Gestern war der Start der Festspiele in Bayreuth mit dem Tannhäuser. Live zu hören auf BR-Klassik. Und ein bisserl hat auch der moderne Zuhörer seinen Platz gefunden. Es wird gewittert, was das Smartphone hergibt. Zum Beispiel Castorf, der sich über das Stadttheater beklagende Regisseur und Intendant der Volksbühne am Rosa-Luxemburgplatz in Berlin. Hier also im Gespräch. [Danke an die gesamte Twitterschar vor Ort!]
#Castorf talks to press outside #Festspielhaus #Bayreuth2014 #Tannhäuser pic.twitter.com/A5a4LGx9C7
— Simon Morgan @SPMorgan.bsky.social (@SP_Morgan) July 25, 2014
Man sieht: Die Propeller sind wieder unterwegs. Der Propeller gehört zur Hochkultur wie das Tatoo zum Privatfernsehen.
Und während ich das noch schreibe gibt es eine Unterbrechung beim Tannhäuser. Das Publikum muss den Saal verlassen. Hier ein Bild von vor der Panne.
tannhäuser in bayreuth. habe überraschend einladung gekriegt 1 pic.twitter.com/WWU1At89ud
— Martin Schima (@zeitfuerschima) July 25, 2014
Technische Probleme! Hä? Der Grund sind die vielen Twitterer!
https://twitter.com/tkrooss/status/492677768006889474
Und so steht man eben wieder draußen im regen … Sonnenschein.
#Bayreuth Festival audiemces get unplanned break after just 30 minutes due to problems with stage. #Tannhäuset pic.twitter.com/AWIVF9NL2M
— Simon Morgan @SPMorgan.bsky.social (@SP_Morgan) July 25, 2014
Zurück zum Frack und Propeller. Wagner selbst hat mehrfach auf eine Frack-Erfahrung hingewiesen. Beim Hören von Gluck und dem damit einhersitzenden Publikum:
Unter uns gesagt, kann ich mir keine entstellendere Travestie eines dramatischen, namentlich tragischen Musikstückes denken, als wenn vom Konzertorchester herab von Leuten in Frack und Balltoilette, mit dem großen Blumenstrauße und der Stimme zwischen den Glacéhandschuhen, z.B. Orestes und Iphigenia ihre Todesschmerzen uns kundgeben. (Sämtliche Briefe: Bd. 6: Briefe Januar 1854 bis Februar 1855. Richard Wagner: Werke, Schriften und Briefe, S. 11626)
Und das rührt doch an die Frage, während man sich über Inszenierungen ein- und auslässt, alles immer wieder mal neu gelesen werden soll/muss/darf (im Zweifel historisch informiert), ist die Inszenierung des Publikums doch ziemlich eintönig. Bei den Männern allemal, bei den Frauen, naja, gehobene Kleiderständer. ich dachte ja wirklich, in den Schriften Wagners würde sich da was Ergiebiges finden. Aber die Kleiderfrage ist in der „Oper der Zukunft“ oder in „Oper & Drama“ kein Thema, soweit ich weiß. Lasse mich aber gerne in Kommentaren dazu belehren. Das wirkliche Problem hat ein Fotograf der US-Botschaft in Leipzig an die NSA geschickt. Sorry, Jungs, aber das haben wir bei der NMZ abfangen können.
RT @usbotschaft: JBE: with Bavarian Minister President Seehofer at opening of Bayreuth Festival. pic.twitter.com/tFm0cfAIbH
— US Consulate Leipzig (@USConsLeipzig) July 25, 2014
Lassen wir Wagner mal im Grab oder im Dorfe und holen einen anderen hervor. Glücklich darf wohl sein, wer sich auf der Insel in Cardiff (Wales) aufhält, der kann an der Welsh Opera Schoenbergs „Moses und Aron“ ansehen. Niemand geringeres als Arnold Schoenberg selbst weist darauf hin.
July 25: Schoenberg's Moses und Aron – Welsh National Opera http://t.co/FLC2e7D1xI
— Arnold Schönberg Center (@ascschoenberg) July 25, 2014
Und hier der Ausschnitt dazu:
PS: Ein letztes Bonmot zum Thema (Regie)Theater in Breireuth von der Musikwissenschaftlerin Eva Rieger, gesagt im DeutschlandRadio über die Inszenierungskunst Frank Castorfs:
„Ich kann ein Beispiel nennen, im dritten Akt der Oper “Siegfried”, die ist ja im “Ring” enthalten, treffen sich die beiden Liebenden endlich und Brünhilde und Siegfried werden von einer herrlichen, leidenschaftlich aufwallenden Musik begleitet, die zum Schönsten gehört, was man sich denken kann. Stattdessen inszeniert Castorf zwei Menschen, die Spaghetti essen, zwei Krokodile kopulieren nebenher.“ (Quelle: DeutschlandRadio, “Verballhornung des Publikums”)
Das ist eben Theater. Wenn man wüsste, wie es ginge, bräuchte man es nicht.
UPDATE: Unser nmz-Autor PPP hat den Abend überlebt und schreibt dazu ein bisschen was.