An sich ist die Erinnerungsfunktion von Facebook etwas, was wirklich hilfreich ist. Im Strudel aller gesellschaftlichen und geschichtlichen Entwicklungen überschlagen sich die Informationen in einem Dauerfeuer. Dabei merkt man dann gar nicht, dass in Wirklichkeit eigentlich tatsächlich nichts wirklich qualitativ Neues passiert, sondern man nur Protestmoden in immer kürzeren Abständen folgt. Das heißt nicht, dass nichts mehr passiert, aber dass alles, was passiert, die ganze Zeit schon passiert.
So wird die Gegenwart mit Dingen zugemüllt, die es immer schon gegeben hat. Nur meistens auch schon besser, zumindest im künstlerisch-geisteswissenschaftlichen und literarischen Feld. Die Formen der Automobile ändern sich da stärker als das, was sie transportieren. Eine andauernde Formenrevolution, alte Schläuche in neuen Schläuchen. Das sind auch die Transformationen, die man bei der KI beobachten kann. Sie wird immer besser in der Nachahmung menschlicher Tätigkeit im kreativen Sektor. Aber was käme nach der perfekten Nachahmung.
In den Nuller-Jahren dieses Jahrhunderts war viel die Rede von „Kreativität als Rohstoff der Zukunft“ und davor bereits reklamierte man bereits „geistiges Eigentum“ als zukünftigen Rohstoff. Was davon ist noch haltbar angesichts zeitgleicher Entwertung durch maschinelle Herstellung in quasi unendlicher Menge. Ist sie wirklich ein unversiegbarer Rohstoff, diese künstliche Kreativität? Oder gibt es doch auch Grenzen Möglichkeiten? Frisst sie am Ende sich selbst auf, weil sie in einer Schleife aus Nachahmung ihrer selbst enden muss, weil mehr für sich selbst produziert als dass es Impulse von außerhalb ihres Systems gibt? Vergleichgültigt sie sich letztlich in einem Rauschen ohne Rausch?
Kultur- und Bildungsfragen damals
„Denn es gibt eine Art von gemißbrauchter und in Dienst genommener Kultur – man sehe sich nur um! Und gerade die Gewalten, welche jetzt am tätigsten die Kultur fördern, haben dabei Nebengedanken und verkehren mit ihr nicht in reiner und uneigennütziger Gesinnung.
Da ist es erstens die Selbstsucht der Erwerbenden, welche der Beihilfe der Kultur bedarf und ihr zum Danke dafür wieder hilft, aber dabei freilich zugleich Ziel und Maß vorschreiben möchte. Von dieser Seite kommt jener beliebte Satz und Kettenschluß her, der ungefähr so lautet: möglichst viel Erkenntnis und Bildung, daher möglichst viel Bedürfnis, daher möglichst viel Produktion, daher möglichst viel Gewinn und Glück – so klingt die verführerische Formel. Bildung würde von den Anhängern derselben als die Einsicht definiert werden, mit der man, in Bedürfnissen und deren Befriedigung, durch und durch zeitgemäß wird, mit der man aber zugleich am besten über alle Mittel und Wege gebietet, um so leicht wie möglich Geld zu gewinnen. …
Der einzelne müsse, so fordert man hier, durch die Hilfe einer solchen allgemeinen Bildung sich selber genau taxieren können, um zu wissen, was er vom Leben zu fordern habe; und zuletzt wird behauptet, daß ein natürlicher und notwendiger Bund von »Intelligenz und Besitz«, von »Reichtum und Kultur« bestehe, noch mehr, daß dieser Bund eine sittliche Notwendigkeit sei. Jede Bildung ist hier verhaßt, die einsam macht, die über Geld und Erwerb hinaus Ziele steckt, die viel Zeit verbraucht; man pflegt wohl solche ernstere Arten der Bildung als »feineren Egoismus«, als »unsittlichen Bildungs-Epikureismus« zu verunglimpfen.
Freilich, nach der hier geltenden Sittlichkeit steht gerade das Umgekehrte im Preise, nämlich eine rasche Bildung, um bald ein geldverdienendes Wesen zu werden, und doch eine so gründliche Bildung, um ein sehr viel Geld verdienendes Wesen werden zu können. Dem Menschen wird nur so viel Kultur gestattet als im Interesse des allgemeinen Erwerbs und des Weltverkehrs ist, aber so viel wird auch von ihm gefordert. Kurz: »der Mensch hat einen notwendigen Anspruch auf Erdenglück, darum ist die Bildung notwendig, aber auch nur darum!«“1Friedrich Nietzsche: Werke und Briefe: 3. Schopenhauer als Erzieher. Friedrich Nietzsche: Werke, S. 4075 (vgl. Nietzsche-W Bd. 1, S. 330-331) (c) C. Hanser Verlag
Eigentlich erschien es mir unmöglich, Erlangen jemals zu erreichen. Als der Zug dort endlich wieder zum Stehen kam, war es schon zu spät. Georg Wilhelm Friedrich Hegel war schon auf dem Weg nach Jena und hatte meine Enzyklopädie einfach mitgenommen. Da hilft auch kein Schnaps in Fürth, wo Freund Schelling gerade einen Großhandel für Jeans eröffnet hat. Ich schreibe weiter an dem Traktat über „Triebwagen und Gesellschaft“.
Mittwoch, ein trauriger Tag. Auf dem Wecker WE als Wochenende gedeutet.
Fussnoten:
- 1Friedrich Nietzsche: Werke und Briefe: 3. Schopenhauer als Erzieher. Friedrich Nietzsche: Werke, S. 4075 (vgl. Nietzsche-W Bd. 1, S. 330-331) (c) C. Hanser Verlag