aber Reklame sein muss, um keine zu sein. Das merkwürdige, das erstaunliche an den Diskussionen über Reklame in Blogs ist die Koketterie, mit der sie betrieben wird. Es ist ja nichts einzuwenden, wenn jemand durchaus ein bisschen Umwegrentabilität für seine schreibende oder fotografierende Tätigkeit sich wünscht, die an sich, soweit ich das beurteilen kann, selten am Anfang einer solchen Tätigkeit gestanden hat. Auf den einen wird man aufmerksam, später verdingt er sich vollständig oder zusätzlich durch derlei, auf Umwegen gewonnene, Umwertung. Ohne vorherigen Einsatz, ohne Präsentation wäre das nicht leicht gelungen. Borchert macht WAZ, Bunz macht Tagesspiegel, Dahlmann macht Welt, etc. pp. Reklame in eigener Sache, Aufträge können angenommen oder abgelehnt werden. Aus einer Tätigkeit wird eine Anstellung (frei oder fest). Oder wie auch immer.
Der neuere Weg ist anders. Er ist klug. Er ist gut gemeint. Aber er ist problematisch.
Reklame, die keine sein will: Carsten Dobschat (Mitmacher bei adical) schreibt in einem Kommentar, bezugnehmend darauf, dass er an adical teilnimmt:
“eben – es ist ja nun wirklich nicht so, dass man die Werbung sehen müsste – wer sie nicht sehen will, der blendet sie aus und gut ist” [Quelle]
Das bereitet mir Kopfzerbrechen, zumal ich ähnliche Äußerungen zumindest bei anderen Teilnehmern von adical erinnere. Wer also gescheit genug ist, dem wird adical kein Kopfzerbrechen bereiten, weil die Reklame unsichtbar bleibt. (Ging mir übrigens selbst so. Habe nur den Rahmen für Werbung gesehen und den Hinweise auf adical, aber keinen Banner. Da musste ich erst mal den Werbeblocker entblocken.) Nur, welchen Sinn ergibt es überhaupt, Inhalte in Geld umzuwerten, wenn es so unwichtig ist, dass die Reklame gesehen wird.
Über adical würde sich vermutlich sowenig jemand Gedanken machen wie nötig, wenn es ein ganz unambitioniertes Ding wäre, wie die unheiligen Google-Einblendungen (die aber doch weitgehend hingenommen werden). Auf der Startseite von adical aber liest man:
Wir glauben, dass Werbung auf Blogs gut sein kann. Für die Kunden ebenso wie für die Blogger selbst. (…) Falls sie ein Produkt haben, das ins richtige Leben gehört und dort bestehen kann, dann sind sie bei uns – richtig: richtig! [Quelle]
Das ist der Unterschied, der den Unterschied macht! Es geht nicht um die schnöde verkorkste, dumme Welt, es geht um etwas, was ins “richtige Leben” gehöre. (Ich lasse es mal weg, das Bonmot, das Adorno dazu eingefallen ist: “Es gibt kein richtiges Leben im falschen.” – ich lasse es mal weg.)
Und dazu passend eben:
Wenn Sie auf Blogs werben wollen, gibt es nur einen Weg: Reden Sie mit Bloggern. Reden Sie mit uns. [Quelle, Hervorhebungen von mir.]
Es ist ja keinesfalls so, dass primär von Kritikerseite das Phänomen der totalen Blogosphäre ins Spiel gebracht wird, der Vertretungsanspruch für Blogger, sondern seitens adical. Piepsgenau gelesen ist da ein Punkt zwischen den beiden letzten Sätzen und kein Komma. Sonst wäre es eine klassische Subsumption: Der einzige Weg, mit Bloggern zu reden, sei der, mit uns zu reden. Doch haben wir es hier ja nicht mit einem Gedicht zu tun, sondern mit einem Werbetext, und so ist das subjektiv Vermeinte, das Intendierte.
Die Diskussion wäre sicher eine völlig Unspektakuläre, wäre sie nicht durch diese Ansprüche initiiert. Zugleich begibt man sich aber in eine Reklame-Welt, in der beispielsweise die Agentur eine Jung von Matt (oder wie die heißt) ganz offen und ohne Schamesröte mit dem Modell eines trojanischen Pferdes wirbt. Kann man ja auch wegklicken, muss nicht jeder sehen. Genauso wie den Klospruch, der ihm zu besonderer Berühmtheit verhalf. Reklame ist Reklame, auch wenn sie keine Reklame sein will, sondern Wertschätzung eines Produktes für das richtige Leben. “Du bist Deutschland?” – kein Problem, einfach Werbeblocker drauf. Die Freiheit nehm’ ich mir. Toll.
