Es ist erst ein paar Monate her, da haben wir in der Redaktion der nmz einen Leitartikel zu den Umbrüchen im Rundfunk haben wollen. Wie von selbst fiel dabei der Name Gerhart Baum. Seit den 00er-Jahren ist er in ständigem Einsatz für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – und das duale System mit dem Privatfunk an der Seite plus einige Bürgerradios. Er war bereits 2006 aktiv mit dem Text „Die Legitimation liegt in der Qualität – Zum Kulturauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“ (nmz).
In der Zeit hat er sich auch aktiv für Initiativen wie „Das GANZE Werk“ eingesetzt. Später war sein Engagement ungebrochen, als es um den Erhalt der Orchester beim SWR ging und die unsägliche Orchesterfusion (Die Quote ist wie ein Gift, das immer stärker wirkt). Das Thema eines allgemeinen Zugangs zu seriöser Information, zu Bildungs- und Kulturangeboten via Radio und Fernsehen war ungebrochen. Die Ehrennadel der FEM des Komponistinnenverbandes würdigte sein Engagement ebenso (Verfassung leben, auch wenn es stürmt) wie später der Kulturgroschen des Deutschen Kulturrates (hier das Gespräch mit Andreas Kolb: Kunst ist ein Stück Freiheit – Gerhart Baum erhält den Kulturgroschen 2019 des Deutschen Kulturrates).
Angesichts des Anwachsens autoritärer Tendenzen in Deutschland hat er uns auch noch 2022 Folgendes ins Stammbuch (also die Print-nmz) geschrieben. Da ging es um Kunstfreiheit: Die Kunstfreiheit ist immer bedroht – Zu rechten Tendenzen in Deutschland.
2024 sprach ich mich dagegen aus, Gerhart Baum für einen weiteren Text zum Thema Rundfunk zu gewinnen. Nicht, weil ich ihm das nicht zugetraut hätte, sondern weil es wieder Gerhart R. Baum sein sollte. Das war in gewisser Hinsicht frevelhaft von mir. Ganz klar. Aber zeigt zugleich das Dilemma, dass die Anzahl, Bedeutung und Präsenz von Autoren zu diesem Thema sehr schmal ist. Baum hatte eigentlich ja immer auch seine ganze politische Wucht, die ihn zu einer hörbaren Stimme werden ließ, die man ernst nehmen musste: Kulturauftrag sichert Zukunftsfähigkeit – Die Reformideen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind existenzgefährdend (nmz).
Die Stimme Gerhart Baums wird deshalb fehlen, weil sie keinen Ersatz findet. Dass er nun stumm bleiben wird, muss man bedauern.
Heute fahre ich an FDP-Plakaten vorbei, die nach Poesiealbumsprüchen müffeln.