Neulich sind Karikaturen über die Scientology Church aufgetaucht, irgendwo in Chile. Dazu sagte die Chefin der Goethe-Institute: „Wir können uns die Verletzlichkeit anderer Kulturen bzw. Religionen kaum vorstellen.“ Weniger also aus presserechtlicher Sicht, als aus dem Ethos einer verantwortlichen Presse heraus, hält Jutta Limbach die Veröffentlichung der Karikaturen für bedenklich: „Es ist eine Geschmacklosigkeit höchsten Grades, wenn man Menschen dort trifft, wo sie, weil es um das ihnen Heilige geht, am verletzbarsten sind.“ [Abgewandelte Pressemeldung!] Taliban, ick hör dir trapsen.
Anscheinend hat sich wieder mal niemand die Mühe gemacht, sich über den Inhalt von Satire Gedanken zu machen. Nein, das Heilige, das jeder für sich bestimmen mag, das ist es. Wie viele Verletzungen es ganz ohne Karikaturen täglich gibt, auf höchster politischer Ebene, sei es von dem Chef der USA oder des Iran, das ist doch pillepalle. Guantanamo Bay und dieses beschränkte Hirn aus dem fernen Land, die sind sich doch eigentlich ziemlich nahe. Gegen Fanatismus ist Satire und Karikatur ein kaum taugliches Mittel.
Das liegt auch daran, dass es den Herrschaften nicht gelingt, glücklich zu werden. Sie haben keine Distanz zu sich selbst, die es ihnen möglich machen würde, sich selbst als lächerlich und als fehlbar zu erkennen. Im übrigen geht es auch gar nicht um Religion. Religion kann man nicht karikieren. Wie auch. Man kann Repräentanten überführen, man kann Statthalter anklagen. So geht es dem Papst, so geht es Calvin, so geht es denen allen. „Mir geht es wie dem Jesus, mir tut das Kreuz so weh.“ Da war man auch echt schockiert hier. „Oh, oh, oh, zum Donnerwetter, alles Leute werden fetter“ sangen Insterburg & Co. „Männer“ blies Grönemeyer in die Popritzen. „Journalisten sind Schmierfinken“ —
Ein großes Ablenkungsmanöver das Ganze. Wie oft werden Menschen verletzt, physisch sowieso, aber auch sprachlich und durch das Gesetz. Da werden von Amts wegen Menschen zu Sachen, zu Objekten der Administration, zu Zahlen zu Statistiken. Dass die Karikaturen aus Dänemark — wenigstens eine finde ich wirklich gut — so einen Tumult auslösen, rührt nur wieder an die Schwäche des Selbstbewusstseins; nämlich derer, die glauben, das müsse man mit eben den Mitteln beantworten, die dort karikiert werden.
Es ist hier keine Frage des Glaubens angesprochen, denn Glauben ist unverletztlich, er mag noch so tödlich sein (für den der glaubt — Stephanus). Aber der wirkte aus der Kraft des Glaubens und die machte ihn an sich unverletzbar. Das lässt sich nicht karikieren.
Aber wenn der Glaube an den Glauben, der Glaube an Demokratie (meinetwegen) dazu führt, dass er wider sich selbst sich kehrt, dann darf, kann und muss man vielleicht sogar sprechen.
Da sehe ich sogenannte oder selbsterannte Linke, die nun aufstehen und in einer Kriech- und Schleimorgie plötzlich von tiefreligiösen Gefühlen faseln, die durch diese Karikaturen oder Zeichnungen verletzt worden seien. Diese Menschen, die genau in dem Moment sich mit jemand solidarisieren, welche überhaupt nicht das repräsentieren, was man als Gläubiger glauben würde. Denn der Glaube steht über so einer Karikatur. Eigentlich sollten sie schlauer sein. Der gläubige Christ wird sich immer gegen eine Instrumentalisierung seines Glaubens wenden; zum Beispiel wenn der Chef der USA mit „Gottes Segen“ sich wähnt oder ihn erbittet. Aber es wird ihn kalt lassen, irgendwie. Oder er wird dagegen sich auflehnen.
Was, in welchem Namen, auf auf der ganzen Welt durchgeführt wird, ist meistens der reinste Humbug. Ob im Namen der Demokratie, des Volkes (Freisler) oder des Glaubens (die heilige inquisition, der heilige Krieg, Gotteskrieger), das hat nicht viel mit Glauben zu tun. Aber mit Aberglauben. Ja, mit diesem.