Muss man ja nicht lesen. Niemand muss da etwas müssen. Das ist Toleranz, die man sich doch gegenseitig schenken sollte. Geradeso wie man früher den Kritikern bundesdeutscher Politik gerne immer wieder vorwarf: “Dann geh doch nach drüben.” Das ist Toleranz. „Toleranz unterstreicht die Willkür, mit der sie geübt wird; sie ist ein Herrschaftsprivileg wie die Gnade,“ schrieb einmal Lothar Baier und er ergänzte: „Der Begriff der Toleranz ist ein Herrschaftsbegriff, der sich der Übertragung auf Verhältnisse demokratischer Gleichberechtigung sperrt.“
Es ist schon komisch, mit anzusehen, wie kritiktolerant die adical-konformen Blogs insgesamt sind. (Null Trolleranz!). So ist es eben, so hat es sich ereignet im Jahre 2007. Sie machten den Weg frei.
[…] urteilskraft.de –
[…] urteilskraft.de – Reklame, die keine Reklame sein will […]
[…] Reklame, die keine
[…] Reklame, die keine Reklame sein will, at Angriff auf die Urteilskraft Adical und so – schöner Artikel über das Paradoxe des Blogger-Werbenetzwerks. KLICKT – DA – DRAUF! Danke… (tags: Blogger Blogs Blog Weblog Interessantes Informatives Informationen) […]
Kommen diese Leute damit
Kommen diese Leute damit nicht etwas zu spät? Als ich das Wort »Werbeblocker« las, fiel mir ein, welche Server ich meinem noch hinzufügen wollte. Aber warte es ab: eines Tages kommen 50 Prozent der Inhalte vom selben Server 😉
Aber mal im Ernst: Die Cisco-Kampagne passt nicht wirklich zu den Gedanken um die Freiheit der persönlichen Daten, die sich einige Blogger noch erlauben. Denn Cisco hat in der Vergangenheit schon bewiesen, dass sie bedenkenlos auch Geräte für die Überwachung der Datenübertragung einrichten. Die Router dieser Firma kann man kaum umgehen, wenn man sich im Netz bewegt …
Das würden die Herrschaften
Das würden die Herrschaften aber doch als maßlose Übertreibung auffassen. Gespenster siehst du da, Stefanolix.
Ich finde es ja sehr wichtig, dass du betonst, dass Cisco offenbar “aktiv” dabei ist, wenn sie Geräte einrichtet für bestimmte Zwecke. Und das ist ein wichtiger Unterschied! Weil sonst müsste man die ganze Vegetation auch niedermachen, weil die die Luft auch für Diktatoren bereithält und autoritäre Regimes.
Aber wie ich es teilweise wahrnehme (Mario Sixtus), der findet das lustig. “Neu. Toll. Jetzt mit Werbung.”
Man hat sich einfach an den Verrat im allgemeinen so gewöhnt, dass eben jeder irgendwo Leichen im Keller liegen hat. Also sagt man sich: So what? Noch ist Zeit für Party.
Eines Tages wird es wieder
Eines Tages wird es wieder Menschen geben, die sich untereinander ganz ohne Mobiltelefon und Internet austauschen. Dann werden die Schäubles dieser Welt damit beginnen, die Stasi in der Version 2.0 aufzubauen. Und dann könnt Ihr von uns Ostdeutschen lernen, wie man in einer solcherart überwachten Gesellschaft seine Nischen findet 😉
Viele Grüße aus Dresden und trotz aller betrüblichen Gedanken: ein schönes Wochenende! Es gibt noch so viel gute Musik in Aufnahmen, die man noch nie gehört hat …
PS: So gesehen hat der Satz
PS: So gesehen hat der Satz »Die Kritische Masse ist im Umbruch.« auch etwas Prophetisches 😉
Erst mal schön, dass du
Erst mal schön, dass du mich auch an der neuen Stelle mit Kommentaren beehrst. Ich denke auch, dass wir hier als Wessis gute Berater benötigen werden. Ich als Zonenrandgebietsaufgewachsener mit Ostanbindung und kleinem Grenzverkehr habe wenigstens etwas Erfahrung.
Zwischendurch hab ich ja an
Zwischendurch hab ich ja an meinem Bonmot von der Paris-Hilton-isierung gezweifelt, denke jetzt aber das das viel bösartiger stimmt als den Leuten klar ist. Da hilft vermutlich wirklich nur Schweigen oder konsequenter Niveaufilter.
Allen zur Kenntnis. Es geht
Allen zur Kenntnis. Es geht hierum. Für mich ein Meisterwerk aktueller Prosa.