Ganz erfolgreich hat sich mein Geschäft mit Floskeln entwickelt. Der Musikbereich hat da gegenüber der Bildenden Kunst und dem Film einiges nachzuholen. Immer noch findet man sachbezogene Texte, die sich Mühe geben mit dem, was sie beschreiben, kritisieren, interpretieren oder darstellen. Das will niemand lesen. Das wäre ja Information. Im postfaktischen Zeitalter geht es vielmehr darum, mit vielen oder wenigen Worten gar nichts zu sagen, aber superduper viel zu „insinuieren“. Das hatte man früher mit den raunenden Texten deutsch-völkischer Philosophen, später in einer ganzen Reihe von französischer Wortfreibeuter:innen, ehe alles im Zeichen von 1 und 0 plötzlich wieder so klar wie leer wurde. Diese Zeit postpositivistischer Interesse- und Leidenschaftslosigkeit ist vorbei.
Tropen statt Türen
Alles muss raus. Jetzt. Vor allem Sinn, Form und Verstand.
„Glojnarić geht es darum, neue Opern zu entwickeln, die sich der Schönheiten der Oper bewusst sind, aber sorgsamer mit ihren Tropen umgehen und so eine andere, genreübergreifende, intersektional-feministische und antirassistische Version davon anbieten.“
So hat es der Musikfonds auf Facebook angekündigt. Aber man ist zugleich auf Nummer sicher gegangen und hat einen Link auf das „ganze Portrait, sowie weitere Gespräche mit unseren Stipendiat:innen“ nicht gesetzt.
Zum Beispiel oben. Das ist ein Text, den ich dem Musikfonds angeboten hatte. Allerdings wurde er verändert. Ich hatte noch ein paar Textknüller in Sachen „Klassismus(e)“ hinzugefügt und zur Bedeutung antidigitaler Hyperkomplexität in Zeiten des Nonkonformismus und der autosuggestiven Potenz ephemerer Dystopien. Gerade aber, dass man den Bogen zum Klassismus und seiner Schwester, der Klassismuse gekürzt hat, führt die Argumentation, post ante de moribundus salutant, ins flatulente Vakuum.
Ich werde den Leuten des Musikfonds daher das doppelte Honorar in Rechnung stellen müssen. Denn was da eigentlich oben steht, heißt einfach: Alle Opern bisher sind zwar schön gewesen, aber scheiße. Misslungen war mir diese Sache mit dem genreübergreifend. Im Original stand noch „genreuntergreifend“, denn der andere Begriff ist schlicht, wie das Wort andeutet, übergiffig. Das passt nicht.
PS: Das Original von Thomas Venker, bevor es für Facebook optimiert wurde:
Die aus Zagreb stammende Komponistin Sara Glojnarić will die Tropen des Opernbetriebs öffnen für eine genreübergreifende, intersektional-feministische und antirassistische Zukunft.
Was zwar immer noch ein bisschen kauderwelscht, nicht ganz so schlimm (Tropen des Opernbetriebs vs. Tropen der Oper etc. pp.). Mit einfachen „Türen“, habe ich gesagt, wäre man auf der sicheren Seite gewesen. Aber