7. Januar 2025 Alles muss raus!

Sankara

Beeindruckendes Feature über Thomas Sankara im Deutschlandfunk gestern. Darin Ausschnitte seiner Rede von 1984, am Ende kommt er auf Novalis zu sprechen. Damit wohl eine Zukunft seines Landes andeutend.

Beeindruckendes Feature über Thomas Sankara im Deutschlandfunk gestern. Darin Ausschnitte seiner Rede von 1984, am Ende kommt er auf Novalis zu sprechen. Damit wohl eine Zukunft seines Landes andeutend. Er hat es so eingeleitet (zitiert aus dem Manuskript): “Ich bin hierher gekommen, um jeden von Ihnen zu fragen, wie wir gemeinsam unsere Anstrengungen verstärken können, damit dies traurige Schauspiel der verhungernden Kinder aufhört, damit die Dummheit verschwindet, damit die legitime Rebellion der Völker triumphiert, damit der Lärm der Waffen schweigt, und wir mit einem einzigen und demselben Willen für das Überleben der Humanität kämpfen, um endlich dahin zu gelangen, mit dem großen Dichter Novalis im Chor zu singen.”

Dann werden die Gestirne die Erde wieder besuchen, der sie gram geworden waren in jenen Zeiten der Verfinsterung; dann legt die Sonne ihren strengen Zepter nieder, und wird wieder Stern unter Sternen, und alle Geschlechter der Welt kommen dann nach langer Trennung wieder zusammen. Dann finden sich die alten verwaisten Familien, und jeder Tag sieht neue Begrüßungen, neue Umarmungen; dann kommen die ehemaligen Bewohner der Erde zu ihr zurück, in jedem Hügel regt sich neu erglimmende Asche, überall lodern Flammen des Lebens empor, alte Wohnstätten werden neu erbaut, alte Zeiten erneuert, und die Geschichte wird zum Traum einer unendlichen, unabsehlichen Gegenwart.
[Novalis: Die Lehrlinge zu Sais. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, S. 418684 (vgl. Novalis-HKA Bd. 1, S. 86-87) http://www.digitale-bibliothek.de/band125.htm ]

So eine Revolution. Bisher war mir Thomas Sankara nicht ein kleinster Begriff nur. Und so danke ich dem Deutschlandfunk dafür, dass er solche Sendungen im Programm hat, die einen immer wieder überraschen können.

kritische masse newsletter

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

8 Kommentare

  1. Gabs denn auch Antworten auf
    Gabs denn auch Antworten auf die Fragen des Herrn Sankara oder besteht die Revolution darin, überhaupt zu fragen?

  2. Die Frage kann man und muss
    Die Frage kann man und muss man stellen. Im Feature von Tita Gaehme werden dazu durchaus Angaben gemacht. Man kann es unter dem oben genannten Link nachlesen. Weil ich diese Leistungen aber für doch bedeutend und eindrucksvoll halte, übernehme ich einiges als Zitat hier:

    O-Ton Asche
    Sankara war ein Mann mit immenser politischer Phantasie und mit immenser politischer Mobilisierungsfähigkeit. Der Mann war ein Grüner bevor davon in Afrika die Rede war und er war ein Frauenbefreier, bevor davon in Afrika breiter die Rede war. Ökologie und Gender, auf diesen beiden Gebieten ist er ein geistiger Vorreiter gewesen und hat daraus eine breite Programmatik für sein Land gemacht, bevor das eigentlich überall sonst so rum war. Und das ist sicherlich eine bleibende auch intellektuelle Leistung, eine Leistung politischer Phantasie, von der Beschneidung, Brautpreisen, Zwangsheiraten, bis hin zu Frage der ungleichen Arbeitsverteilung auf dem Lande, wo man sich fragt, woher hatte der Mann das.

