Irgendwie ist diese ganze Entwicklung in der Urheberrechtsgesetzgebung nicht mehr mein Thema. Dennoch scheint es doch nötig, ab und zu ein paar Bemerkungen dazu zu machen.
Wenn mich nicht alles täuscht, ist gerade am letzten Freitag in dritter Lesung die Umsetzung einer EU-Richlinie verabschiedet worden. Danach sollen Abmahngebühren im Fall von bei Urheberrechtsvergehen gedeckelt werden. Das meint, es gibt da eine Obergrenze für derartige Gebühren und die liegt bei 100 Euro, in einer früheren Version des Gesetzesentwurfs waren (nur) 50 Euro vorgesehen.
Anwälte können in einfach gelagerten Fällen erstmaliger privater Rechtsverletzung nur noch einen Betrag von 100 Euro ansetzen. Gleichzeitig stellt die Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses nun klar, in welchen konkreten Fällen eine einfach gelagerte Rechtsverletzung anzunehmen ist.
Quelle: KIZ
Heißt das also, Freude zeigen?
Ja und Nein. Diese Deckelung greift nur im Fall eines Verstoßes im nicht gewerblichen Ausmaß (zuvor geschäftlichen Umfang). Das ist, wie ich jetzt weiß, ein feiner Unterschied, der ums Ganze geht. Also im Zentrum steht nicht in erster Linie das Vorhaben, mit diesen Verstößen ein Geschäft zu machen, sondern so zu handeln, als täte man das gewerbsmäßig. Und das gibt schön was her für Interpretationen des Sachverhalts. Man meint, das allerdings im Griff zu haben.
Das bedeutet, dass dieser Anspruch auch für den Bereich der illegalen Tauschbörsen Anwendung findet, der ansonsten außen vor geblieben wären, da grundsätzlich ohne Gewinnerzielungsabsicht gehandelt wird. Gleichzeitig ist das gewerbliche Ausmaß im Gesetz näher definiert worden. Damit wird klargestellt, dass die Gewerblichkeit nicht nur ein quantitatives Element hat, sondern auch auf die Intensität und Qualität der Schädigung abstellt. Wenn also eine Person ein komplettes Musikalbum oder einen Film vor oder kurz nach seiner Veröffentlichung zum Download bereitstellt, greift der Auskunftsanspruch auch.
Quelle: KIZ
An sich ist dies jetzt eine gute Sache, weil man hoffen darf, dass nicht mehr von Pornofilmen bis zu Konzertmitschnitten alles über einen Kamm geschoren wird und die Staatsanwaltschaften nicht solchen Sachen zugeballert werden. Was der Musikindustrie Recht war, war es am Ende auch dem schnödesten Filmverleiher. Allerdings sollte man auch die simple Tatsache nicht verschweigen, dass fast überall ein eventuell notwendiger Lizenzerwerb fehlte. Das was nach geltenden Vorschriften normalerweise eben nicht okay von diesen Nutzern.
Aber das alles ging nicht, ohne zugleich eine Kröte schlucken zu müssen. Der Auskunftsanspruch gegenüber Internetprovidern soll, so habe ich es verstanden, nicht mehr nur über den Weg einer Strafanzeige funktionieren.
Das hat immer die zwei Seiten. Da stehen Datenschutz und Überforderung von Staatsanwaltschaft gegen Ahndung von Delikten, die das Urheberrecht eben so definiert hat.
Äußerst unzufrieden zeigt sich die neuerdings zu “der” Urhebergewerkschaft sich selbst hochstilisierende Vereinigung ver.di:
Mit solchen “Verschlimmbesserungen” würde man dem Ziel und dem Auftrag, der sich aus der EU-Richtlinie ergibt, nicht gerecht, kritisiert die Urhebergewerkschaft. “Nach dem Gesetzentwurf lohnt sich Diebstahl geistigen Eigentums wieder”, sagte der ver.di-Vize. Denn wer dabei ertappt würde, zahle lediglich den regulären Preis. Nicht aufgedeckte Rechtsverletzungen seien gratis. Ignoriert würde die alte Forderung von Urheberorganisationen, bei Verletzungen mehr als nur die übliche Lizenzgebühr als Entschädigung vorzusehen.
