21. November 2024 Alles muss raus!

Das Herrenbergurteil und seine Folgen in Berlin

Gerade erreicht mich eine Meldung, man könnte auch sagen, ein Brandbrief aus Berlin (danke, Thomas Heyn). Die Musikschulen hier werden an die Wand gefahren. Mit voller Wucht und voller Puste. Darin heißt es:

Die Perspektiven für die Öffentlichen Musikschulen entwickeln sich im Rahmen der aktuellen Haushaltsverhandlungen in eine dramatische Richtung:

Finanzsenator Evers und der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Torsten Schneider haben zu unterschiedlichen Personen übereinstimmend geäußert, dass keine Etaterhöhung für die Bezirklichen Musikschulen nach dem Herrenberg-Urteil vorgesehen sind und auch keine vorgesehen werden. Aus ihrer Perspektive sind die Mehrkosten die für die Festanstellungen notwendig werden, durch eine Kürzung des Angebots zu erbringen.

Erste Hochrechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass von den 63.000 Schülerinnen und Schülern der Bezirklichen Berliner Musikschulen dann ca. 25-30 % ihren Unterrichtsplatz verlieren würden; betroffen wären demnach 15-18.000 Schülerinnen und Schüler. Völlig ungeklärt auch die Frage, wer von den 1.800 Honorarlehrkräften weiterhin an der Musikschule (dann aber sozialversicherungspflichtig beschäftigt) arbeiten darf; eine Zitterpartie.

Kann man so machen. Muss man sich aber nicht wundern, wenn die Betroffenen dann bald auch auf die Barrikaden gehen. Wenn das der langfristige Plan sein sollte, lässt es auch für andere Bereiche des Kunst- und Kulturlebens der Stadt Berlin nichts Gutes erhoffen. Die Politik schaut da eher zu, dass man den Ökonomie-Versagern bei VW zur Seite steht. Und dabei geht es nicht mal um den Weltmarkt und verpasste Chancen in Sachen Musikschule.

Zum Thema Herrenberg in Sachen Hochschulen hat in der November-Ausgabe der nmz Juan Martin Koch sowohl das Editorial geschrieben als auch einen Hintergrundbericht dazu. Wann sind Lehrbeauftragte an Musikhochschulen tatsächlich nach den Einschätzungen der Deutschen Rentenversicherung selbständig tätig. Ich denke: Es kommt auf den Einzelfall an. Momentan wird die Sache sowohl im Hinblick auf Musikschullehrkräfte wie auch bei anderen Minimalanstellungen nicht wirklich korrekt behandelt. Die Frage wäre vielleicht: Ob nicht sogar ein Gang nach Karlsruhe probiert werden sollte, weil durch diese pauschalen Einschätzungen Grundrechte verletzt werden und zwar schon elementar!

Traut sich das wer zu? Wer könnte das machen?

Es hat ja immer seine mindestens zwei Seiten. Für die einen ist eine schöne Aussicht, eine Tätigkeit, die ohnehin nur der Form nach “frei” war, um eben für den Arbeitsgebenden Geld zu sparen, in eine reguläre Tätigkeit zu überführen. Für andere heißt es aber dann, Zwang in einer Arbeitssituation, für die eine Festanstellung Nachteile mit sich bringt, weil sie ggf. dann aus vielen kleinen Festanstellungen bestehen würde, mit einigen Lohnsteuerkarten etc. weil man breit gestreut seine Lehre betreibt. Das kann nicht im Sinne des GG sein, wenn es §12 heißt:

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

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