1. Januar 2025 Alles muss raus!

Gastfreundschaft

<%ThickBox(1/klinik2.jpg|Waschbeton an Draht|Klinikum)%>

»Wir haben keine Frühstücksgäste, aber wir bedienen Sie selbstverständlich.« Bad Neustadt an der Saale ist ein kleines Örtchen, nicht einmal richtig idyllisch, jedoch inmitten der Rhön. Die kleine fränkische Saale schlängelt sich durchs Tal. An allen Ecken gibt es Kur- und Bäderärzte. Aber in dieser kalten Spätherbstzeit sind viele Ecken verwaist. Hoch oben, in einen Berg am Rande der Stadt hat ein Architektur-Stümper ein monströses Klinikungeheuer visioniert. Waschbeton, gekoppelt mit Münchner Olympia-Stadion-Dach und Fullerschem Kuppel-Gedöns.

<%ThickBox(1/klinik5.jpg|Kuppelkunst als Fullergedöns zur Heilung|Klinikum)%>

Abends etwas Essen zu gehen ist, denkt man, ist eigentlich kein Problem. Irgendwo wird sich was finden. Nachdem ein Grieche nur Dienstags geschlossen hatte, ging es weiter zu nächsten. Von außen nicht gerade anheimelnd, zeigte sich das Lokal von innen als Edelstein-Ausstellung – mit Essensanschluss gewissermaßen. Man kocht in diesem Lokal siebenbürgisch. Schnitzel, gefüllt mit Schafkäse oder Mici – was von außen aussieht wie Cevapcicci, aber ganz anders gewürzt ist und nicht so scharf gebraten wird. Mich erfüllt es immer wieder mit Erstaunen, dass es in Deutschland überhaupt noch Lokale gibt. Dieses war spärlich gefüllt mit zwei weiteren Gästen und einem undefinierbaren Gast in Kunst- oder Echtseidenblouson. Viel zu verdienen ist da nicht, die Preise sind sehr zivil. Ein Pils braucht hier noch sieben Minuten. Was müssen diese Wirte aushalten. Auch wenn gar nichts los ist, sind sie da. Und wenn dann ein Gast kommt, wird er vorzüglich bedient. In meiner näheren Umgebung in Regensburg oder Berlin dagegen wechseln die Pächter halbjährlich oder machen den Laden ganz dicht. Sicher reicht so wenig Kundschaft nicht aus, um derlei Betriebe vernünftig am Laufen zu halten. Aber man merkt es den Wirten nicht an. Sie behandeln einen freundlich, unaufgregt, sie jammern nicht und machen ihre Arbeit, auch wenn es sich nicht »lohnt«.

<%ThickBox(1/2006-12-obsidian.jpg|Schneeflöckchen-Obsidian, ein Geschenk nach dem Speisen|Klinikum)%>

Im Bad Neustadter Lokal durfte man statt Schnaps-Zugabe einen kleinen Edelstein wählen. Auf einer Untertasse präsentiert. Ich bekam und wählte ein Schneeflöcken-Obsidian. Einen Stein, wie der Wirt sagte, aus Utah. Ganz dunkel mit hellen Einschlüßen, die wie Schneeflöckchen aussehen. Meiner war nicht so fein und der Wirt bot mir ein besseres Exemplar an. Dazu durfte man in einem Heftchen etwas über die segensreichen Eigenschaften des Stein lesen. Es folgte eine ausführliche Führung durch seine Stein-Schätze in den Resträumen des Lokals. Mein Gastgeber kaufte mir noch ein weiteres, schön durchleuchtbares Exemplar mit Amethyst. Das wurde in einem Strohgefelcht verpackt. Ganz wunderhübsch. Auf diesen Schrecken dürstete mich dann doch nach einem Obstler. Und der ging, trotz mehrfacher Intervention, aufs Haus.

Derartig freundliche Bewirtung habe ich lange nicht mehr genossen. Und immer fühle ich doch diese Bedrohung über der Wirtschaft, wie lange das noch gut gehen kann. Gestern auf Bayern5aktuell versprach sich der Nachrichtensprecher und meldete, »dass 11 Millionen Deutsche von Arbeit, äh, Armut bedroht« seien.

Auch zum Frühstück eine ähnliche Situation. Dunkel von außen der Speiseraum. Aber auf Nachfrage war es kein Thema, ein kleines Frühstück herzurichten für die zwei späten Gäste. »Brötchen müssten wir erst noch besorgen.« Und wurden besorgt.