Newsletter von ver.di vom 10. April 2008
Und sie greift danach sogleich ins Klo, wenn sie plötzlich gegen unterschiedliche Formen des Datenschutzes anhand der Politiker so vorgeht:
“Jetzt entdeckt”, so Werneke, “sogar mancher Oppositionspolitiker, der noch für den großen Lauschangriff gestimmt hat, den Datenschutz wieder.” Einen Auskunftsanspruch gegen die Dienstanbieter im Internet soll es nur unter engen Voraussetzungen geben. Dass damit Rechtsverletzungen im Internet weithin sanktionslos bleiben, sei sicher kein Beitrag zum verbesserten Schutz des geistigen Eigentums, heißt es bei ver.di.
Newsletter von ver.di vom 10. April 2008
Will ver.di also im Kern den Lauschangriff auf dem Weg des Urheberschutzes legitimieren, denn das heißt es ja umgekehrt proportional gesehen.
Unglücklich scheint auch der Verband der Musikindustrie zu sein. Da bei wird eigentlich nur alles besser:
Stellvertretend für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels, den Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) und die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), erklärte Prof. Dieter Gorny, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie: „Urheber, Künstler und ihre Verwerter müssen von ihren Leistungen leben können. Wenn eine Dose Cola im Supermarkt mehr juristischen Schutz genießt als Musikalben, Spielfilme, Hörbücher oder Computerspiele im Internet, wird ihnen die Existenzgrundlage entzogen.“
Pressemitteilung des Bundesverbandes der Musikindustrie
Damit malt er den Teufel an die Wand, nagelt aber vergeblich nur einen weiteren Pudding an selbige. Aber auch hier beginnt natürlich der Kampf um die Deutungshoheit. Dose Cola gegen Schnappi? Oder Schnappi gegen Brahms? Oder, wäre zu fragen, wie lange müssen Urheber von ihren Leistungen auch noch nach ihrem Ableben leben können. Man sollte diese unsinnigen Vergleiche alle einmal zum Orkus hinauswerfen. Es geht nicht um Eigentum wie ein Haus oder wie eine Dose Cola oder wie ein paar Noten, gedruckt auf Papier. Wer sich in diese Vergleiche begibt, wird darin wie in einer Mausefalle das Genick sich brechen.
PS: Es macht kein Vergnügen, dieses Thema.
Irgendwie ist diese ganze Entwicklung in der Urheberrechtsgesetzgebung nicht mehr mein Thema. Dennoch scheint es doch nötig, ab und zu ein paar Bemerkungen dazu zu machen.
Wenn mich nicht alles täuscht, ist gerade am letzten Freitag in dritter Lesung die Umsetzung einer EU-Richlinie verabschiedet worden. Danach sollen Abmahngebühren im Fall von bei Urheberrechtsvergehen gedeckelt werden. Das meint, es gibt da eine Obergrenze für derartige Gebühren und die liegt bei 100 Euro, in einer früheren Version des Gesetzesentwurfs waren (nur) 50 Euro vorgesehen.
Anwälte können in einfach gelagerten Fällen erstmaliger privater Rechtsverletzung nur noch einen Betrag von 100 Euro ansetzen. Gleichzeitig stellt die Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses nun klar, in welchen konkreten Fällen eine einfach gelagerte Rechtsverletzung anzunehmen ist.
Quelle: KIZ
Heißt das also, Freude zeigen?
Ja und Nein. Diese Deckelung greift nur im Fall eines Verstoßes im nicht gewerblichen Ausmaß (zuvor geschäftlichen Umfang). Das ist, wie ich jetzt weiß, ein feiner Unterschied, der ums Ganze geht. Also im Zentrum steht nicht in erster Linie das Vorhaben, mit diesen Verstößen ein Geschäft zu machen, sondern so zu handeln, als täte man das gewerbsmäßig. Und das gibt schön was her für Interpretationen des Sachverhalts. Man meint, das allerdings im Griff zu haben.
Das bedeutet, dass dieser Anspruch auch für den Bereich der illegalen Tauschbörsen Anwendung findet, der ansonsten außen vor geblieben wären, da grundsätzlich ohne Gewinnerzielungsabsicht gehandelt wird. Gleichzeitig ist das gewerbliche Ausmaß im Gesetz näher definiert worden. Damit wird klargestellt, dass die Gewerblichkeit nicht nur ein quantitatives Element hat, sondern auch auf die Intensität und Qualität der Schädigung abstellt. Wenn also eine Person ein komplettes Musikalbum oder einen Film vor oder kurz nach seiner Veröffentlichung zum Download bereitstellt, greift der Auskunftsanspruch auch.
