Die SPD ist auf dem absteigenden Ast. Vorläufig. Denn natürlich kennt niemand die Zukunft. Dass die SPD aber vieles dafür tut, dass sie dann auch noch an dem Ast sägt, auf dem sie sitzt, das erstaunt die eine oder andere dann doch. Vielleicht. Außer in der SPD selbst.
Denn die SPD probiert sich mal wieder scheinbar als Arbeiterinnenpartei. So stellt sie sich aktuell vehement auf gegen Gedanken zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Das kann man machen, warum auch nicht, denn die FDP tut dies ja auch. Gleichwohl ist die Argumentation, die beispielsweise der Hinterbänkler Karl Lauterbach zur Unterstützung seiner Parteivorsitzenden Andrea Nahles auffährt, absurd. Auf Twitter lässt er verlauten:
„Wenn die Grünen bedingungsloses Grundeinkommen fordern heißt dies dass ein schlecht qualifizierter Arbeiter dem studierten freiwillig bescheidenen lebenden Romanschriftsteller das Leben finanzieren müsste. Denn dieser wäre bedürftig. Das kann nicht gerecht sein. Wolkiger Unsinn“1https://twitter.com/Karl_Lauterbach/status/1079512575522553856
Wir sind natürlich nicht informiert über das meteorologische Fachwissen dieses SPD-Mitglieds, aber nach diesem „Text“ wissen wir:
- Der Mann arge Probleme mit der deutschen Grammatik hat
- Die SPD die GRÜNEN als aktuellen Gegner in der Gunst um ihre Wählerinnen auserkoren hat
- Dass es nicht gerecht sein kann, wenn Bedürftige finanziell gefördert werden.
Insbesondere Punkt drei lässt einen ziemlich irritiert zurück. Denn in dieser Gesellschaft gibt es natürlich viele Bedürftige, die sowohl von „schlecht qualifizierten Arbeiterinnen“ als auch von „studierten freiwillig bescheidenen lebenden Romanschriftsteller“innen finanziert werden. Kinder, Alte, Politikerinnen, Studierende, Soldatinnen, Professorinnen … Diese sind dummerweise ja alle gar nicht so sehr „Arbeitende“ wie sie sich Lauterbach wünscht.
Dass er dabei gerade jetzt aber als Gegner die Romanschriftstellerinnen ausgemacht hat, ist nicht ohne Witz. Denn kulturell tätige Menschen sind ja eben überflüssig für das Gemeinwohl. Wer in dieser Richtung tätig ist, darf dies wohl als ehrenamtliche Tätigkeit ausüben oder sollte wenigstens Bestseller verfassen.
Es heißt ja, dass die SPD alles auf die Spielkarte „Gerechtigkeit“ setze, hier zeigt sie abermals, dass sie mit dieser Karte nicht ziehen kann, sie, im Gegenteil, verlorengibt. Denn Kranführer Lauterbach bezieht sich auf einen Satz, den Andrea Nahles gesagt haben soll: „Die SPD steht für eine Recht auf Arbeit – und nicht für bezahltes Nichtstun.“ Parallele gefunden: Die Romanschriftstellerin von Karl steht für die Tätigkeit des „bezahlten Nichtstuns“. Denn es gibt eben kein Recht auf das Schreiben von Romanen, weil dies ja keine Arbeit ist.
Solange aber die SPD unter Arbeit nur „Lohnarbeit“ versteht, versteht sie sich eben als Sklavenhändlerin, der Pflegetätigkeiten, kulturelle Beiträge, ja einfache Menschenliebe als überflüssige bis lästige Tätigkeiten erscheinen müssen. In dieser SPD-Welt des Gerechtigkeitsverständnis verliert der Gedanke der Solidarität seinen Halt. Das macht die SPD endgültig zu einer kalten Partei, die ihren Platz an der Seite der FDP zu suchen scheint.
Wenn man nicht schon sowieso aus der SPD ausgetreten wäre, wäre es jetzt ein guter Zeitpunkt dies zu tun. Schon aus Treue zu ihrem Motto, dass die SPD nicht für bezahltes Nichtstun einstehe.
PS: Was hat das mit Thilo Sarrazin (SPD) zu tun. Nun, er bietet sich langsam aber sicher als Kanzlerinkandidatin für die nächste Wahl an. Statt ihn aus der Partei zu werfen, sollten sie ihn krönen. Leid tut es mir für die ganzen SPDlerinnen, die auf kommunale Ebene oder in vielen ehrenhaften Engagements, auch im Bereich der Kultur, durch derlei Einlassungen düpiert werden.
Fussnoten:
- 1https://twitter.com/Karl_Lauterbach/status/1079512575522553856