Der Deutsche Kulturrat will in Sachen Urheberrecht eine gute Figur machen. Kultur lebt ja auch von vielen Urhebern. Aber wovon leben die Urheber: Von der Kultur ihrer Vertreter? Das kann es wohl nicht sein. Sonst wären die Urheber noch ärmer. Ein trauriges Kapitel kultureller Autokannibalisierung.
Viele meinen es mit den Urhebern gut. Sagen sie jedenfalls. Deshalb unternehmen sie es, sich für Urheberrechte stark zu machen. Zum Beispiel der Deutsche Kulturrat. Der will Zeichen setzen lassen und hat einen Aufruf gestartet für ein starkes Urheberrecht. Darin kann man lesen:
“Für eine Gesellschaft, die einen wachsenden Teil der Wertschöpfung aus kulturellen und kreativen Produkten und Dienstleistungen gewinnt, ist ein funktionierendes Urheberrecht zur Weiterentwicklung der kulturellen Vielfalt unabdingbar. … Für hunderttausende von Kulturschaffenden in unserem Land und darüber hinaus für einen ganzen Wirtschaftszweig ist aber die Sicherung des Urheberrechts eine existenzielle Frage.”
Weil man ja als Urheber davon auch irgendwie zum Teil wenigstens leben möchte. Existentiell. Wie hat man sich das vorzustellen? Jedenfalls so, dass die Organisation, die dazu aufruft, sich selbst dabei die Ohren nicht zuhält.
Ein Jahr zuvor hat derselbe Deutsche Kulturrat unter dem Motto: Kulturelle Vielfalt in 30 Sekunden, Menschen dazu eingeladen, in einem Halbminüter sich mit ihrer Ansicht von Kultur zu äußern. Die Teilnahmebedingungen sehen freilich gar nicht zu urheberfreundlich aus. Nutzungsrechte müssen dem Kulturrat umfassend eingeräumt werden und vor allem unentgeltlich:
“Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer übertragen dem Deutschen Kulturrat unentgeltlich nicht exklusiv die räumlich und zeitlich uneingeschränkten Nutzungsrechte an den eingereichten Filmen zur Veröffentlichung, insbesondere im Internet sowie auf DVD.”
Außerdem müssen sie zustimmen, dass die Filme auf YouTube veröffentlicht werden. Welche Rechte sich YouTube zugleich nimmt?
“10.1 Indem Sie Nutzerübermittlungen bei YouTube hochladen oder posten, räumen Sie (…) YouTube eine weltweite, nicht-exklusive und gebührenfreie Lizenz ein (mit dem Recht der Unterlizenzierung) bezüglich der Nutzung, der Reproduktion, dem Vertrieb, der Herstellung derivativer Werke, der Ausstellung und der Aufführung der Nutzerübermittlung im Zusammenhang mit dem Zur-Verfügung-Stellen der Dienste und anderweitig im Zusammenhang mit dem Zur-Verfügung-Stellen der Webseite und YouTubes Geschäften, einschließlich, aber ohne Beschränkung auf Werbung für und den Weitervertrieb der ganzen oder von Teilen der Webseite (und auf ihr basierender derivativer Werke) in gleich welchem Medienformat und gleich über welche Verbreitungswege …”
Jetzt darf man sich fragen: Ist das fair? Ist das Ausdruck eines starken Urheberrechts und einer Stärkung der Urheber? Mein Gefühl sagt mir: Nein, das ist es nicht. Es ist auch hintenrum.
Natürlich wissen wir alle, dass sich engagierte Kunstmenschen den Arsch aufreißen, damit es bloß der Kultur besser gehe. Und wenn es für umme ist. Niemand ist ja auch gezwungen worden, sich zu beteiligen. Wer nicht will, der hat schon.
Man kann natürlich auch sagen: Die Sache ist im Sande verlaufen, es hat sich sowieso niemand dafür richtig interessiert. Die Beiträge sind einigermaßen erschütternd dürftig. Mit einer Ausnahme.
Aber es geht ja auch um die Sache. Wie sehr kann man jemandem vertrauen, der sich für Urheber einsetzen will, es aber selbst nicht gegenüber seinen Urhebern tut. Angemessene Vergütung und so.