Es fällt mir schwer, das, was gestern in Kiel stattfand, nicht auch mit einem dicken Rest der Schadenfreude wahrzunehmen. Noch in Erinnerung ist mir das „Siegeslächeln“ nach den Hochrechnungen. So wie damals, als der Kanzler Stoiber kurz vor knapp sein Gesicht plötzlich zusammenklappen musste. Man könnte geradezu dazu verleitet sein, die Vorgänge von gestern als einen Sieg der parlamentarischen Demokratie aufzufassen. Zwischen Fraktionszwang, zwischen politischem Auftrag und der Verpflichtung nur gegenüber sich selbst.
Über all das könnte man sich einerseits freuen, man mag Frau Simonis bedauern? Aber warum sollte man das, wo ansonsten die politischen Entscheidungsträger selten etwas bedauern, wenn es Personen ohne Mandat angeht. Wen interessiert da ein 55jähriger ALGII-Empfänger, wen interessiert das, was sich als Wirtschaftsterrorismus längst breit gemacht hat.
Als Kind war mir schlicht unbegreiflich, dass es überhaupt Parteien gibt, die Wahlsiege wollen. Ich war naiv genug zu glauben, ein Politiker müsste nur das Beste wollen und was das Beste ist, das müsse sich doch kommunizieren lassen, dafür muss es doch Gründe geben, gute Gründe, oder bessere Gründe. Gewinnen sollte doch eigentlich der, der den anderen von der Richtigkeit seiner Vorschläge überzeugen könne. Über die Wahrheit oder etwas einfacher über das Gute oder Richtige könne man doch nicht abstimmen; das zeigt sich.
Deshalb hält sich andererseits die Schadenfreude in Grenzen, zeigt sie doch zugleich die eigene Weltfremdheit auf dem Parkett der Entscheidungen. Ich weiß, nicht erst seit heute, bei politischen Entscheidungen geht es nicht um Politik oder um die Entwicklung der Polis, des gesellschaftlichen Lebens. Es ist irgendwie zu Sport geworden.
„Rein politisch“ gesehen geschah gestern nichts Besonderes. Es gesah eigentlich nichts Politisches. Nur mal so zum Spaß, ein CDU-Heini hätte Frau Simonis dann doch zu ihrer Wiederwahl verholfen — und sei es nur aus Menschenliebe, weil sie sonst so traurig gewesen ist, aus Mitleid — was hätte das bedeutet für Zukunft. Die Minderheitenregierung wäre doch entscheidungsunfähig geblieben für die Zukunft. Es wäre geworden ein Schrecken ohne Ende. Vielleicht dies, vielleicht das. Es war einfach ein Wahl, bzw. eine Nichtwahl. Eine Wahl ist keine Politik. Es ist ein Mittel, kein Zweck.
Musikalisch hat meinen Gemütszustand übrigens Joseph Haydn einmal sehr schön in einem Varationensatz über das Thema „Gott erhalt’ uns Franz, den Kaiser“ entwickelt. Am Ende, der letzten Variation, steht eine ganz zurückgenommene Variation, die sich noch einmal aufschwingt, dann aber doch nicht zu sehr positiv gestimmt ausklingt. Ein Musik der Ratlosigkeit und der Zurücknahme. Eine Musik, die nicht mehr auftrumpfen möchte. Sie will gerade zu Beginn der Variation gar nichts wollen. Bescheidenheit! Sie findet sich zurück zur Bescheidenheit. (MP3 – knapp 800 kB) Und so etwas nenne ich wirklich eine patriotische Musik.
Es fällt mir schwer, das, was gestern in Kiel stattfand, nicht auch mit einem dicken Rest der Schadenfreude wahrzunehmen. Noch in Erinnerung ist mir das „Siegeslächeln“ nach den Hochrechnungen. So wie damals, als der Kanzler Stoiber kurz vor knapp sein Gesicht plötzlich zusammenklappen musste. Man könnte geradezu dazu verleitet sein, die Vorgänge von gestern als einen Sieg der parlamentarischen Demokratie aufzufassen. Zwischen Fraktionszwang, zwischen politischem Auftrag und der Verpflichtung nur gegenüber sich selbst.
Über all das könnte man sich einerseits freuen, man mag Frau Simonis bedauern? Aber warum sollte man das, wo ansonsten die politischen Entscheidungsträger selten etwas bedauern, wenn es Personen ohne Mandat angeht. Wen interessiert da ein 55jähriger ALGII-Empfänger, wen interessiert das, was sich als Wirtschaftsterrorismus längst breit gemacht hat.
