Werbung soll wirken. Und für eine Sache werben. Werbung wirkt manchmal aber unfreiwillig komisch, wenn sie im Zusammenhang mit anderer Werbung werben soll. Das gibt es in zeitlicher Folge, wie im Radio, beim Film oder beim Fernsehen, oder auch simultan, wie zum Beispiel bei Plakatwerbung. In Zeitschriften oder Zeitungen gibt man sich Mühe, sich gegenseitig behindernde Anzeigen nicht im Zusammenhang zu bringen. Bei Plakatwerbung geht das nicht immer.
Wir erinnern uns an die verrückte Plakataktion der Berliner Philharmoniker, neben der alles andere in der Nähe verblassen musste.
Bei der Aktion zu Young Euro Classic landete man allerdings irgendwo im Blassen, fast eher noch Sterilen. Hell, verknotet mit den Schriftzeichen, wirkt die Einweißung des gesamten Gegenstandsensembles nur wie eine Entfärbung einer eigentlich bunten Veranstaltung ohne dabei monochrome Schönheit zu erzeugen. So kitschig eben wie Udo Jürgens weißer Flügel. Distanz wird erzeugt. Ein Distanz, die das Auge direkt auf die nebenstehende Anzeige blicken lässt. Food-Fotografie ist ja auch nicht einfach. Schnell kommt es mal zu Würgereizen.
Der Dönerteller Versace ist natürlich auch unangenehm. Das Essen, freigestellt vor einem orangenen Fond, wirkt klinisch geschönt und zugleich „geschmacklos“. Man möchte da das Essen aber doch eher befreien als die Instrumente auf dem Plakat daneben.
Schnecke an Stammhirn
Da hilft auch nicht der dynamisch in den Raum ragende Zug der Posaune. Wenn man sich die Sache genauer anschaut, fällt einem auf, dass eine Art Körper stilisiert werden sollte. Die Kombination aus Kopfhörer und Brille (rechts oben) passt auf einen nicht vorhandenen Kopf – oder man nimmt das “o” aus EURO als Kopfersatz.
Die Schnecke des Streichinstruments endet dann in etwa im Stammhirn. Die Saiten (Nerven) auf dem Griffbrett (Rückgrat), völlig ungeschützt. Handwerklich ist das ganz gut gemacht mit den Transparenzen hinter der Brille. Dennoch wirkt das gesamte Ensemble mehr gewollt als gekonnt. Natürlich spielt das auch mit der Lebenswelt der Jetztzeit: Die Kopfhörer, übrigens ein Menetekel der Musik(plakat)werbung, lehnen sich optisch an die „BEATS“-Schalldruckerzeuger an, die neulich erst eine große Computer/Software/Geräte/Download/Streaming-Firma schluckte. Die Kopfhörer stehen nicht zwingend für Qualität, aber für Mode. Statt mit einem b sind sie mit einem x, genauer mit einem Kreuz × gekennzeichnet. Das lässt viele Spekulationen zu. Es ist ja auch kein ✚ und mindestens kein –. Alles ein bisschen wie Käsekästchen spielen. Oder? Grafisch gibt es leider auch ein Problem: So schön das „O“ auch eingebunden wurde, es hat keine Substanz, keine Tiefe, es ist im Rahmen des Plastischen einfach nur platt. Und alles riecht nach Plastik. Deshalb kommt bei der Gegen(über)position des Dönertellers dieser auch besser weg. Er erweckt den Anschein, weniger künstlich zu sein.
Künstlichkeit aber ist nicht sofort schon von daher Kunst!
Was kann in diesem Zusammenhang der Kopfhörer-Anschluss nur bedeuten: Klinke. Okay, da steckt das Wort “klink” drin, das wie “kling” klingt. Aber echt mal, welche Funktion kann so etwas an dieser Stelle nur haben? Ein Bild voller Rätsel, wenn man sich einmal da hineinbegibt. Rätsel schon, aber eben zugleich dessen Lösung.
Übrigens ist in dem Bild irgendwo eine Triangel versteckt. 🙂