Wie immer zur Wahl, hat der Deutsche Kulturrat bei den Parteien herumgefragt, wie diese zu bestimmten Themenbereichen in der Kultur sich nach der Wahl verhalten wollen. Das ist präziser als ein Blick in Wahlprogramme, weil es tiefer in die Sache hineingeht.
„Kultur ist das Fundament unserer Freiheit“ – Blablabla
In der sechsten Umfrage hat der Deutsche Kulturrat gefragt:
Wollen Sie die kulturelle Vielfalt in Deutschland unterstützen? Wollen Sie der kulturellen Integration besondere Aufmerksamkeit schenken? Wollen Sie Maßnahmen gegen Antisemitismus, Rassismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit unterstützen?
Die Antworten:
- SPD: „Kultur für alle“ ist unser Kernversprechen. Wir wollen, dass die Träger*innen kultureller Infrastruktur finanziell und organisatorisch stärker unterstützt werden, dass bezahlbare kulturelle Angebote für alle Bürger*innen zugänglich gemacht werden. Wir schätzen die Bereicherung durch jüdisches Leben und Kultur in Deutschland und erkennen dies als besonderes Zeichen des Vertrauens in unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat. Deshalb setzen wir uns entschieden für den Schutz, die Förderung und die Sichtbarkeit jüdischen Lebens ein. Dies umfasst die Erinnerung an die Shoah, die Unterstützung von Gedenkstätten, Bildungsarbeit sowie die Sicherheit jüdischen Lebens in allen Bereichen. Wir fordern zudem sichere Hochschulen für jüdische Studierende und ein konsequentes Vorgehen gegen Antisemitismus. Angesichts der Zunahme von Diskriminierung und Hass durch Rechtsextremismus und andere gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit stehen wir entschlossen gegen jede Form von Ausgrenzung und verteidigen die Vielfalt und Würde aller Menschen in unserer Gesellschaft.
- CDU/CSU: Unsere Kultur ist das Fundament unserer Freiheit. Den kulturellen Reichtum werden wir weiterentwickeln und die kulturelle Integration vorantreiben. CDU und CSU bekämpfen entschlossen Rassismus und Antisemitismus. Wir erwarten von Parteien, Wissenschaft, Medien, Kunst und Kultur die Klarstellung, dass es in ihren Reihen keinen Raum für antisemitische Ansichten gibt. Wir stellen uns allen Bestrebungen entgegen, Menschen aufgrund welcher Merkmale auch immer unterschiedliche Wertigkeiten zuzuschreiben.
- Bündnis 90/Die Grünen: Wir möchten die kulturelle Vielfalt in Deutschland umfassend unterstützen, indem wir Kunst und Kultur in ihrer Breite fördern. Gleichzeitig setzen wir uns für den Schutz der Unabhängigkeit von Künstler*innen und die Verbesserung ihrer sozialen Absicherung ein. Kultur ist ein wichtiges Instrument der Integration. Wir wollen dies stärken, indem wir die Sichtbarkeit unserer vielfältigen Gesellschaft in der Kultur erhöhen. Dafür wollen wir die Steigerung der Diversität unter anderem in Förderrichtlinien verankern. Dazu gehört es auch, dass die Erinnerungskultur der Realität unserer Einwanderungsgesellschaft besser gerecht wird. Um Antisemitismus, Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wirksam zu bekämpfen, unterstützen wir zivilgesellschaftliche Initiativen, fördern die politische Bildung und setzen uns für eine vielfältige, inklusive Gesellschaft auf allen Ebenen ein.
- FDP: Die Stärke unserer Demokratie liegt in der Vielfalt unserer Kultur. Wir setzen uns für die Aufhebung der Unterscheidung von E- und U-Kultur ein. Popkultur ist mehr als Unterhaltung, es verbindet Mainstream und Innovation. Daher braucht es einen Kulturbegriff, der u.a. das Design, die Comics, die Tattookunst und Games einschließt. Zudem wollen wir die kulturelle Bildung über alle Altersgruppen hinweg stärken. Dass sich in Deutschland als Land des Verbrechens des Holocaust wieder Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit ausbreiten, ist nicht hinnehmbar. In der Schule muss die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen von Menschenfeindlichkeit wie dem Antisemitismus intensiviert werden. Dazu gehört der verpflichtende Besuch einer Holocaust-Gedenkstätte und einer Synagoge. Der Jugend-austausch soll durch das Voranbringen des Deutsch-Israelischen Jugendwerks gestärkt werden. Wir treten dafür ein, die IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus umfassend in den staatlichen Behör-den zu etablieren und zur Grundlage von Fortbildungen sowie bei der Vergabe staatlicher Gelder zu machen. Zudem soll die Auseinandersetzung mit der Deutschen Teilung und dem DDR-Unrechtsregime durch den Besuch einer entsprechenden Gedenkstätte verpflichtend sein.
- Die Linke: Ja. Der Schutz kultureller Vielfalt muss Teil des Staatsziels Kultur sein. In Förderprogrammen müssen Aspekte der kulturellen Vielfalt berücksichtigt werden. Teil kultureller Integration ist auch der Schutz religiöser Feiertage der nicht-christlichen Religionsgemeinschaften, Yom Kippur und das Zuckerfest sollen gesetzliche Feiertage werden. Die Linke fordert die Einführung eines Demokratiefördergesetzes, um dauerhaft arbeitende zivilgesellschaftliche Strukturen für Demokratie und Vielfalt institutionell fördern zu können.
Der Kulturratsgeschäftsführer kommentiert das so:
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Bei der Frage nach kultureller Vielfalt, kultureller Integration und dem Vorgehen gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zeigen sich deutliche Unterschiede bei der Schwerpunktsetzung der Parteien. Das wird z. B. bei der Erinnerungskultur deutlich, die mit unterschiedlicher Gewichtung und Ausrichtung oder auch gar nicht thematisiert wird. „Kulturelle Vielfalt“ interpretieren die Parteien ebenfalls unterschiedlich. Auch in der Frage, ob und wie Kulturförderung an Voraussetzungen oder Bekenntnisse gebunden wird, sind sich die Parteien nicht einig. In den kommenden Jahren wird es besonders relevant sein, dass der Kulturbereich sich deutlich gegen Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit positioniert und dass kulturelle Vielfalt im Sinne einer ernst gemeinten Inklusion aller Menschen gelebt wird. Hierfür braucht der Kulturbereich allerdings angemessene Rahmenbedingungen. Es darf bei den Versprechen der Parteien nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben.“
Ich halte vor allem zwei Sätze für erstaunlich, die die CDU/CSU von sich gibt. Da steht:
- Unsere Kultur ist das Fundament unserer Freiheit. Den kulturellen Reichtum werden wir weiterentwickeln und die kulturelle Integration vorantreiben.
Deshalb legt auch in Berlin der Kultursenator Joe Chialo die Axt an die Kultur. Über 300 Millionen Euro will er dem Etat für Kultur in den Jahren 2026/27 rauben. Korrekt müsste man also antworten:
„Die kulturelle Verarmung entwickeln wir mit Exzellenz“
Wenn man den Satz davor mit einschließt, bedeutet das nicht weniger als, wir wollen nachhaltig und konsequent das Fundament unserer Freiheit schädigen. Denn das, und nicht etwa weniger, ist für CDU/CSU Kultur.
Das sollte man wissen, wenn man CDU und CSU seine Stimme gibt. Es geht denen um die Beseitigung des Fundaments der Freiheit. Oder ist Chialo etwa nicht mehr im Bundesvorstand der CDU?