10. März 2025 Alles muss raus!

Deutsch-Quote kontrovers

Das kommt auch nicht gerade oft vor, dass der Pressedienst des Deutschen Bundestages Kontroversen zu dokumentieren unternimmt. Gestern gab es die Diskussion über die Deutsch-Quote im Rundfunk. Es kamen Personen vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk und vom privaten zu Wort, ebenso Vertreter der Musikwirtschaft (sprich der Phonographischen Wirtschaft) sowie auch ein Jurist und ein französischer Berichterstatter.

Meines Erachtens macht die Kontroverse deutlich, dass alles unklar ist. Dass es in Deutschland genügend Musik gibt, die es wert wäre, überhaupt und vor allem über die Rundfunkanstalten an das Publikum gebracht zu werden, scheint mir ganz evident. So ein Mann wie John Peel in England macht glänzend vor, die perspektivenreich die Musikkulturen sind. Nur: solche Leute müsste man in Deutschland verordnen (was natürlich nicht geht oder nur wenig) und nicht eine Quote, die ihrerseits eine rein mathematische Funktion hätte. Allerdings ist die Abwehr von Seiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fadenscheinig. Ihr Argument, man würde „nicht im entferntesten die musikalischen Interessen der Hörer“ spiegeln – so sagte es Gernot Romann – ist hilflos und selbstherrlich. Dass die privaten Sender die Quote ablehnen, das ist deren Sache. Sie haben unter anderen Bedingungen zu arbeiten als der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Komischerweise, und nicht angehört, sind bei der Suche und Sendung „besserer“ Musik die nichtkommerziellen privaten Sender weiter (und sie senden teilweise auch John Peels Programm!).

Jetzt zur Berichterstattung:

Ausschuss für Kultur und Medien (Anhörung)
QUOTE FÜR MUSIK AUS DEUTSCHLAND WIRD KONTROVERS DISKUTIERT

Berlin: (hib/BES) Über das Thema Musikquote in Deutschland beraten am Mittwochnachmittag in einer öffentlichen Anhörung der Ausschuss für Kultur und Medien und die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ mit Künstlern sowie Vertretern der Sender und der Musikbranche als Sachverständigen.

Auch der ehemalige französische Kulturminister Jacques Toubon wird über die Erfahrungen mit der Musikquote berichten. In seinem Land müssen die Radiosender schon seit 1995 zu 40 Prozent französische Musik spielen.

Im Vorfeld des Hearings, das um 15 Uhr begonnen hat, äußerten sich bereits die geladenen Experten in schriftlichen Stellungnahmen zu der von der Phonographischen Wirtschaft, von Musikern und Politikern geforderten Quote für deutschsprachige Sänger und Lieder im Hörfunk.

Dabei zeichnen sich klare Fronten ab: Während sich die Musikindustrie für die Quotierung einsetzt, sprechen sich die Sender vehement dagegen aus. Dabei sind sich die privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einig.

Anlass für die Beratung in den Gremien des Bundestages ist eine seit längerem in der Öffentlichkeit geführte Diskussion über den niedrigen Anteil deutscher Musik in den Hörfunkprogrammen und die Krise der deutschen Musikindustrie.

Deutschsprachige Musik findet – abgesehen von den Sparten „Volksmusik“ und „Schlager“ – im Rundfunk kaum statt, so die Argumentation des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft. „Deutschsprachig sind allein die Nachrichten, die Verkehrsmeldungen und die Werbung, nicht aber die Musik.“ Ernüchternd seien in diesem Zusammenhang die Ergebnisse diverser Studien.

So liege der Anteil von deutschsprachigen Neuheiten in den öffentlich-rechtlichen Sendern bei 1,2 Prozent. Insgesamt machten deutschsprachige Titel nur 18,9 Prozent des Programms aus, bei den privaten Sendern sogar nur 5,1 Prozent. Die Quotierung könnte die Vielfalt der Musikkultur stärken und deutschsprachigen Musiktiteln eine Plattform verschaffen, gehört zu werden.

Gernot Romann, Vorsitzender der ARD-Hörfunkkommission und NDR-Hörfunkdirektor, argumentiert in seinem Statement hingegen mit Entschiedenheit gegen die Quote: „Qualität und Vielfalt lassen sich nicht durch festgeschriebene Quoten erzwingen.“ Dies würde „unweigerlich“ zu einer oktroyierten Ausgewogenheit führen, die nicht im entferntesten die musikalischen Interessen der Hörer spiegele.

