Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gilt eigentlich, dass er sich für Dinge verantwortlich zeigen soll, die im allgemeinen Veröffentlichungsleben keine große Rolle spielen. Er hat Bildungs-, Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse zu berücksichtigen. Er soll dabei einigermaßen neutral sein, was nicht heißt, es möge nicht Position beziehen. Aber er soll soweit wie möglich staatsfern operieren und überparteilich sein.
In den Telemedienkonzepte stellen die Anstalten vor, was sie machen und warum sie es machen. In der Wikipedia ist dazu ausgeführt:
Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind nur zulässig, wenn sie einen sendungsbezogenen Inhalt haben (zu den Einzelheiten vgl. § 11 d RStV). Unter sendungsbezogenen Telemedien sind dabei Angebote zu verstehen, die der Aufbereitung von Inhalten aus einer konkreten Sendung einschließlich Hintergrundinformationen dienen, soweit auf für die jeweilige Sendung genutzte Materialien und Quellen zurückgegriffen wird und diese Angebote thematisch und inhaltlich die Sendung unterstützend vertiefen und begleiten (vgl. § 2 Absatz 2 Nr. 19 RStV).
[Quelle Wikipedia]
Wie immer bei Gesetzen: Sie sind präzise und ungenau genug, so dass man sie immer wieder auslegen muss. Nehmen wir ein Beispiel. Der Bayerische Rundfunk hat bei der Klassikwelle sein Internetangebot renoviert. Dabei tauchen nun auch Elemente auf, die diesem Prinzip nicht so ganz zu folgen scheinen. Zum Beispiel eine Reihe zum Jazz. Da erklärt Helge Schneider in kleinen Videos den Jazz. Da fragt man sich, wo ist bei diesem Angebot Sendungsbezogenheit geboten. Weder in den Fernsehprogrammen noch im Rundfunk spiegelt sich Helge Schneiders Reihe wieder. Jedenfalls habe ich da nichts gefunden. Es geht, siehe Zitat, um konkrete Sendungen, für die dieses Material dient (Hintergrund wovon sind also diese Videos?).
Für die Prüfung, ob so etwas gestattet ist, ist nun wieder eine Institution zuständig, der Rundfunk- oder Fernsehrat. Der soll ja angeblich frei sein (worüber man trefflich streiten kann). Präzise geht der Test so, siehe Wikipedia:
Das Online-Angebot wird im Rahmen des Drei-Stufen-Tests gem. § 11 f Abs. 4 RStV daraufhin geprüft,
1. Stufe: ob es den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht,
2. Stufe: in welchem Umfang es in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt und
3. Stufe: welcher finanzielle Aufwand hierfür erforderlich ist.
Der Drei-Stufen-Test ist vom jeweiligen Gremium der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt (Rundfunk-, Fernseh- oder Hörfunkrat) durchzuführen.
Diesem Verfahren müssen neue oder veränderte Online-Angebote der Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten unterzogen werden.
[Quelle Wikipedia]
Da würde mich sehr interessieren, wie dieses Angebot bei BR-Klassik also bewertet worden ist. Theoretisch müsste es dazu ja Angaben geben. So wie sich mir das aus der Ferne darstellt, sieht es ja genau danach aus, dass der finanzielle Aufwand, der da unzweifelhaft nötig ist, an anderen Stellen dann eben fehlt. Anlässlich der Absetzung des Musikmagazins “taktlos” haben Meret Forster und Oswald Beaujean geschrieben:
„Wie bisher jedoch auch im Radio alles weiterzuführen, ist bei eingefrorenen Programmetats weder personell noch finanziell möglich.“
[Quelle: Sperrsitz der nmz]
Und zugleich wird die Bedeutung des Netzes hochgesetzt:
„Seit 1998 hat sich jedoch im Zuge der zunehmenden Digitalisierung die Bedeutung verschiedener Ausspielwege sehr verändert. Darauf reagiert auch BR-KLASSIK mit einem umfassenden Klassikportal, das künftig noch weiter ausgebaut werden wird.“
[Quelle: Sperrsitz der nmz]
Das eine Produkt wird abgebaut, damit das andere aufgebaut werden kann. Das aber widerspricht doch der Logik des Telemediengesetzes. Der Ausbau des Netzangebotes kann nur gehen, wenn damit auch Sendungen geschaffen werden, auf die die Netzaktivität bezogen ist. Oder? Das eine darf schon strategisch-logisch nicht ohne das andere gehen.
Ein fetter Fragenkatalog ist an den BR unterwegs und soll angeblich in dieser Woche noch beantwortet werden.