    O-Ton Ziegler
    Sankara hat den Walker, den amerikanischen Botschafterin Ouagadougou, aus seinem Büro geworfen, als ihm Walker gedroht hat. So ein Mann war Sankara, total in der Unabhängigkeit, total in der Würde und Souveränität, und im Moment wo er gestorben war, war dieses bitterarme Land Burkina autonom, war selbst versorgend, was die Grundnahrungsmittel, Hirse, Gemüse usw. angeht. Das hat er in vier Jahren erreicht. Er hat den Staatsapparat auf die Hälfte reduziert. Hat die Dezentralisiation in 8 Regionen geschaffen, hat die Basisdemokratie geschaffen.

    O-TON Somè ….notre revolution
    Übersetzer 2

    Vom Standpunkt der westlichen Länder waren wir überhaupt nicht verständlich. Wir wurden als Kommunisten kategorisiert. Es ist wahr, manche hatten eine kommunistische Vergangenheit, aber unsere Revolution war überhaupt nicht kommunistisch. Wir hatten nicht Zeit genug, um sie zu erklären. Wir haben es nicht geschafft ein Marketing für unsere Revolution zu machen.

    Musik

    Sprecherin
    Im ersten Revolutionsjahr lässt die Regierung 2 Millionen Menschen, hauptsächlich Kinder, innerhalb von drei Wochen impfen. Seit 1983 pflanzt man in Burkina Faso bei jedem frohen Familienereignis einen Baum. Am Aktionstag Ehemänner auf den Markt übernehmen die Männer die alltäglichen Arbeiten der Hausfrauen. Sankaras politische Phantasie erweitert das gesellschaftliche Bewusstsein, sein Aktionismus polarisiert, ist aber auch werbe- und medienwirksam, wie seine Musik-Session mit Miriam Makeba und sein Kampf gegen Korruption, Luxus und Privilegien.

    […]

    Sprecherin
    Sankaras revolutionäre Progressivität war nicht ohne Rückbindung an Religion und kulturelle Tradition. Für diese afrikanische Komplexität gab es noch kein politisches Vorbild, aber es gab genügend Beispiele von afrikanischen Revolutionären, die sich zu blutrünstigen und korrupten Diktatoren wandelten. Sankara wollte nicht morden, um an der Macht zu bleiben. [Quelle: DLF]

  3. Ja, das habe ich auch
    Ja, das habe ich auch gelesen. Dachte nur, dass die UN damals vielleicht reagierte. Wenn man sich aber die Lage in Burkina Faso anguckt, weiss man, daß es keine Antworten seitens der Fetten und Satten gegeben haben kann.

    Wir sollten alle weniger essen und damit mein ich nicht Essen.

  4. Ich war schon mehrfach in
    Ich war schon mehrfach in Burkina Faso, zuletzt Sept/Okt. 2007.
    Sankara wird dort immer noch verehrt, wenn es die “Offiziellen” auch nicht so gerne sehen.
    Er versuchte mit seinen revolutionären Ideen den Menschen zu mehr Würde zu verhelfen, was
    teilweise auch heute noch bemerkbar ist.
    Der Donnerstag war immer der öffentliche Arbeitstag der Beamten und staatlichen Ange-stellten, d. h. an diesem Tag mussten sie in der Öffentlichkeit Arbeiten zum Wohle des Volkes verrichten /Strassen bauen, Latrinen ausheben, …),die Bevölkerung sollte sehen, dass die Beamten für das Volk arbeiten und nicht umgekehrt. Na ja, das einigen wohl nicht so gut gefallen und die Konsequenzen sind bekannt.

  5. Ein sehr interessantes
    Ein sehr interessantes feature – Nur das ein wenig idealisiert wurde, zumindest was das Ende betrifft: Hätte das gerne realistischer.
    Vielleicht war auch der CIA beteiligt am Ende… ?
    Aber ich bin sehr froh, von Thomas Sankara erfahren zu haben!
    Constanze von Haller

Kommentare sind geschlossen.