Geht bestimmt anderen auch so. In Unterkünften zur Miete wird einem häufig ein reichhaltiges Angebot an CDs (mittlerweile davon weniger), Schallplatten (ganz selten) und natürlich Büchern bereitgestellt zum vergnüglichen Höreb und Lesen. Oder weil einem Langeweile ja nicht zugemutet werden will. Was ja Quatsch ist. Ich kenne eigentlich niemanden, der darauf vertrauen würde, er fände in der Bibliothek am Urlaubsort die Literatur, die er endlich mal lesen wollte. Von den meisten meiner Bekannten weiß ich, dass sie, wenn sie im Urlaub etwas lesen wollen, sich ein bis fünf Bücher mitnehmen. Das machte ich eigentlich auch immer: Sah aber ziemlich öde aus nach den Bänden: „Kunst und Krise“, „Kapitalismus und Krise“, „Klima und Krise“, „Kultur und Krise“, „Krieg und Krise“ oder „Kaffee und Krise“. Zur Not ein Lyrikbändchen aus der Reclamwelt mit einem Klassiker wie Ernst Jandls „Laut & Luise“.
Doch, isso.
Nein, aber insgeheim erhoffe ich mir dann doch genau eher das: In einer Urlaubsbibliothek die Literatur finden, die mich überraschen würde. Tatsächlich ist mir das einmal auch wirklich passiert. Im Gästezimmer einer meiner Tanten habe ich „Die Blumen des Bösen“ gefunden. Einmal hatte ich auch eine interessante Ausgabe von Bert Brechts Kriegsfibel (oder zumindest späte Gedichte?) war es wohl und wunderbar illustriert.
Hier jetzt vor Ort ist nichts von Bedeutung. Standardausstattung, inklusive Readers Digest. Ein paar Krimis, ein paar amouröse Romane. Aber nicht diese Scheinriesen-Romane in Scheinschweineleder für die Scheinschweineleser. Doch eigentlich kann ich das gar nicht beurteilen, weil ich die Bücher zugleich alle ja gar nicht kenne, beziehungsweise also nicht gelesen habe.
MOOOMENT …
Quer liegt ein Verlagsprodukt vom Aufbau-Verlag von 1965 im Regal. Franz Werfel: Der Abituriententag. Kenn‘ ich aber auch rein gar nicht. Werfel hatte ich bislang nur ein einzige Mal auf dem Schirm, da aber extrem mit seinem Stern der Ungeborenen – auch im Urlaub gelesen. Interessant, es ist eine Lizenzausgabe aus dem Westen, die nicht in Westberlin (!) und in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben werden darf.
Und sonst:
- Herr Lünenbürger-Reidenbach macht sich auf „Haltungsturnen“ Gedanken über feuchte Senken und über einen Angriff der Gülle-RAF auf einen, eigentlich ja den Vizekanzler vor Schlüttsiel.
- In der HörBar der nmz geht es in dieser Woche und seiner 106. Ausgabe um Fantasien. Aktuell hat Michael Kube eine Doppel-CD von Igor Levit im akustischen Visier.
Von Facebook hervorgespült aus der Zeit von vor sechs Jahren: „Realitätssalon. Tausend Dinge, die interessanter sind als tausend andere Dinge, die interessanter sein wollen als sie tatsächlich sind.“