25. Februar 2025 Alles muss raus!

Wärmeleitpaste und Kältetod

!~~1/2006-07-biene.jpg|Fleißiges Bienchen, dieses~~!

Ein bisschen fleißig gewesen und hübsch geschnorchelt am Nektar der Kultur — wie es sich für ein Kulturblog eben gehört. Fleiß und Schweiß. Beauftragt eine DAT auf Kassette zu überspielen (falls noch wer weiß, was das ist). Zugesagt. Und dann. Das Gerät für die DAT springt an, um dann nach surrend-provozierendem Ton sich auszuschalten. Diverse Netzteile probiert, sogar Batterien. Das Ding wollte nicht angehen und reagiert nicht auf die absurdesten Tastenkombination. Drauf klopfen, drauf hauen, Fingernagel dazwischen schieben. Alles zwecklos.

Der Rechner kann nicht mal mehr eine wav-Datei nach mp3 kodieren ohne sich wegen Überlastung direkt zu verabschieden. Auch hier ein wesentlich deutlicherer Ton. Offenbar wird da irgendwas im Rechner überfordert. Staubsauger geholt und den Rechner innen mal entstaubt. Zwischenzeitlich neue Versuche mit dem DAT-Player, Anrufe, ob man eine CD schon rezensiert habe. Ja, langst noch?

DAT geht doch auf, aus irgendeinem kühlen Grunde, der Rechner rechnet jetzt wieder etwas länger. Was hat das mit Kultur zu tun?

Nun, es hält sie auf. Manchmal wirkt es so, als ob all diese technischen Entwicklungen nur dazu dienen, Zeit aufzufressen und davon abzuhalten, anderes zu tun, was vielleicht doch nötiger wäre. Zum Beispiel der Frage nachzugehen, wieviel Schuld an der deutschen Misere die Politik trägt und wieviel nicht. Auf die Politik zu schimpfen ist oft nur fair. Denn Politik wird gemacht von Leuten, die mehr oder weniger direkt gewählt wurden. Also tragen sie Anteil an Wohl und Wehe mancher, vieler Entwicklungen. Aber daran, dass angeblich zu wenig gesungen werde, daran hat nicht Politik Schuld sondern daran sind die Schuld, die singen oder die einem das Lernenwollen.

Die taktlos-Sendung gestern war in dieser Hinsicht zumindest unterhaltsam. Überhaupt: der von allen Seiten erschallende Ruf nach mehr Bildung ist ja nicht so übel. Aber damit verbunden werden zugleich Bildungsinhalte, die man eben lernen müsse. Der vor Jahr und Tag die Runde machende Einbürgerungstest hat nur einmal mehr kristallisiert. Um heute jemand zu sein, muss man jemand werden. Bildungskanon! Statt Bildungsangeboten kommt es zu Bildungsangepflichten. Beethovens Fünfte, 1 mal 1, wer war Hugenberg, Stabhochsprung — und zur restlichen Aufbewahrungszeit Probleme, Technik zu bewältigen (siehe oben) oder Scheinasyl in Identifikationskatalogen (Papstbesuch, The Dome).

Der Hunger nach sich selbst ist ersetzt durch Fastfood aus zweiter Hand für die Seele aus zweiter. Das ist etwas, was man schon Anfang des letzten Jahrhunderts als die Unterscheidung zwischen Erlebnis und Erfahrung beschrieben hat. Mit jedem Tag in der Welt wird man so dicker und dicker. deshalb halten es immer weniger Menschen mit sich selbst aus. Eine Menschheitsregression in der ganzen Welt wie es scheint und den anderen bricht man eben die Knochen, die Haut, das Hirn.

In Würzburg konnte ich mal wieder ein paar Horrorfilme über Premiere sehen. Es gab da mal eine Nähe zu diesem Genre. Aber was ich da sehen musste, das war so elend, so gebogen, so irrelevant, so nebenderspur. Aus „normalen“ Bürgern werden da plötzlich Scharfschützen und Kampfgenies. Man ist immer weniger tot, je mehr Kugeln man fängt von denen man nicht viel sieht. Eine Rohheit mit Hochglanzpolitur. Das tat weh. Aber wenig im Vergleich zur schleichenden Durchkreuzung auch mittels der Sprache. Wie konnte es geschehen, dass Begriffe aus der Betriebswirtschaftlehre und des Mangements in den Rang von Welt- oder Gesellschaftsanalysen hineinreichen konnten. Dieses Gift hat diese ganze Generation befallen.

Wenn ich mich nicht täusche, so gehört ein Großteil der sog. „Blogger“ in die Generation 28 bis 52. Das wichtigeste, folgt man den Beschreibungen bei Blogaward der Deutschen Welle: Wichtig ist es, skurril und witzig zu sein — oder betroffen. Beides die gleiche Seite einer einseitigen Medaille. Ich muss das deshalb mal an Dicki verweisen, ein herausragend mit der anderen Seite der Welt umgehendes Textanbild; oder an den Verweigerer Buster. Nur mal so als Beispiele. Ich schaue drauf, um noch ab und zu auch im Netz so etwas wie Immunisierungsmittel gegen das Verhungern durch Übersättigung zu erhalten.

