22. November 2024 Alles muss raus!

Spy, spy, spotispy! Das musikalische Elend der amerikanischen Elite

Durch die große Durchdringung des Musikstreamingdienstes „Spotify“ im amerikanischen Haushalt, natürlich insbesondere bei Studenten, kann man sich durch deren statistische Ergebnisse einige Rückschlüsse über das musikalische Konsumverhalten der dortigen alten Jugend erlauben. Genau das hat „Spotify“ jetzt gemacht. How students listen? (Mit den Ohren und dem großen grauen Teil dazwischen, nehme ich an, oder?)

Natürlich spielen Pop, Dance, Hiphop, r&b und Rock die fetteste Rolle im Hörbewusstsein dieser Studenten. Aber ein paar kleine Dinge fallen auf. So sind an der Cornell University besondere Hörvorlieben festzustellen.

Goldberg an der Uni
Goldberg an der Uni

Im Vergleich zu Studenten anderer ausgewerteter Unis hören die Johann Sebastian Bach. Und zwar die Goldberg-Variationen in einer Version für Bläserquintett (hallo Kulturkolibri, wie siehts aus mit blechimpuls.de), da geht doch was.Da Musik schon eine besondere Bedeutung im Leben der Studenten hat, kann so etwas ankommen, wenn die insbesondere ein Konzert gegeben haben, was nachweislich der Fall ist. Die Berührung mit Musik, wenn sie berührt und die Meinungsführer berührt, kann dann mal so aufpoppen. Das niederländische Calefax Reed Quintett (knapp 4000 Facebook-Freunde) ist aber in der Tat kein Leichtgewicht. Unter deren Freunden finden sich Carola Bauckholt ebenso wie Erik Janson oder der Filmemacher Uli Aumüller.

Interessant auch die Ohio State University. Bei ihr findet sich der größte Anteil der Hörer, die es zur sogenannten klassischen Musik zieht: nämlich 0,5% gegenüber 0,05% im Durchschnitt der ausgewerteten Unis.

Anteil der klassischen Musik bei der Ohio Uni.
Anteil der klassischen Musik bei der Ohio Uni.

10 Mal so viel! Das ist enorm (aber ganz erstaunlich auch die Lage des Jazz! Himmel, dass der überhaupt noch eine Chance hat; und das im Land, das ihn entwickelt und herausgebildet hat: letzter Platz in New York Uni und San Franciscos Ex-Revoluzzer-Herberge in Berkeley). Ein Blick in die besonders gerne gehörten Künstler im Vergleich zu anderen Uni gibt Aufschluss:

Ohio Künstler
Ohio Künstler

Hier kommt der musikalische Kleidersack Jean-Yves Thibaudet (aber doch nur 3088 Facebook-Likes) zum Vorschein. Ein Künstler, der in Europa trotz seines tollen Namens nicht so ganz in der vordersten Reihe spielt. Aber sein Repertoire ist gemäßigt romantisch/modern (Satie, Gershwin) und, vor allem, mit Filmmusik gespickt. Bekanntermaßen ein Lockstoff der besonderen Art, wie zahlreiche Musikpädagogen an Schulen werden bestätigen können.

Resumé

Methodisch zeigt aber die Spotify-Auswertung, dass sie in Wirklichkeit nur auf die große Distanz Antworten gibt, die man aber komischerweise irgendwie selber wusste. Und dass es kleine temporäre Ausreißer gibt. Aber nun hat man sie eben rot auf schwarz.

Insgesamt ist das Ergebnis aber sowohl beruhigend wie traurig. Es zeigt a) dass die amerikanischen Studenten doch recht vorhersagbar hören und b) dass Genres wie Klassische Musik, Jazz und Metal irgendwie ziemlich irrelevant sind für den wissenschaftlichen Nachwuchs und die kommenden Eliten in den USA. Das mag sich irgendwann beim Älterwerden ändern, vielleicht aber auch nicht. So what?

Und c) falls man es vorher nicht sowieso wusste, diese Streamingdienste können sortieren und ihre Daten auswerten und tun dies mit Sicherheit auch. Der Kunde interessiert nicht als Individuum mit entwickelbaren Vorlieben sondern als Ort der Umwertung von „Kunst“ in „Geldwert“. Ab und zu werden mal ein paar Info-Perlen ins Volk geworfen. Die Erkenntnisse sind nicht extrem überraschend und natürlich vollkommen begrenzt aussagekräftig, weil man die ganzen Untersuchungsdaten im Detail nicht kennt. Darauf würde ich als jetzt nicht meine Kirche bauen.

Und wenn schon solche Daten, dann wünschte ich mir die auch mal von den Musikinstituten, da bin ich nämlich einigermaßen unsicher, was die in ihrer Freizeit hören. Fürs Fernsehen sagen sie immer, man höre auch Pop und Co. Aber stimmt das wirklich?

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2 Kommentare

  1. Oha, ein Repertoiretipp/Bildungsauftrag! Also eigtl machen wir es bei blechimpuls ja nicht unter einer Sinfonie oder ‘nem Solokonzert. So läppisches angestaubtes Rumgedüdel wäre für uns tatsächlich was neues (abgesehen von Raumexperimenten mit Bach-Kontrapunktus) … und sicherlich auch eine tolle Herausforderung!

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