Heute bleibt die Infoküche kalt. Ich lade ein zur Lektüre von Peter Altenberg und Walter Benjamin. In den letzten Jahren hat man sich ja doch viel mit Krankheiten beschäftigt und mit Hygiene. Wenn vor drei Jahren beispielsweise der Deutsche Kulturrat empfahl, Kulturorte zu Schulorten umzulabeln. Das hatte einerseits etwas Skurriles. Andererseits etwas eigenartig Gewöhnliches.
Jetzt rächt es sich, dass man mehr vergammelte Schulen statt moderner Konzertsäle gebaut hat. Der Deutsche Kulturrat meldet: “… Gerade Kulturorte, die bereits jetzt ausgefeilte Hygienekonzepte und im Unterschied zu den meisten Schulen auch entsprechende Lüftungsanlagen haben, drängen sich als Teil kommunaler Bildungslandschaften geradezu als weitere Unterrichtsorte auf. Warum nicht eine Schulklasse im Museum, im Theater, im Kino, in der Jugendkunstschule, in der Musikschule, in der Bibliothek, im soziokulturellen Zentrum oder an einem anderem Kulturort unterrichten? Hier ist jetzt Fantasie gefragt. Die Kulturorte stehen bereit sich einzubringen. Kulturorte sind Schulorte!“
Wenn man jetzt nur noch nachgeschaut hätte, wie sich diese Kulturorte in der Landschaft verteilen und welche Kapazität sie so haben? Ich hatte auch mal vor Zeiten nachgerechnet, wie lange es dauern würde, wollte jede:r Berliner Bürger:in nur einmal in ein Opernhaus der Stadt zu einer Vorstellung gehen. Davon abgesehen wird die Luft sehr schnell, sehr dünn. Konzertsäle und Kinos sind schon in Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf sehr rar. Die Lüftungsanlagen in Bibliotheken, Jugendzentren etc. sind auch damals keinerfalls so superduper gewesen.
Vor zwei Jahren
Fake Views. (Aus der Autobahn-Serie)
Vor drei Jahren
„Unmerklich, wie die Krankheit zu Beginn sich mit mir eingelassen hatte, schied sie auch. Doch wenn ich im Begriff war, sie schon wieder ganz zu vergessen, dann erreichte mich ein letzter Gruß von ihr auf meinem Zeugnis. Die Summe der versäumten Stunden war an seinem Fuß verzeichnet. Keineswegs erschienen sie mir grau; eintönig wie die, denen ich gefolgt war, sondern gleich bunten Streifchen an der Brust des Invaliden standen sie gereiht. Ja eine lange Reihe Ehrenzeichen versinnlichte in meinen Augen der Vermerk: Gefehlt – einhundertdreiundsiebzig Stunden.“
Walter Benjamin: Berliner Kindheit um Neunzehnhundert
Ärger, Traurigkeit, Wut, Verzweiflung?
Vor sieben Jahren
Neulich eine Lobbyistin von VW: “Darf ich Ihnen wohl meine Visitenkarre geben?”
„Unwissen ist die einzige Tragödie des Daseins. Es gibt keine andere.“ – „Alles wirkt individuell“ sagte ein Skeptiker und trank statt Kaiserbrunn-Gebirgsquellwasser Schwefelsäure.“ Peter Altenberg, Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906, S. 33, 35.