Primäre Aufgabe der Programme sei es, den Ansprüchen der Hörerinnen und Hörer gerecht zu werden, nicht denen eines Wirtschaftszweiges, so Romann weiter. Auch bei der Frage der Nachwuchsförderung könne die Antwort nur lauten: „Keine Quote!“

Gegen die Einführung einer Quote ist auch das ZDF, das sich in seiner Stellungnahme ausschließlich auf das eigene Fernsehprogramm bezieht. Ohnehin existiere das Problem einer Unterbewertung deutschsprachiger oder in Deutschland produzierter Musik im ZDF nicht: ZDF-Programmformate mit deutscher Schlager- und Volksmusik seien nach wie vor sehr beliebt und bedürften weder der politischen Hilfe noch gesetzgeberischer Unterstützung. Neben rein rechtlichen Bedenken sei auch zu befürchten, dass die Quotenregelung zu kreativen Ideen bei der Umgehung des Gesetzes führen würde.

Die privaten Sender sehen gar ihre Existenz bedroht, sollte die Quote gesetzlich geregelt werden. Als Wirtschaftsunternehmen müssten sie sich aus dem Markt finanzieren und seien deshalb anders als die öffentlich-rechtlichen Anstalten dazu gezwungen, wettbewerbs- und gewinnorientiert zu arbeiten.

Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT), der rund 150 private Unternehmen aus Fernseh-, Hörfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsbranche vertritt, lehnt daher die Einführung einer gesetzlichen Quote grundsätzlich ab.

Dies würde einen massiven staatlichen Eingriff in die Rundfunkfreiheit der privaten Rundfunkanbieter bedeuten und die wettbewerbsfinanzierten Unternehmen dazu zwingen, unwirtschaftlich und am Konsumenten vorbei zu arbeiten. Die Quote sei auch nicht geeignet, Nachwuchsmusiker zu fördern. Erfolg zu „quotieren“ sei nicht die Aufgabe der Politik, heißt es in einer Stellungnahme dazu.

Für eine freiwillige Selbstverpflichtung spricht sich Professor Udo Dahmen, Künstlerischer Direktor und Geschäftsführer der Popakademie Baden-Württemberg GmbH, aus. Dabei sollte auf einen entsprechenden Anteil an deutschsprachigen Produktionen, Produktionen aus Deutschland und Neuheiten geachtet werden.

Eine freiwillige Selbstverpflichtung sei vorzuziehen, da eine gesetzlich vorgeschriebene Quote „auch immer einen Eingriff in die verfassungsmäßige Rundfunkfreiheit“ bedeute.

Auf rechtliche Probleme weist Jörg Gundel, Privatdozent an der FU Berlin, hin. Dies betreffe zum einen die Programmfreiheit, die national und EU-weit geschützt ist. Die Quote für Musik aus Deutschland könne zudem auch als Diskriminierung ausländischer Künstler bewertet werden. Möglich wäre dagegen eine Quote nach dem französischen Vorbild, die auf die Verwendung der Landessprache abstelle.

Das kommt auch nicht gerade oft vor, dass der Pressedienst des Deutschen Bundestages Kontroversen zu dokumentieren unternimmt. Gestern gab es die Diskussion über die Deutsch-Quote im Rundfunk. Es kamen Personen vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk und vom privaten zu Wort, ebenso Vertreter der Musikwirtschaft (sprich der Phonographischen Wirtschaft) sowie auch ein Jurist und ein französischer Berichterstatter.

Meines Erachtens macht die Kontroverse deutlich, dass alles unklar ist. Dass es in Deutschland genügend Musik gibt, die es wert wäre, überhaupt und vor allem über die Rundfunkanstalten an das Publikum gebracht zu werden, scheint mir ganz evident. So ein Mann wie John Peel in England macht glänzend vor, die perspektivenreich die Musikkulturen sind. Nur: solche Leute müsste man in Deutschland verordnen (was natürlich nicht geht oder nur wenig) und nicht eine Quote, die ihrerseits eine rein mathematische Funktion hätte. Allerdings ist die Abwehr von Seiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fadenscheinig. Ihr Argument, man würde „nicht im entferntesten die musikalischen Interessen der Hörer“ spiegeln – so sagte es Gernot Romann – ist hilflos und selbstherrlich. Dass die privaten Sender die Quote ablehnen, das ist deren Sache. Sie haben unter anderen Bedingungen zu arbeiten als der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Komischerweise, und nicht angehört, sind bei der Suche und Sendung „besserer“ Musik die nichtkommerziellen privaten Sender weiter (und sie senden teilweise auch John Peels Programm!).

