Als ich jung war, nannte man mich Mozart. Damals wollte ich jedoch immer Beethoven sein. Aber in der Klasse mich zu rufen, da war Mozart der schnellere Begriff. Unser „Mozart“. Wenn die gewusst hätten, was ich später erst wissen sollte, dass nämlich Mozart ein toller Komponist gewesen war, einer, der so gut wie immer den rechten Ton traf, dann hätte mich das damals auch gar nicht so geärgert. Ich wäre der Freude voll gewesen. Und beschämt. Denn der Knabe hat viel jünger schon viel mehr drauf gehabt.
Mir schien er jedoch damals viel zu lässig, viel zu einfach, zu simpel und zu gefällig. Mozart war wer, ja, aber er war wie vom Sonnenschein geradezu zu hell.
Für den Witz in der Musik Mozarts hatte ich keinen Sinn. Und wo er nach meiner Meinung harmlos gewesen sein sollte, sagte man mir später, sei die Musik üeraus düster. So wie bei Schubert auch, den ich nett fand, auch pathetisch.
Manchmal frage ich mich, war denn die erste Reaktion wirklich so falsch, konnte das Kind Huflaikhan nicht erkennen, was die Alten ihm vorbeteten, vor allem die Forscher und Kenner. Musste denn hinter allem und jedem immer noch ein Türchen offen sein. Ein Mozart-Stück war ein Mozart-Stück. Der hat es zwar niemals für mich komponiert, aber ich musste es mir doch so nehmen wie es kam. Sei es schüchtern, sei es sentimental, sei es kindisch, sei es tiefer noch als tief.
Wie muss man sich also als Kind quälen mit Mozart. Witzig ist nicht Mozart, sondern Haydn und zwar ganz offensichtlich. Und „tief“ und besonnen unglücklich ist Beethoven.
Wahrscheinlich ist das es, was Mozart so unerträglich macht und so schwer: Diese Indifferenz, wenigstens im instrumentalen Bereich. Oper? Ja, das ist was gaaanz anderes. Da konnte ihm keiner was vor- oder nachmachen.
Selbstverständlich sind derartige Generalisierungen Unsinn. Aber andererseits, 170 CDs zum Hören, wie kann man die schon anders subsumieren. Ich würde es mal positiv aussprechen: Mozart kann warten und auch ich habe Zeit.
PS: Und dann gibt es ja auch noch diese „Kleine Nachtmusik“ – man, was war ich als Kind spitz auf dieses Stück. Eine Klavierfassung fingerte ich mir immer wieder durch. Meinen Mitschülern war sowieso Mozart nichts anderes als die „Kleine Nachtmusik“. Ich habe das Stück jahrzehntelang nicht mehr gehört, will es auch nie wieder hören, dann können noch so viele musikwissenschaftliche Kollegen antanzen und die Großartigkeit dieses Stücks erklären. Damit ist kein Staat zu machen.