Quelle: KIZ
An sich ist dies jetzt eine gute Sache, weil man hoffen darf, dass nicht mehr von Pornofilmen bis zu Konzertmitschnitten alles über einen Kamm geschoren wird und die Staatsanwaltschaften nicht solchen Sachen zugeballert werden. Was der Musikindustrie Recht war, war es am Ende auch dem schnödesten Filmverleiher. Allerdings sollte man auch die simple Tatsache nicht verschweigen, dass fast überall ein eventuell notwendiger Lizenzerwerb fehlte. Das was nach geltenden Vorschriften normalerweise eben nicht okay von diesen Nutzern.
Aber das alles ging nicht, ohne zugleich eine Kröte schlucken zu müssen. Der Auskunftsanspruch gegenüber Internetprovidern soll, so habe ich es verstanden, nicht mehr nur über den Weg einer Strafanzeige funktionieren.
Das hat immer die zwei Seiten. Da stehen Datenschutz und Überforderung von Staatsanwaltschaft gegen Ahndung von Delikten, die das Urheberrecht eben so definiert hat.
Äußerst unzufrieden zeigt sich die neuerdings zu “der” Urhebergewerkschaft sich selbst hochstilisierende Vereinigung ver.di:
Mit solchen “Verschlimmbesserungen” würde man dem Ziel und dem Auftrag, der sich aus der EU-Richtlinie ergibt, nicht gerecht, kritisiert die Urhebergewerkschaft. “Nach dem Gesetzentwurf lohnt sich Diebstahl geistigen Eigentums wieder”, sagte der ver.di-Vize. Denn wer dabei ertappt würde, zahle lediglich den regulären Preis. Nicht aufgedeckte Rechtsverletzungen seien gratis. Ignoriert würde die alte Forderung von Urheberorganisationen, bei Verletzungen mehr als nur die übliche Lizenzgebühr als Entschädigung vorzusehen.
Newsletter von ver.di vom 10. April 2008
Und sie greift danach sogleich ins Klo, wenn sie plötzlich gegen unterschiedliche Formen des Datenschutzes anhand der Politiker so vorgeht:
“Jetzt entdeckt”, so Werneke, “sogar mancher Oppositionspolitiker, der noch für den großen Lauschangriff gestimmt hat, den Datenschutz wieder.” Einen Auskunftsanspruch gegen die Dienstanbieter im Internet soll es nur unter engen Voraussetzungen geben. Dass damit Rechtsverletzungen im Internet weithin sanktionslos bleiben, sei sicher kein Beitrag zum verbesserten Schutz des geistigen Eigentums, heißt es bei ver.di.
Newsletter von ver.di vom 10. April 2008
Will ver.di also im Kern den Lauschangriff auf dem Weg des Urheberschutzes legitimieren, denn das heißt es ja umgekehrt proportional gesehen.
Unglücklich scheint auch der Verband der Musikindustrie zu sein. Da bei wird eigentlich nur alles besser:
Stellvertretend für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels, den Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) und die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), erklärte Prof. Dieter Gorny, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie: „Urheber, Künstler und ihre Verwerter müssen von ihren Leistungen leben können. Wenn eine Dose Cola im Supermarkt mehr juristischen Schutz genießt als Musikalben, Spielfilme, Hörbücher oder Computerspiele im Internet, wird ihnen die Existenzgrundlage entzogen.“
Pressemitteilung des Bundesverbandes der Musikindustrie
Damit malt er den Teufel an die Wand, nagelt aber vergeblich nur einen weiteren Pudding an selbige. Aber auch hier beginnt natürlich der Kampf um die Deutungshoheit. Dose Cola gegen Schnappi? Oder Schnappi gegen Brahms? Oder, wäre zu fragen, wie lange müssen Urheber von ihren Leistungen auch noch nach ihrem Ableben leben können. Man sollte diese unsinnigen Vergleiche alle einmal zum Orkus hinauswerfen. Es geht nicht um Eigentum wie ein Haus oder wie eine Dose Cola oder wie ein paar Noten, gedruckt auf Papier. Wer sich in diese Vergleiche begibt, wird darin wie in einer Mausefalle das Genick sich brechen.
PS: Es macht kein Vergnügen, dieses Thema.