Man hat sie schon fast vergessen, die Musikverlage und -verleger. Anlässlich der Jahresversammlung ihres Verbandes. Musikverleger schlagen Alarm:
Erst die CD, jetzt die Noten – Millionen von Musikstücken werden illegal kopiert und heruntergeladen!
Während Musikstücke häufig illegal gebrannt bzw. aus dem Internet heruntergeladen werden, kopieren viele Chöre und Orchester ihre Noten einfach selber, ohne zu wissen, dass sie sich damit rechtswidrig verhalten. So fehlt das Unrechtsbewusstsein dafür vielfach. Dieses millionenfache illegale Kopieren fügt den Komponisten und Textdichtern Schaden in Millionen Euro-Höhe zu und gefährdet die musikalische Vielfalt in Deutschland.
Die Rechnung geht so, zwar wird gegebenenfalls mehr Vielfalt durch illegales Kopieren erzeugt, weil aber den Verlegern daraus keine Einnahmen erwachsen, können die nicht investieren und fahren ihre Produktion zurück. Dadurch kommt weniger in den Musikmarkt an Noten rein und folglich sinkt die Vielfalt. Böse sind dabei in erster Linie Orchester und Chöre. So was macht man nicht.
Dazu sollte der geneigte Weblog-Leser wissen. Mit den Noten ist das so eine Sache. Ich wollte mir auch einmal Noten kaufen, ja kaufen. Ein Chorstück von Anton Webern und das lag auch aus und hätte etwa 3 Mark gekostet. Schön. War aber gar nicht so einfach zu kaufen. Denn der Musikalienhändler sagte mir, das könne man nur im Chorsatz erwerben. Nur: Wozu brauche ich acht oder sechzehn Exemplare, wo ich doch nur einer bin. Er meinte, man wolle vermeiden, dass die Noten dann aus einem Exemplar kopiert würden. So kamen wir nicht weiter. Dann bot er mir an, dass er mir einen Kopierschutzstempel hineinmachen könne. Dann könne ich doch immer noch musikwissenschaftliche Studien damit betreiben. Aber ich wollte nun auch nicht unbedingt beschädigte Noten kaufen. Also ließ ich es bleiben.
Auf der Musikmesse in Frankfurt habe ich bei einigen Verlagen nachgefragt, ob die wüssten, das Musikalienhändler so verfahren würden. “Ja, das wissen wir und unterstützen dies auch.” So die Universal-Edition aus Wien, die auch die Webern-Noten im Verlag hat. Ich war zunächst erstaunt, denn schließlich wird ja Anton Webern bekanntlich so häufig an allen Stellen gesungen aus illegal kopierten Noten.
Oder weiß der geneigte Leser, was es heute kostet Orchestermusik aufzuführen? Kaufen kann man derartige Noten nur in seltenen Fällen, die werden geliehen. Man spielt daraus und gibt sie hernach wieder an den Verlag zurück (der die Noten natürlich auch nicht mehr druckt sondern selbst kopiert). Materialleihgebühren fallen dann an und gegebenenfalls weitere zusätzliche Kosten für Erstaufführungen, Uraufführungen . Als ich noch Lektor war, habe ich das alles mal einkassieren dürfen. Ich habe das nicht verstanden, aber das ging zum Beispiel auch so, wenn ein Orchesterstück (aufgezeichnet) noch einmal gesendet wurde im Rundfunk, dann musste der Materialleihgebühren entrichten. Der hatte zwar längst die Noten nicht mehr geliehen, aber so macht man das eben.
Bei Opernproduktionen im Rundfunk ist das mittlerweile ein Faktor, der sich im Zweifel nicht mehr rechnet. Da stehen Summen zu Buche, die in keinem Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen. Der Rundfunk macht natürlich keine Sachen unter der Hand. Im Zweifel macht er dann eben nichts. Was nicht gesendet wird, das kostet auch nichts. “Musikalische Vielfalt” wird so gesichert.
Ganz schief gewickelt ist aber doch die Aussage der Pressemitteilung:
Häufig werde auch vergessen, dass es verboten ist, bei öffentlichen Aufführungen aller Art aus kopierten Noten zu spielen und zu singen.
Na klar: Auswendig ist nicht erlaubt, privat ist nicht erlaubt, gar nichts ist erlaubt. Und Noten, deren rechtlicher Schutz abgelaufen ist, darf man natürlich kopieren; aber nicht dann, wenn das Stichbild schon wieder geschützt ist. Aber auswendig spielen darf man die dann doch wieder. So einfach ist es – und so umständlich. So fehlt das Unrechtsbewusstsein dafür vielfach,“ steht da. Es fehlt nicht an Unrechtsbewusstsein, sondern an Rechtsbewusstsein – und zwar auf beiden Seiten der Leitung.