Als Kind war mir schlicht unbegreiflich, dass es überhaupt Parteien gibt, die Wahlsiege wollen. Ich war naiv genug zu glauben, ein Politiker müsste nur das Beste wollen und was das Beste ist, das müsse sich doch kommunizieren lassen, dafür muss es doch Gründe geben, gute Gründe, oder bessere Gründe. Gewinnen sollte doch eigentlich der, der den anderen von der Richtigkeit seiner Vorschläge überzeugen könne. Über die Wahrheit oder etwas einfacher über das Gute oder Richtige könne man doch nicht abstimmen; das zeigt sich.
Deshalb hält sich andererseits die Schadenfreude in Grenzen, zeigt sie doch zugleich die eigene Weltfremdheit auf dem Parkett der Entscheidungen. Ich weiß, nicht erst seit heute, bei politischen Entscheidungen geht es nicht um Politik oder um die Entwicklung der Polis, des gesellschaftlichen Lebens. Es ist irgendwie zu Sport geworden.
„Rein politisch“ gesehen geschah gestern nichts Besonderes. Es gesah eigentlich nichts Politisches. Nur mal so zum Spaß, ein CDU-Heini hätte Frau Simonis dann doch zu ihrer Wiederwahl verholfen — und sei es nur aus Menschenliebe, weil sie sonst so traurig gewesen ist, aus Mitleid — was hätte das bedeutet für Zukunft. Die Minderheitenregierung wäre doch entscheidungsunfähig geblieben für die Zukunft. Es wäre geworden ein Schrecken ohne Ende. Vielleicht dies, vielleicht das. Es war einfach ein Wahl, bzw. eine Nichtwahl. Eine Wahl ist keine Politik. Es ist ein Mittel, kein Zweck.
Musikalisch hat meinen Gemütszustand übrigens Joseph Haydn einmal sehr schön in einem Varationensatz über das Thema „Gott erhalt’ uns Franz, den Kaiser“ entwickelt. Am Ende, der letzten Variation, steht eine ganz zurückgenommene Variation, die sich noch einmal aufschwingt, dann aber doch nicht zu sehr positiv gestimmt ausklingt. Ein Musik der Ratlosigkeit und der Zurücknahme. Eine Musik, die nicht mehr auftrumpfen möchte. Sie will gerade zu Beginn der Variation gar nichts wollen. Bescheidenheit! Sie findet sich zurück zur Bescheidenheit. (MP3 – knapp 800 kB) Und so etwas nenne ich wirklich eine patriotische Musik.
Danke. Damit ist alles
Danke. Damit ist alles gesagt, was ich gestern gesagt hätte, wäre ich nicht zu angeödet gewesen. Und gleich, wenn ich meine Bratkartoffeln mit Spiegelei gegessen habe, hör ich mir den Haydn an.
„Die Minderheitenregierung
„Die Minderheitenregierung wäre doch entscheidungsunfähig geblieben …“
Genau. Ich bin dem „U-Boot“ fast persönlich dankbar, dass er den Schleswig-Holsteinern eine Regierung erspart hat, welche im Extremfall vier Jahre nur ausgeklammert hätte, was in diesem hochverschuldeten Bundesland dringend zu regeln ist. Weil immer die Gefahr bestanden hätte, daß mal dieser, mal jener blockiert hätte.
Die eigentliche Impertinenz bestand doch darin, private monarchische Gelüste (SPD und Frau Simonis) über das Faktum zu stellen, daß man immer GEGEN die Hälfte der abgegebenen Stimmen regiert hätte.
Warum muß in dieser Republik immer so grundsätzlich argumentiert werden? Geht es nicht auch ein bischen pragmatischer?
——
Zum Haydn: Schön, diese Anmerkung. Zwar höre ich das Patriotische darin nicht. Wohl aber erfahre ich von einem klugen Kommentator, welcher die Stille in sich noch nicht verloren hat.
In mir sträubte es sich
In mir sträubte es sich auch, etwas an- und aufzublasen, was nicht gar so wichtig ist. In der Tat kehre ich dann gerne mal zu einem guten Stück Musik zurück. Mir jedenfalls bringt das wesentlich mehr. Dem Klang einer Nachdenklichkeit zu lauschen ist doch wirklich schön.