22. November 2024 Alles muss raus!

Nun Norbert Lammert

Die Plagiate-Forschung geht weiter. Die Doktorarbeit von Norbert Lammert ist im Visier. Dagobert Ernsts in der WAZ Argumente gegen den Doktorarbeitenprüfer ziehen aber allesamt nicht:

a) Die Anonymität des Untersuchenden (ob der einen Namen oder einen Klarnamen hat, ist doch für die Erkenntnis eines Fehlers völlig unerheblich. Bei Forschungsergebnissen zählen die Ergebnisse, nicht die Namen derjenigen, die sie erbringen. Ausnahme: Es gibt substantielle Zusammenhänge zwischen Forscher und Ergebnis. Man hat sich da leider dran gewöhnt, wie Forschung aus Drittmitteln zu Erstmitteln der Forschung werden. Leider haben die Universitäten diese Richtung eingeschlagen.) Vor allem ist aber so ein Forschungsforscher kein Denunziant. Wieso? Dann wäre jeder Journalist ein Denunziant, wenn er einen Mangel aufedeckt, einen Skandal oder anderes.

b) Verjährung. Sind wir hier im Strafgesetzbuch? Ein Fehler verjährt ja nicht. Der ist nur falsch und muss korrigiert werden. Und das ist die Frage, handelt es sich bei Lammerts “Fehlern” um Verfehlungen, Betrug oder einfach um Fehler? Fehler sind nicht schön, kommen aber vor: Rechtschreibfehler zum Beispiel.

Die Frage ist nicht an solchen formalen Dingen auszumachen. Es erstaunt, dass man sich in Teilen des Journalismus darauf zurückzieht. Lammert selbst sieht es ja gelassen. Er lässt es prüfen. Und wenn es gut ist, dann ist es gut, wenn es schlecht ist, dann ist es schlecht. Es gibt genügend Doktorarbeiten, die wegen formaler Fehler nie eingereicht werden und wegen kleinerer Fehler überarbeitet werden müssen. Das ist die Aufgabe der Dokorväter und -mütter. Deswegen muss kein Professor jemanden als Doktoranden annehmen, wenn er/sie sich mit dem Thema nicht auskennt.

Wenn man sich dann die Belegstellen des Lammertplags ansieht, wird die Sache kompliziert. Ich habe nur einmal auf die Lukacs-Stelle geschaut. Wenn sie denn so stimmt. Der Plagautor hat nämlich nicht einfach nur recht: Dass Lammert das Wort “Inkompetenz” verwendet (in Anführungsstrichen) muss keineswegs heißen, dass der Lukacs zitiert. Er hat, wie Lammertplagautor angibt, bei Naschold genascht. Nun wäre aber nachzuweisen, wieweit ein solches Denken nicht ohnehin verbreitet war: “unhistorisch, unsoziologisch” das heilige Zweigestirn der Diskussionsaufmischung in den 70er bis weit in die 80er Jahre hinein.

Was ich mich ja eher frage: Was sind die Ergebnisse der Arbeit selbst? Hat sie einen Fortschritt gebracht, ist sie eine Leistung, die uns weitergebracht hat? Zum Beispiel bei Guttenberg? ich habe natürlich auch mal bei mir geschaut. Bin ich eigentlich irgendwo wenigstens noch einmal zitiert worden? Anscheinend ja. Nicht so häufig, wie ich gehofft hätte, aber doch wenigsten da und dort. Mein eigentliches Ziel habe ich nicht erreicht: Ein bisschen was stürzen, vor allem eine falsche Ansicht, die zum common sense neigte, korrigieren. Sagen wir mal so, wer an den alten Ansichten weiter festhalten wollte, hat meinen Text eben nicht gelesen. Andererseits: Würde ich den Autoren vorwerfen, sie hätten betrügen wollen, wenn sie in pauschalen Urteilen sich zu Adornos Verhältnis zur Zwölftontechnik äußerten. Das ganz bestimmt nicht. Sie haben gesehen, was sie sehen wollten. Und das ist doch Forschungsfortschritt. Der eine sagt so, der andere korrigiert. Und wird wieder korrigiert – weil die Materiallage sich geändert hat zum Beispiel …

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