Meine Noten dürfen übrigens seit 1988 kopiert werden, aber eigentlich das auch nicht, denn bei meinen ”14 kurzen Liedern für gesang, klavier, flöte, violine, tenorsaxophon, steine in variierenden besetzungen“ werden auch Texte verwendet, deren Nutzungsrechte ich mir nicht eingeholt habe. Damit bleiben noch 3 Lieder erlaubt (mit Texten von Hölderlin, Trakl und Lichtenstein).
”Weh dem, der Symbole sieht.“ (Samuel Beckett) kann ich hier als Zitat mal einfügen. In die Noten dürfte ich es nicht.
Nachtrag: taktlos hat sich schon einmal (sogar zweimal) mit Musikverlagen beschäftigt. Mein Beitrag: ”Zwischenfall im Verlag“ ist in der alten ”Enzyklopädie der Kritischen Masse"
Man hat sie schon fast vergessen, die Musikverlage und -verleger. Anlässlich der Jahresversammlung ihres Verbandes. Musikverleger schlagen Alarm:
Erst die CD, jetzt die Noten – Millionen von Musikstücken werden illegal kopiert und heruntergeladen!
Während Musikstücke häufig illegal gebrannt bzw. aus dem Internet heruntergeladen werden, kopieren viele Chöre und Orchester ihre Noten einfach selber, ohne zu wissen, dass sie sich damit rechtswidrig verhalten. So fehlt das Unrechtsbewusstsein dafür vielfach. Dieses millionenfache illegale Kopieren fügt den Komponisten und Textdichtern Schaden in Millionen Euro-Höhe zu und gefährdet die musikalische Vielfalt in Deutschland.
Die Rechnung geht so, zwar wird gegebenenfalls mehr Vielfalt durch illegales Kopieren erzeugt, weil aber den Verlegern daraus keine Einnahmen erwachsen, können die nicht investieren und fahren ihre Produktion zurück. Dadurch kommt weniger in den Musikmarkt an Noten rein und folglich sinkt die Vielfalt. Böse sind dabei in erster Linie Orchester und Chöre. So was macht man nicht.
Dazu sollte der geneigte Weblog-Leser wissen. Mit den Noten ist das so eine Sache. Ich wollte mir auch einmal Noten kaufen, ja kaufen. Ein Chorstück von Anton Webern und das lag auch aus und hätte etwa 3 Mark gekostet. Schön. War aber gar nicht so einfach zu kaufen. Denn der Musikalienhändler sagte mir, das könne man nur im Chorsatz erwerben. Nur: Wozu brauche ich acht oder sechzehn Exemplare, wo ich doch nur einer bin. Er meinte, man wolle vermeiden, dass die Noten dann aus einem Exemplar kopiert würden. So kamen wir nicht weiter. Dann bot er mir an, dass er mir einen Kopierschutzstempel hineinmachen könne. Dann könne ich doch immer noch musikwissenschaftliche Studien damit betreiben. Aber ich wollte nun auch nicht unbedingt beschädigte Noten kaufen. Also ließ ich es bleiben.
Auf der Musikmesse in Frankfurt habe ich bei einigen Verlagen nachgefragt, ob die wüssten, das Musikalienhändler so verfahren würden. “Ja, das wissen wir und unterstützen dies auch.” So die Universal-Edition aus Wien, die auch die Webern-Noten im Verlag hat. Ich war zunächst erstaunt, denn schließlich wird ja Anton Webern bekanntlich so häufig an allen Stellen gesungen aus illegal kopierten Noten.
Oder weiß der geneigte Leser, was es heute kostet Orchestermusik aufzuführen? Kaufen kann man derartige Noten nur in seltenen Fällen, die werden geliehen. Man spielt daraus und gibt sie hernach wieder an den Verlag zurück (der die Noten natürlich auch nicht mehr druckt sondern selbst kopiert). Materialleihgebühren fallen dann an und gegebenenfalls weitere zusätzliche Kosten für Erstaufführungen, Uraufführungen . Als ich noch Lektor war, habe ich das alles mal einkassieren dürfen. Ich habe das nicht verstanden, aber das ging zum Beispiel auch so, wenn ein Orchesterstück (aufgezeichnet) noch einmal gesendet wurde im Rundfunk, dann musste der Materialleihgebühren entrichten. Der hatte zwar längst die Noten nicht mehr geliehen, aber so macht man das eben.
Bei Opernproduktionen im Rundfunk ist das mittlerweile ein Faktor, der sich im Zweifel nicht mehr rechnet. Da stehen Summen zu Buche, die in keinem Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen. Der Rundfunk macht natürlich keine Sachen unter der Hand. Im Zweifel macht er dann eben nichts. Was nicht gesendet wird, das kostet auch nichts. “Musikalische Vielfalt” wird so gesichert.
