Ich kann mich eines gewissen Eindrucks nicht erwehren, dass irgendwie alles, was sich auch nur im entferntesten mit Politik auf der politischen Ebene selbst beschäftigt, heillos unsinnig geworden ist. Was ist denn bloß los? Noch sitzen sie doch alle auf den Bänken in Berlin und konferieren und ausschussen nur so rum. Falls es denn zu einer vorgezogenen Bundestagswahl käme, was ich noch gar nicht sehe, so wäre es (k)ein Jammer. Acht oder sieben Jahre rot-grüne Regierungsgeschäfte sind doch genug. Mein Vater pflegte immer zu sagen, er wähle sowieso die Opposition. Das einzige Problem dabei. Es gibt sie nicht mehr. Und in den Blogs?
Salbungsvoll wird an Ecken und Kanten erklärt, was da alles schieflaufe in der Bundespolitik. Läuft es ja auch, lief es schon vor Jahren. Nun habe ich ja nichts gegen ausführliche Stellungnahmen, man gräbt sich doch nicht den Ast ab, auf dem man sitzt. In den Landtagen ist es auch nicht viel anders. Und in den Blogs? Große Veränderung spielen, Werte neu aufsetzen, Bildung neu aufsetzen, Gesundheitssystem neu aufsetzen, Wirtschaft neu aufsetzen, alles neu aufsetzen. Sonntagsreden und Montagshandeln.
Man kann sagen, daß drei Qualitäten vornehmlich entscheidend sind für den Politiker: Leidenschaft — Verantwortungsgefühl — Augenmaß. ( )
Einen ganz trivialen, allzu menschlichen Feind hat daher der Politiker täglich und stündlich zu überwinden: die ganz gemeine Eitelkeit, die Todfeindin aller sachlichen Hingabe und aller Distanz, in diesem Fall: der Distanz, sich selbst gegenüber. ( )
Der bloße „Machtpolitiker“, wie ihn ein auch bei uns eifrig betriebener Kult zu verklären sucht, mag stark wirken, aber er wirkt in der Tat ins Leere und Sinnlose.1Max Weber: Politik als Beruf [1919], Berlin 1987, S. 51 ff.
Politikmachen, so Weber, heiße: langsames Bohren dicker Bretter. Das ist nicht Show, das ist nicht Entertainment, das ist, wie man heute so unschön gerne sagt, nicht sexy. Sexy ist, zu wissen, wo es lang geht. Das wissen nämlich 20 bis 40 Millionen Bundeskanzler in Deutschland. Solange die Mannschaft siegreich ist, interessiert kaum einen, wie und warum das der Fall ist, mit welchen Methoden das passiert. Treffen die Stürmer nicht mehr, lässt der Torwart die Kugel durch die Arme rollen, sind die Verteidiger zu langsam und zu höflich, fehlt es an Ideen bei den Spielmachern, ist die Bank zweitklassig oder verletzt, dann ist jeder Trainer. Und wechselt aus, zuletzt sich selbst — wie Tante Käthe immerhin.
Ach, wo ich schon mal im Tal des Banalen angekommen bin: Wer soll denn Kanzlerkandidat bei der SPD werden? Schröder will ja sich selbst vom Posten holen. Soll er doch, gerne. Aber wen wollte denn die SPD ernsthaft ins Rennen schicken? Heide Simonis etwa? Konstantin Wecker? Olaf Henkel? Stefan Raab? Günther Jauch?
Fussnoten:
- 1Max Weber: Politik als Beruf [1919], Berlin 1987, S. 51 ff.
Eine Opposition klingt
Eine Opposition klingt irgendwie mießmachend.
So als ob man gegen alles ist auch wenn es nicht richtig ist gegen alles zu sein.
Eine konstruktive Überwachung der Politik als Blog wäre für mich als Leser viel interessanter.