Über den Wohnungen steigt ein Windvogel —
das Unglück ist nicht vollkommen.
Leben macht Spaß
wenn es Feinde hat
Leben geht weiter solange
es Geld einbringt.
Nahtlos geht in diesem Herbst
der Himmel über in die Ernte. Hartnäckig
setzt sich der Friede fort.
Verwundert ist niemand mehr.
Tod, um ihn zu erfassen, muß
dividiert werden durch Masse. Zahlen sind
ein musikalischer Faktor, erzeugen
Gemeinsinn.Mit glattem Knall ist uns nicht gedient
uns wäre Gewinsel schon recht.Nicolas Born, Gedichte 1967–1978, Reinbek bei Hamburg 1981, S. 35
Ein bitterböses Gedicht. Je länger ich über es nachdenke, desto weniger wird es mir klar. An wen geht es eigentlich, wen hat Born hier auf das Korn genommen, hat er überhaupt wen aufs Korn genommen. „Leben geht weiter solange es Geld einbringt“ — „das Unglück ist nicht vollkommen“ — Gewinsel wäre schon angenehmer als ein Knall.
Mir scheint, es ist auch dies ein Gedicht mit schwer resignativen Zügen. Eines, welches die verbreitete Abfindung mit den Umständen widergibt. Aber auch das Stehenbleiben vor der Alternative, das Ausschlagen derselben.
Einmal steht jeder vor der Frage ob
er selbst fährt oder sich fahren lässt.
So steht es am Ende Gedichtes „Selbstverantwortung“ aus der gleichen Sammlung mit dem Titel „Marktlage“. Aber nein, wir ziehen das Gewinsel vor, damit kann man zur Not auch leben und fühlt sich sicherer und vielleicht auch im Recht.
Doch wenn man es heute richtig besieht, ist auch dieses Verhalten schon nur noch Schattensein. Das Flüchtige, das Leichte, das Konkret-Nebensächliche führt vornedies an. Auch, wenn man sich den Bodensatz ansieht, wie er auch in diesem Medium sich manifestiert. Der Witz und die Pointe, die dann eine schöne Geschichte auskleiden, wenn die reine Beobachtung wohl eher eine Angelegenheit für den Stammtisch ist. Seelentrösterei auch das dann. Nein, nicht, dass das nicht auch wichtig wäre. das gehört dazu, das macht alles leichter. Und zum Ernst gehört, dass man lacht. Doch darin sich zu erschöpfen ist ein am Ende auch nur billiger Weg; mag sein, durchaus auch ein schwerer. Aber:
Hartnäckig
setzt sich der Friede fort.
Fortsetzen oder fort setzen?
Verwundert ist niemand mehr.
Über den Wohnungen steigt ein Windvogel —
das Unglück ist nicht vollkommen.
Leben macht Spaß
wenn es Feinde hat
Leben geht weiter solange
es Geld einbringt.
Nahtlos geht in diesem Herbst
der Himmel über in die Ernte. Hartnäckig
setzt sich der Friede fort.
Verwundert ist niemand mehr.
Tod, um ihn zu erfassen, muß
dividiert werden durch Masse. Zahlen sind
ein musikalischer Faktor, erzeugen
Gemeinsinn.Mit glattem Knall ist uns nicht gedient
uns wäre Gewinsel schon recht.Nicolas Born, Gedichte 1967–1978, Reinbek bei Hamburg 1981, S. 35
Ein bitterböses Gedicht. Je länger ich über es nachdenke, desto weniger wird es mir klar. An wen geht es eigentlich, wen hat Born hier auf das Korn genommen, hat er überhaupt wen aufs Korn genommen. „Leben geht weiter solange es Geld einbringt“ — „das Unglück ist nicht vollkommen“ — Gewinsel wäre schon angenehmer als ein Knall.
Mir scheint, es ist auch dies ein Gedicht mit schwer resignativen Zügen. Eines, welches die verbreitete Abfindung mit den Umständen widergibt. Aber auch das Stehenbleiben vor der Alternative, das Ausschlagen derselben.
Einmal steht jeder vor der Frage ob
er selbst fährt oder sich fahren lässt.
So steht es am Ende Gedichtes „Selbstverantwortung“ aus der gleichen Sammlung mit dem Titel „Marktlage“. Aber nein, wir ziehen das Gewinsel vor, damit kann man zur Not auch leben und fühlt sich sicherer und vielleicht auch im Recht.
Doch wenn man es heute richtig besieht, ist auch dieses Verhalten schon nur noch Schattensein. Das Flüchtige, das Leichte, das Konkret-Nebensächliche führt vornedies an. Auch, wenn man sich den Bodensatz ansieht, wie er auch in diesem Medium sich manifestiert. Der Witz und die Pointe, die dann eine schöne Geschichte auskleiden, wenn die reine Beobachtung wohl eher eine Angelegenheit für den Stammtisch ist. Seelentrösterei auch das dann. Nein, nicht, dass das nicht auch wichtig wäre. das gehört dazu, das macht alles leichter. Und zum Ernst gehört, dass man lacht. Doch darin sich zu erschöpfen ist ein am Ende auch nur billiger Weg; mag sein, durchaus auch ein schwerer. Aber:
Hartnäckig
setzt sich der Friede fort.
Fortsetzen oder fort setzen?
Verwundert ist niemand mehr.