Ganz schief gewickelt ist aber doch die Aussage der Pressemitteilung:
Häufig werde auch vergessen, dass es verboten ist, bei öffentlichen Aufführungen aller Art aus kopierten Noten zu spielen und zu singen.
Na klar: Auswendig ist nicht erlaubt, privat ist nicht erlaubt, gar nichts ist erlaubt. Und Noten, deren rechtlicher Schutz abgelaufen ist, darf man natürlich kopieren; aber nicht dann, wenn das Stichbild schon wieder geschützt ist. Aber auswendig spielen darf man die dann doch wieder. So einfach ist es – und so umständlich. So fehlt das Unrechtsbewusstsein dafür vielfach,“ steht da. Es fehlt nicht an Unrechtsbewusstsein, sondern an Rechtsbewusstsein – und zwar auf beiden Seiten der Leitung.
Meine Noten dürfen übrigens seit 1988 kopiert werden, aber eigentlich das auch nicht, denn bei meinen ”14 kurzen Liedern für gesang, klavier, flöte, violine, tenorsaxophon, steine in variierenden besetzungen“ werden auch Texte verwendet, deren Nutzungsrechte ich mir nicht eingeholt habe. Damit bleiben noch 3 Lieder erlaubt (mit Texten von Hölderlin, Trakl und Lichtenstein).
”Weh dem, der Symbole sieht.“ (Samuel Beckett) kann ich hier als Zitat mal einfügen. In die Noten dürfte ich es nicht.
Nachtrag: taktlos hat sich schon einmal (sogar zweimal) mit Musikverlagen beschäftigt. Mein Beitrag: ”Zwischenfall im Verlag“ ist in der alten ”Enzyklopädie der Kritischen Masse"
Genau wie beim CD-Verkauf
Genau wie beim CD-Verkauf ist es auch bei Noten doch nur der überhöhte Preis, der die Nutzer zu Kopieraktionen zwingt. Natürlich hätte jeder gerne Originalnoten, das Spielen aus ständig durcheinanderfallenden und arg verknickten Photokopien nervt ungemein. Aber bei den Preisen? Vor ein paar Tagen habe ich etwa die frühe Klaviersonate op. 5 von Richard Strauss gekauft. In der Ausgabe der Universal-Edition mit einem ziemlich unsauberen schlampigen Druckbild, das darauf schließen ließ, dass die Druckplatten wahrscheinlich seit Jahrzehnten nicht mehr ausgetauscht worden sind. Aber für die paar Seiten dann 18,- gelöhnt …
Stimmt. Manchmal gewinnt man
Stimmt. Manchmal gewinnt man geradezu den Eindruck, die wollen die Noten gar nicht verkaufen. Vor allem bei “Neuer Musik” ist es beinahe unmöglich, sich Noten zu einem vernünftigen Preis zu besorgen.
Wenn man dann sowieso sieht, dass der Verkauf von Noten meistens nicht das Grundziel der Verlage ist, sondern die Rechteverwertung, dann fragt man sich schon, warum die so sehr gegen das Kopieren sind. An Aufführungen ließe sich doch weit mehr verdienen.
Für Österreich scheint das Kopierverbot von Noten seit Mitte 2003 grundsätzlich zu sein. Nicht einmal zum privaten Gebrauch scheint es zulässig:
Zitat: “Kopierverbot für Musiknoten
Ab 1.7.2003 ist es in Österreich gesetzlich ausnahmslos verboten, Kopien von urheberrechtlich geschützten Musiknoten anzufertigen.
Dies wurde durch die Urheberrechtsgesetznovelle 2003, mit der die Info-Richtlinie der EU in österreichisches Recht umgesetzt worden ist, eingeführt. Das Kopieren von urheberrechtlich geschützten Musiknoten, das bisher durch das Gesetz nur zum eigenen Gebrauch, zum Unterrichtsgebrauch in Universitäten und Schulen sowie zum Bibliotheksgebrauch erlaubt war, ist durch die Gesetzesänderung verboten. Kopien dürfen daher ab jetzt nur mehr mit der Bewilligung des Rechteinhabers (Komponist bzw. Verlag) hergestellt werden.” [Zitat Ende]
Quelle: http://www.universaledition…
Und wie ich gerade sehe ist
Und wie ich gerade sehe ist dies in Deutschland längst schon Gesetz: http://www.nmz.de/nmz/nmz19…
Ich bin ein Sünder, ich gebe zu, ich bin ein Sünder vor dem Verlag. Im Rahmen meiner Diss habe ich einige Kopien angefertigt von Adorno-Noten, auf A3 hochkopiert und mit zahllosen Eintragungen versehen. Ich muss allen andern Wissenschaftlern abraten von Arbeiten an aktueller Musik. Das wird viel zu teuer. Gewiss, ich hätte die Edition text + kritik fragen können, ob ich das nicht vielleicht doch darf. Mal sehen, vielleicht spiele ich das mal an einem konkreten Beispiel durch.