Durch Zufall einen Blick in einer der 70er-Jahre-Shows gemacht. Hape Kerkeling mit Kinderschampoo und dem passenden Song dazu. Im Studio die Schrowange und zwei Prinzen. Alte Zeugnisse werden hervorgekramt. Eine Damals-Sendung. Nun stelle man sich das mal vor, gespielt in den 70er Jahren, eine 40er-Jahre-Sendung. Zu Gast jemand wie Filbinger oder der musikalische Leiter des "Blauen Bocks", Franz Grothe. Der hätte dann gesagt, so wie man es in einer Jubilierung zu seinem 90. Geburtstag bei der GEMA nachlesen kann:
"Zusammen mit Georg Haentzschel gründet Grothe 1942 trickreich ‘mit höchster Billigung’ das legendäre Deutsche Tanz- und Unterhaltungsorchester. Grothe will, ohne das Verbot der Nazi-Funktionäre herauszufordern, so modern wie möglich Musik machen: ‘Swingmusik frisierten wir in Arrangements um, die etwas entschärft, aber dennoch Swingmusik waren.’" (Quelle) [Anm.: Es war dies vor allem auch eine Form der sprachlichen Umbenennung. Statt Swingmusik nannte man es "beschwingte Musik". ]
Sein Verlag, Sikorski, macht dagegen einen schönen weiten Bogen um diese Zeit. In der Wikipedia ist er von "1940 bis 1945 (…) in Berlin Chef für das Deutsche Rundfunk-Tanz- und Unterhaltungsorchester." Und verantwortlich in der Abteilung "gehobene Unterhaltungsmusik" 1942 für das Wunschkonzert. Was hätte der zu plaudern gehabt. Wie er die Nazis gelinkt hat mit seiner Art musikalischen Umgangs?
Oder wie wäre es gewesen mit Waldheim als Gast. Konfrontiert mit ein paar Bildern, hoch zu Roß. Oder bei anderen Verdächtigen und Unverdächtigen. Eine solche Sendung hätte vernünftigerweise in den 70er Jahren so nicht stattfinden können, gleichwohl waren die Spuren der Zeit in Personen sehr lebhaft vorhanden. Dei Deutsche Justiz ist da ein Paradefall. Und heute: Plantschi-Werbung, merkwürdige Klamotten, alles nur ein Windhauch und Gewand. Selbstverständlich und vermutlich ohne Einladungen an Opfer des Radikalenerlasses. Denn die 70er Jahre waren doch alles andere denn harmlos. Josef Strauß wollte Kanzler werden, sein Wahlkampfmanager hieß Stoiber. Der geht jetzt gerade. Sollte der nicht da Gast sein. Und mal richtig vom Leder ziehen. Aber selbst so einfache Aufgaben sind für den Rückblick wohl weniger geeignet. So muss man letztlich feststellen, auch heute funktioniert die mediale Aufarbeitung der Vergangenheit nicht. Sie wird weiter verschleiert und nur einige Spitzenwerte fallen ins Gewicht. Heute verschweigt man durch Reden.
Mein Fresse, was wäre das
Mein Fresse, was wäre das für eine Interessante Arbeit: “Franz Grothe – Portrait”
War der eigentlich beim Militär? So Volkssturm o.ä.
Swing in der Nazi-Zeit ist ja sowieso ein Thema…
Ansonsten sind ihre Gedanken zum Thema 70er-Jahre-Shows sehr treffend… aber es sind eben auch nur Shows – Anspruch: Unterhaltung auf Niedrigst-Niveau, mehr nicht.
Innerer Volkssturm. So
Innerer Volkssturm. So müsste man das wohl nennen. Man musste ja auch von innen die Kriegskraft erhalten. Es gibt da sehr eindrucksvolle Beschreibungen von Joseph Goebbels.
Manchmal sind es nur einzelne Vokabeln wie “trickreich”, die außerordentlich trickreich zur Verschleierung beitragen.