Seit gestern abend kann die sogenannte Novemberhilfe beantragt werden. Ein bisschen Geduld wird man da wohl mitbringen müssen beim Antragstellen. Dafür kann man sich in der Zwischenzeit die Modalitäten in aller Ruhe durchlesen. Ob die Novemberhilfe also fruchtet, hängt davon ab, ob sie bei den richtigen ankommt und dort genügend Restwirkung entfalten kann.
Mir persönlich kam sie als etwas schwach an. Besser als nichts, sicher. Aber als Kompensationsleistung im Gesamtzusammenhang doch etwas dürftig. Nun ist es das eine, dass derartige Nothilfen einerseits kein Wunschkonzert sind, andererseits aber die Gesellschaft schon verpflichtet sein sollte, denjenigen, die ohne Not in Not kommen, soweit solidarisch zur Seite zu stehen, dass diese Personen in erträglicher Weise durch diese Zeit kommen.
Das dazu von Grafikern entworfene Sinnbild halte ich für misslungen. Es scheint eher das Scheitern einer Überbrückunghilfe zu zu illustrieren. Wie bitte und wo soll dieses Puizzelsteinchen seinen Halt finden. So, wie es gehalten wird, symbolisiert es eher ein Durchrutschen in den Abgrund. Und kippt man es, kann man nur hoffen, das die Reibung an den Kontaktstellen stark genug ist, dass es die mit Aktenkoffer Darüberlaufenden genügend hält.
Auch die Frage, wird das Puzzlesteinchen wohl rechtzeitig gekippt und eingefügt werden, bereitet Kopfzerbrechen. Die Person scheint doch ein gewisses Tempo vorzulegen oder ist eine gute Pantomime. Selbst die große Hand, die das Puzzelteil wohl halten und zu manövrieren gedenkt, gibt Rätsel auf und weckt Assoziationen in Richtung Vater Staat, wo doch Mutter Solidarität gefragt wäre.
Denn meines Erachtens geht es hier doch um etwas wesentlich anderes: den großen Zusammenhalt, nicht um Almosen. Vielleicht ist das aber auch falsch gedacht. Wahrscheinlich ist es das sogar. Die Pandemie zeigt gerade überdeutlich auf, wo es im Kontext von Gesellschaft und Kultur hakelt. Was man bisher hinter wohlfeilen Worten (DIE KULTUR, DIE KULTUR) verbarg, ist, dass ihr Gefüge im Geflecht weniger präzise sich bestimmen lässt, als man sich das in derlei akuten Situationen eigentliche wünschen würde. Das ist aber wohl auch nicht anders zu haben, wenn man DIE KULTUR nicht zum Staatszweck machen möchte. Irgendwo hangelt sie sich zwischen unendlicher Freiheit und unendlicher Hilflosigkeit durchs Geflecht der gesellschaftlichen Beziehungen.
Dass man jetzt DIE KULTUR aus dem Bereich der Freizeit und des Vergnügens herauskoppeln möchte, spricht Bände. Versteckspielen im Kunsttempel auf der einen Seite und auf der anderen die Furcht, die Überbrückungshilfe erweise sich späterhin in Wirklichkeit als Unterdrückungshilfe – als untilgbare Dauerschuld, als Mildgabe oder Almosen. Oder als Entlastungzahlung von anderer Seite. “Hier, Dein Korn. Nun gib’ halt Ruhe.”
Das wäre ebenso fatal.