Alles eine Frage der Zeit. Heute ist Tsuki vor einem Jahr bei uns eingezogen. Was hat sie uns gelehrt? Glück! Gute Laune. Mindestens.
Aber das kann man niemandem erklären.
Gestern viele Menschen. Das ist herausfordernd. Aber es gibt Sofas – die Abklingbecken für zu viele Worte. Die Halbwertszeit von Worten.
Die Musik ist eine reine Qualfreude. Wenn sie mich berührt, komme ich in Schwingung. Noch. Aber die Ohren lassen nach. Und mancher Klang wird zu einer Qual. Ich höre nur noch das Nötigste. Und nachher geht es mir regelmäßig schlecht. Und schlechter, je besser die Musik war. Ich schulde einen Text darüber, wie schwierig es für Menschen ist, Musik zu hören, die das mit Leidenschaft tun. Dann wird man geradezu überschwemmt mit Gefühlen, die es sonst nicht auf der Welt gibt, und die auch kein anderes Mittel in dieser Weise erzeugen kann. Wer Musik „wirklich“ hört, ist verloren.
Ausflug nach Nettesheim, digital — Damals hatte man noch Töne:
„Die Könige der Perser und Meder haben die Musicos unter die Schmarutzer und Gaukler gezählet, und haben von ihren Werken sich zwar Lust erwecket, alleine sie selbst sind von ihnen verachtet gewesen. […] Wenn sie rechtschaffen singen sollen, so quieken die Knaben den Diskant, teils brüllen den Tenor, teils bellen wider den Takt, teils mauen wie ein Ochse den Alt, teils knirschen mit den Zähnen den Bass und machen, dass zwar ein gross Geschrei und Getöne gehört wird, aber von dem Text verstehet niemand nichts, also wird zugleich den Ohren und dem menschlichen Nachsinnen ihre natürliche Art benommen.“1Agrippa von Nettesheim: Ungewißheit und Eitelkeit aller Künste und Wissenschaften. DB Sonderband: 100 Werke der Philosophie, S. 130 und 134 (vgl. Agrippa-Eitelk. Bd. 1, S. 83, 85)
Weiter mit Nettesheim:
„Zu der Musik gehört auch das Springen und die Kunst zu tanzen, welches sonderlich den jungen Mägdlein und Liebhabern angenehm ist und von ihnen mit sonderbarem Fleiss gelernet, und oft mehr als die halbe Nacht ohne Ersättigung zugebracht, auch mit solchem Fleiss in acht genommen wird, dass sie nach der Leier, Trommel oder Pfeife mit ganz sonderlichen Kräften und Gebärden rumspringen, und nichts als närrische, auch der Unsinnigkeit nicht ungleiche Possen mit eingebildeter Klugheit verrichten; und wenn diesen nicht der Klang der Pfeife das rechte Mass gäbe, auch wie man saget, eine Eitelkeit der andern hülfe, so wäre ja auf der Welt nichts Lächerlichers und Ungereimters als das Springen. Es ist eine Ergötzlichkeit der Faulheit, ein Gehilfe aller Laster, eine Anreizung der Wollust, ein Feind der Keuschheit und in Summa eine Sache nicht lobenswert.2Agrippa von Nettesheim: Ungewißheit und Eitelkeit aller Künste und Wissenschaften. DB Sonderband: 100 Werke der Philosophie, S. 135 (vgl. Agrippa-Eitelk. Bd. 1, S. 86)
Es soll ja Leute geben, die meinen, hier würden (dicke) Bretter gebohrt. Ich finde, dafür ist es hier zu sauber. Eher ein Geruch von Putzmitteln als von Holzspäne.
Fussnoten:
- 1Agrippa von Nettesheim: Ungewißheit und Eitelkeit aller Künste und Wissenschaften. DB Sonderband: 100 Werke der Philosophie, S. 130 und 134 (vgl. Agrippa-Eitelk. Bd. 1, S. 83, 85)
- 2Agrippa von Nettesheim: Ungewißheit und Eitelkeit aller Künste und Wissenschaften. DB Sonderband: 100 Werke der Philosophie, S. 135 (vgl. Agrippa-Eitelk. Bd. 1, S. 86)
Das ist so wahr, und dann noch so unglaublich gut formuliert….:”Die Musik ist eine reine Qualfreude. Wenn sie mich berührt, komme ich in Schwingung. Noch. Aber die Ohren lassen nach. Und mancher Klang wird zu einer Qual. Ich höre nur noch das Nötigste. Und nachher geht es mir regelmäßig schlecht. Und schlechter, je besser die Musik war. Ich schulde einen Text darüber, wie schwierig es für Menschen ist, Musik zu hören, die das mit Leidenschaft tun. Dann wird man geradezu überschwemmt mit Gefühlen, die es sonst nicht auf der Welt gibt, und die auch kein anderes Mittel in dieser Weise erzeugen kann. Wer Musik „wirklich“ hört, ist verloren.”
Ostergrüsse aus Wandlitz
Das freut mich. Es ist mir tatsächlich ein Anliegen, dass man auch Musikhören kann – ohne wissenschaftlich daran zu denken oder nur mit einer Art Gefühligkeit. Es ist ein Privileg und ein Schmerz zugleich, so ergreifbar zu sein.