, Kneipen, Brauerei, Obst und Gemüse, Blumen, Haushaltswaren und Süßigkeiten, und Tante-Emma-Läden. Man schlich durch das Dorf. An jeder Ecke bekam man Neuigkeiten erzählt. Kontakte, gewünschte wie unerwünschte, sie waren wie natürlich. Jonas sagte: „Obwohl alles weiter auseinander war, waren die Menschen sich näher.“ Er vergaß aber nicht zu sagen: „Auch der soziale Ausschluß von einzelnen konnte hermetischer sein. Freundlichkeit und Feindlichkeit lagen nur eine Straßenseite weit auseinander.“

Das alles hat sich tiefgreifend geändert. Der Supermarkt ist jetzt ein einziger fremder Klotz im Dorfe. Nicht, daß man ihm auswiche. Nicht, daß man ihn haßte. Wenn es ihn nicht mehr gibt, hier, dann ist’s aus. Der Supermarkt wird natürlich geleitet von einem Dörfling. Ein sehr freundlicher Herr, kulant zudem. Er muß es sein. Sein Monopol im Dorf muß sich durchs Dorf vergewissern. Das hält ihn nicht davon ab, auch auf Bedürfnisse einzugehen, die ohnehin befriedigt werden.

Und damit kommen wir zu unserem Bäcker zurück. Er war nicht der einzige. Ein anderer, „Boretz“ sein Name, backt noch heute. Aber, der „Razumowsky“ hatte außerdem noch ein Café. Jonas erzählte mir einmal, wie es war als er hierher zog. Er bekam eine Wohnung angeboten für sich und seinen Freund. Eisiger Winter herrschte und er war mit dem Moped unterwegs. Sein Freund nutzte die Busverbindung. Ja, also die Wohnung hat nicht gefallen. Doch es gab noch Grund sich mit dem Freund zu unterhalten. Was war da nicht schöner, als sich in ein warmes Café zu setzen, einen Kuchen zu futtern und etwas Heißes zu schlürfen. Angenehm, sehr angenehm. Jonas gab zu, daß er nie wieder das Café besuchte, seit er hier wohnt. Doch denke man auch einmal an die warmen Sonntage im August. Wo bekommt man wohl den Kuchen her: Razumowsky. Es war ein großer Laden wegen des Cafés.
Allerdings machten beide Bäcker einen Fehler. Montags waren sie geschlossen. Der Samstag erforderte also großes Fingerspitzengefühl, wollte man auch am Montag noch Brot haben.

Nun kam der Supermarkt ins Spiel. Plötzlich renovierte er. Viele Spiegel. Das Obst- und Gemüseangebot verdoppelte sich quasi über Nacht. Und, was soll ich sagen: Ein neuer Bäcker war plötzlich mit von der Partie. Ja, nun können sie sich vorstellen, daß dieser Bäcker, reichlich Zuspruch fand. Sicherlich nicht bei den Razumowskys und Boretz’.

Der edle Razumowsky hat bestimmt noch ein Jahr lang oder zwei Paroli bieten können. Aber selbst die treuesten Kunden wandten sich ab. „Der kürzere Weg war ihnen der bessere,“ meinte Jonas. „Und daher wird aus Bequemlichkeit Gewohnheit. Schließlich Konformität.“

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