Heute habe ich einen Text von BackstageClassical im Feed gehabt, darin wird auf eine Wutrede der österreichischen Komponistin Olga Neuwirth verwiesen, die in der Zeitschrift NEWS erschienen ist.
BackstageClassical schreibt:
„Neuwirth kritisiert generelle Ungleichbehandlung von Komponistinnen in Österreich. Während ihre schwedische Kollegin Lisa Streich ein Zehnjahresstipendium erhielt, sei sie jahrelang ohne Professur geblieben …“ (Hervorhebung im Original)
Da dachte ich, was ist das doch für eine missgünstige Frau, die Olga Neuwirth. Die Streich bekommt ein Stipendium nachgeworfen, während man selbst nicht mal mit einer Professur (für was auch immer) bedacht wird. Voll gemein.
Allein, im Originalartikel bei NEWS steht etwas anderes:
„Meine jüngere hochgelobte schwedische Kollegin Lisa Streich bekam von der Swedish Royal Academy of Music (in die ich vor Jahren als Mitglied gewählt wurde) ein Zehnjahresstipendium, um frei ihre Kunst entfalten zu können. Das ist der gravierende Unterschied zu Österreich: Wertschätzung, nicht Dauerheruntermache einer der ganz wenigen österreichischen Komponistinnen.
Mir hat man nicht nur jahrelang keine Professur in meinem eigenen Land zugestanden (bis 2022 – trotz dreier Bewerbungen), …“
Es handelt sich um eine „Ungleichbehandlung“ (darüber könnte man diskutieren, ob das der richtige Begriff ist) zwischen der Wertschätzung von Komponistinnen in zwei unterschiedlichen Ländern. Ob man Professuren und Stipendien so einfach gegeneinander aufrechnen wird können, ist eine andere Frage in ihrem von Auszeichnungen gut geprägten Leben. Aber das lasse ich mal Nebenbeisache sein.
Meine erste Frage war, hat das, was BackstageClassical da formuliert, Olga Neuwirth wirklich gesagt? Vor allem „so“ gesagt? Siehe oben? Nö. Aber immerhin verlinkt man die Originalquelle!
Dann sehe ich klein unter dem Text den Hinweis: „Text entstand mit Hilfe von KI“. Aktuell gibt es keine Pflicht, dass man so etwas ausweisen müsste. Im Nachhinein klingt es wie eine nachgeschobene Entschuldigung, dass diesen Unfug kein Mensch verzapft habe.

Ich frage mich aber, kann das die Zukunft des (Musik-)Journalismus sein? Zeug in die Welt zu setzen, das man ungeprüft ins Netz rausjagt? Das ist der komplett falsche Weg. Auch wenn man Zeit sparen will und Arbeitskraft, darf die Verlässlichkeit nicht auf der Strecke bleiben. Es ist zudem auch den Kolleg:innen in diesem Bereich gegenüber unfair, in dieser Weise Themen aufzugreifen, um Clicks zu bekommen, weil man schneller war als andere. Und hier zudem gegenüber Olga Neuwirth und Lisa Streich.
Ach was, Kollege KI? Niemals.
Nachtrag:
Aktuell berichtet Johanna Bernklau bei Uebermedien über Fälle von falschen Zitaten bei NIUS und vermutet, dahinter stecke auch dort KI.