Zurück: ein letztes mal heute. Selbstverständlich sind die Politiker an allem Schuld. Und eben deshalb sollte man sich von dort gleich schon gar nichts erwarten. Politisches ist Massengeschäft, das zahlreiche individuelle Opfer fordert. Aus „die Partei hat immer Recht“ ist geworden, die Regierung hat immer das Recht, Recht zu haben. Man sollte da wirklich mal genauer in die Mechanismen hinter dem Schein der Sprache und Geste sehen. Die fortschreitende Privatisierung der öffentlichen Vernunft … (anderes Thema).

Bin zu müde, die CPU verlangt nach Ruhe.

Nur wo das Gewesene stark genug ist, um die Kräfte des Subjekts zu formen und zugleich ihnen sich entgegenzusetzen, scheint die Produktion des noch nicht Gewesenen möglich.[Band 8: Soziologische Schriften I: Kultur und Verwaltung. Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, S. 4965
(vgl. GS 8, S. 136)
http://www.digitale-bibliothek.de/band97.htm ]

Ich würde da gerne noch etwas zu sagen.

!~~1/2006-07-biene.jpg|Fleißiges Bienchen, dieses~~!

Ein bisschen fleißig gewesen und hübsch geschnorchelt am Nektar der Kultur — wie es sich für ein Kulturblog eben gehört. Fleiß und Schweiß. Beauftragt eine DAT auf Kassette zu überspielen (falls noch wer weiß, was das ist). Zugesagt. Und dann. Das Gerät für die DAT springt an, um dann nach surrend-provozierendem Ton sich auszuschalten. Diverse Netzteile probiert, sogar Batterien. Das Ding wollte nicht angehen und reagiert nicht auf die absurdesten Tastenkombination. Drauf klopfen, drauf hauen, Fingernagel dazwischen schieben. Alles zwecklos.

Der Rechner kann nicht mal mehr eine wav-Datei nach mp3 kodieren ohne sich wegen Überlastung direkt zu verabschieden. Auch hier ein wesentlich deutlicherer Ton. Offenbar wird da irgendwas im Rechner überfordert. Staubsauger geholt und den Rechner innen mal entstaubt. Zwischenzeitlich neue Versuche mit dem DAT-Player, Anrufe, ob man eine CD schon rezensiert habe. Ja, langst noch?

DAT geht doch auf, aus irgendeinem kühlen Grunde, der Rechner rechnet jetzt wieder etwas länger. Was hat das mit Kultur zu tun?

Nun, es hält sie auf. Manchmal wirkt es so, als ob all diese technischen Entwicklungen nur dazu dienen, Zeit aufzufressen und davon abzuhalten, anderes zu tun, was vielleicht doch nötiger wäre. Zum Beispiel der Frage nachzugehen, wieviel Schuld an der deutschen Misere die Politik trägt und wieviel nicht. Auf die Politik zu schimpfen ist oft nur fair. Denn Politik wird gemacht von Leuten, die mehr oder weniger direkt gewählt wurden. Also tragen sie Anteil an Wohl und Wehe mancher, vieler Entwicklungen. Aber daran, dass angeblich zu wenig gesungen werde, daran hat nicht Politik Schuld sondern daran sind die Schuld, die singen oder die einem das Lernenwollen.

Die taktlos-Sendung gestern war in dieser Hinsicht zumindest unterhaltsam. Überhaupt: der von allen Seiten erschallende Ruf nach mehr Bildung ist ja nicht so übel. Aber damit verbunden werden zugleich Bildungsinhalte, die man eben lernen müsse. Der vor Jahr und Tag die Runde machende Einbürgerungstest hat nur einmal mehr kristallisiert. Um heute jemand zu sein, muss man jemand werden. Bildungskanon! Statt Bildungsangeboten kommt es zu Bildungsangepflichten. Beethovens Fünfte, 1 mal 1, wer war Hugenberg, Stabhochsprung — und zur restlichen Aufbewahrungszeit Probleme, Technik zu bewältigen (siehe oben) oder Scheinasyl in Identifikationskatalogen (Papstbesuch, The Dome).

Der Hunger nach sich selbst ist ersetzt durch Fastfood aus zweiter Hand für die Seele aus zweiter. Das ist etwas, was man schon Anfang des letzten Jahrhunderts als die Unterscheidung zwischen Erlebnis und Erfahrung beschrieben hat. Mit jedem Tag in der Welt wird man so dicker und dicker. deshalb halten es immer weniger Menschen mit sich selbst aus. Eine Menschheitsregression in der ganzen Welt wie es scheint und den anderen bricht man eben die Knochen, die Haut, das Hirn.