<%ThickBox(1/klinik2.jpg|Waschbeton an Draht|Klinikum)%>

»Wir haben keine Frühstücksgäste, aber wir bedienen Sie selbstverständlich.« Bad Neustadt an der Saale ist ein kleines Örtchen, nicht einmal richtig idyllisch, jedoch inmitten der Rhön. Die kleine fränkische Saale schlängelt sich durchs Tal. An allen Ecken gibt es Kur- und Bäderärzte. Aber in dieser kalten Spätherbstzeit sind viele Ecken verwaist. Hoch oben, in einen Berg am Rande der Stadt hat ein Architektur-Stümper ein monströses Klinikungeheuer visioniert. Waschbeton, gekoppelt mit Münchner Olympia-Stadion-Dach und Fullerschem Kuppel-Gedöns.

<%ThickBox(1/klinik5.jpg|Kuppelkunst als Fullergedöns zur Heilung|Klinikum)%>

Abends etwas Essen zu gehen ist, denkt man, ist eigentlich kein Problem. Irgendwo wird sich was finden. Nachdem ein Grieche nur Dienstags geschlossen hatte, ging es weiter zu nächsten. Von außen nicht gerade anheimelnd, zeigte sich das Lokal von innen als Edelstein-Ausstellung – mit Essensanschluss gewissermaßen. Man kocht in diesem Lokal siebenbürgisch. Schnitzel, gefüllt mit Schafkäse oder Mici – was von außen aussieht wie Cevapcicci, aber ganz anders gewürzt ist und nicht so scharf gebraten wird. Mich erfüllt es immer wieder mit Erstaunen, dass es in Deutschland überhaupt noch Lokale gibt. Dieses war spärlich gefüllt mit zwei weiteren Gästen und einem undefinierbaren Gast in Kunst- oder Echtseidenblouson. Viel zu verdienen ist da nicht, die Preise sind sehr zivil. Ein Pils braucht hier noch sieben Minuten. Was müssen diese Wirte aushalten. Auch wenn gar nichts los ist, sind sie da. Und wenn dann ein Gast kommt, wird er vorzüglich bedient. In meiner näheren Umgebung in Regensburg oder Berlin dagegen wechseln die Pächter halbjährlich oder machen den Laden ganz dicht. Sicher reicht so wenig Kundschaft nicht aus, um derlei Betriebe vernünftig am Laufen zu halten. Aber man merkt es den Wirten nicht an. Sie behandeln einen freundlich, unaufgregt, sie jammern nicht und machen ihre Arbeit, auch wenn es sich nicht »lohnt«.

<%ThickBox(1/2006-12-obsidian.jpg|Schneeflöckchen-Obsidian, ein Geschenk nach dem Speisen|Klinikum)%>

Im Bad Neustadter Lokal durfte man statt Schnaps-Zugabe einen kleinen Edelstein wählen. Auf einer Untertasse präsentiert. Ich bekam und wählte ein Schneeflöcken-Obsidian. Einen Stein, wie der Wirt sagte, aus Utah. Ganz dunkel mit hellen Einschlüßen, die wie Schneeflöckchen aussehen. Meiner war nicht so fein und der Wirt bot mir ein besseres Exemplar an. Dazu durfte man in einem Heftchen etwas über die segensreichen Eigenschaften des Stein lesen. Es folgte eine ausführliche Führung durch seine Stein-Schätze in den Resträumen des Lokals. Mein Gastgeber kaufte mir noch ein weiteres, schön durchleuchtbares Exemplar mit Amethyst. Das wurde in einem Strohgefelcht verpackt. Ganz wunderhübsch. Auf diesen Schrecken dürstete mich dann doch nach einem Obstler. Und der ging, trotz mehrfacher Intervention, aufs Haus.

Derartig freundliche Bewirtung habe ich lange nicht mehr genossen. Und immer fühle ich doch diese Bedrohung über der Wirtschaft, wie lange das noch gut gehen kann. Gestern auf Bayern5aktuell versprach sich der Nachrichtensprecher und meldete, »dass 11 Millionen Deutsche von Arbeit, äh, Armut bedroht« seien.

Auch zum Frühstück eine ähnliche Situation. Dunkel von außen der Speiseraum. Aber auf Nachfrage war es kein Thema, ein kleines Frühstück herzurichten für die zwei späten Gäste. »Brötchen müssten wir erst noch besorgen.« Und wurden besorgt.

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4 Kommentare

  1. Ein Fanal doch eigentlich.

    Ein Fanal doch eigentlich. Und die letzten Walgesänge. Natürlich: nicht jeder braucht so ne Waldingens, gibt doch Ipod und so.

  2. Na eben. Früher hätte ich

    Na eben. Früher hätte ich was von Dialektik des Fortschritts gefaselt. Jetzt würde ich sagen: Selbst schuld – und damit meine ich auch mich.

Kommentare sind geschlossen.