In Würzburg konnte ich mal wieder ein paar Horrorfilme über Premiere sehen. Es gab da mal eine Nähe zu diesem Genre. Aber was ich da sehen musste, das war so elend, so gebogen, so irrelevant, so nebenderspur. Aus „normalen“ Bürgern werden da plötzlich Scharfschützen und Kampfgenies. Man ist immer weniger tot, je mehr Kugeln man fängt von denen man nicht viel sieht. Eine Rohheit mit Hochglanzpolitur. Das tat weh. Aber wenig im Vergleich zur schleichenden Durchkreuzung auch mittels der Sprache. Wie konnte es geschehen, dass Begriffe aus der Betriebswirtschaftlehre und des Mangements in den Rang von Welt- oder Gesellschaftsanalysen hineinreichen konnten. Dieses Gift hat diese ganze Generation befallen.

Wenn ich mich nicht täusche, so gehört ein Großteil der sog. „Blogger“ in die Generation 28 bis 52. Das wichtigeste, folgt man den Beschreibungen bei Blogaward der Deutschen Welle: Wichtig ist es, skurril und witzig zu sein — oder betroffen. Beides die gleiche Seite einer einseitigen Medaille. Ich muss das deshalb mal an Dicki verweisen, ein herausragend mit der anderen Seite der Welt umgehendes Textanbild; oder an den Verweigerer Buster. Nur mal so als Beispiele. Ich schaue drauf, um noch ab und zu auch im Netz so etwas wie Immunisierungsmittel gegen das Verhungern durch Übersättigung zu erhalten.

Zurück: ein letztes mal heute. Selbstverständlich sind die Politiker an allem Schuld. Und eben deshalb sollte man sich von dort gleich schon gar nichts erwarten. Politisches ist Massengeschäft, das zahlreiche individuelle Opfer fordert. Aus „die Partei hat immer Recht“ ist geworden, die Regierung hat immer das Recht, Recht zu haben. Man sollte da wirklich mal genauer in die Mechanismen hinter dem Schein der Sprache und Geste sehen. Die fortschreitende Privatisierung der öffentlichen Vernunft … (anderes Thema).

Bin zu müde, die CPU verlangt nach Ruhe.

Nur wo das Gewesene stark genug ist, um die Kräfte des Subjekts zu formen und zugleich ihnen sich entgegenzusetzen, scheint die Produktion des noch nicht Gewesenen möglich.[Band 8: Soziologische Schriften I: Kultur und Verwaltung. Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, S. 4965
(vgl. GS 8, S. 136)
http://www.digitale-bibliothek.de/band97.htm ]

Ich würde da gerne noch etwas zu sagen.

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6 Kommentare

  1. Ich bin seit gestern ohne

    Ich bin seit gestern ohne Soundkarte, das finde ich jetzt taktlos. Gibt’s hier denn auch „Lesen statt Hören“?

    Und Buster der Verweiger? Klingt nach so einer Mischung von Billy the Kid und dem Remstal Rebell! Oder der Suppen-Dings „Doch einmal fing er an zu schrei‘n: Ich esse keine Suppe! Nein! Ich esse meine Suppe nicht! Nein, meine Suppe ess’ ich nicht!”. Dabei wäre ich doch so viel lieber der fliegende Robert … ich hab aber so schwere Knochen, leider.

  2. Siehste! Schon wieder da,

    Siehste! Schon wieder da, der Verweigerer. Auch das Verweigern der Verweigerung ist Verweigerung.

    Wo ist sie denn, die Soundkarte, jetzt. Einfach so weggegangen, Zigaretten holen?

  3. Du hast mich doch zum

    Du hast mich doch zum Verweigerer gelabelt,
    ich bin ein Befürworter im Grunde.

    Die Soundkarte ist physikalisch noch anwesend,
    sie entzieht sich freilich dem Controller.
    Noch eine Verweigerung also, spricht eher gegen
    Zigaretten holen, betrunken vor Papst womöglich.

  4. Also jetzt mal ganz ruhig.

    Also jetzt mal ganz ruhig. Ich denke schon die ganze Nacht, ob man Verweigerung als Label verstehen kann. Eigentlich, so denke ich, geht das nicht. Es ist ein Nichtlabel.

    Sehn wir uns heute abend in der Südkurve?

  5. Ein Nichtlabel? „Hat den

    Ein Nichtlabel? „Hat den Nobelpreis abgelehnt“ ist doch eine tolle Schublade, oder?

    Nee nix mit Südkurve, heute.
    (Programm klingt aber wirklich gut!)

    Rauschkraut und alter Genever heute abend in soner Hafenspelunke bei de Käsköppe und danach womöglich noch ein Eimerchen Fla wg. Heisshunger und so.

    Bis die Tage denn und denk an den Kulturauftrag!

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