Jetzt zur Berichterstattung:

Ausschuss für Kultur und Medien (Anhörung)
QUOTE FÜR MUSIK AUS DEUTSCHLAND WIRD KONTROVERS DISKUTIERT

Berlin: (hib/BES) Über das Thema Musikquote in Deutschland beraten am Mittwochnachmittag in einer öffentlichen Anhörung der Ausschuss für Kultur und Medien und die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ mit Künstlern sowie Vertretern der Sender und der Musikbranche als Sachverständigen.

Auch der ehemalige französische Kulturminister Jacques Toubon wird über die Erfahrungen mit der Musikquote berichten. In seinem Land müssen die Radiosender schon seit 1995 zu 40 Prozent französische Musik spielen.

Im Vorfeld des Hearings, das um 15 Uhr begonnen hat, äußerten sich bereits die geladenen Experten in schriftlichen Stellungnahmen zu der von der Phonographischen Wirtschaft, von Musikern und Politikern geforderten Quote für deutschsprachige Sänger und Lieder im Hörfunk.

Dabei zeichnen sich klare Fronten ab: Während sich die Musikindustrie für die Quotierung einsetzt, sprechen sich die Sender vehement dagegen aus. Dabei sind sich die privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einig.

Anlass für die Beratung in den Gremien des Bundestages ist eine seit längerem in der Öffentlichkeit geführte Diskussion über den niedrigen Anteil deutscher Musik in den Hörfunkprogrammen und die Krise der deutschen Musikindustrie.

Deutschsprachige Musik findet – abgesehen von den Sparten „Volksmusik“ und „Schlager“ – im Rundfunk kaum statt, so die Argumentation des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft. „Deutschsprachig sind allein die Nachrichten, die Verkehrsmeldungen und die Werbung, nicht aber die Musik.“ Ernüchternd seien in diesem Zusammenhang die Ergebnisse diverser Studien.

So liege der Anteil von deutschsprachigen Neuheiten in den öffentlich-rechtlichen Sendern bei 1,2 Prozent. Insgesamt machten deutschsprachige Titel nur 18,9 Prozent des Programms aus, bei den privaten Sendern sogar nur 5,1 Prozent. Die Quotierung könnte die Vielfalt der Musikkultur stärken und deutschsprachigen Musiktiteln eine Plattform verschaffen, gehört zu werden.

Gernot Romann, Vorsitzender der ARD-Hörfunkkommission und NDR-Hörfunkdirektor, argumentiert in seinem Statement hingegen mit Entschiedenheit gegen die Quote: „Qualität und Vielfalt lassen sich nicht durch festgeschriebene Quoten erzwingen.“ Dies würde „unweigerlich“ zu einer oktroyierten Ausgewogenheit führen, die nicht im entferntesten die musikalischen Interessen der Hörer spiegele.

Primäre Aufgabe der Programme sei es, den Ansprüchen der Hörerinnen und Hörer gerecht zu werden, nicht denen eines Wirtschaftszweiges, so Romann weiter. Auch bei der Frage der Nachwuchsförderung könne die Antwort nur lauten: „Keine Quote!“

Gegen die Einführung einer Quote ist auch das ZDF, das sich in seiner Stellungnahme ausschließlich auf das eigene Fernsehprogramm bezieht. Ohnehin existiere das Problem einer Unterbewertung deutschsprachiger oder in Deutschland produzierter Musik im ZDF nicht: ZDF-Programmformate mit deutscher Schlager- und Volksmusik seien nach wie vor sehr beliebt und bedürften weder der politischen Hilfe noch gesetzgeberischer Unterstützung. Neben rein rechtlichen Bedenken sei auch zu befürchten, dass die Quotenregelung zu kreativen Ideen bei der Umgehung des Gesetzes führen würde.

Die privaten Sender sehen gar ihre Existenz bedroht, sollte die Quote gesetzlich geregelt werden. Als Wirtschaftsunternehmen müssten sie sich aus dem Markt finanzieren und seien deshalb anders als die öffentlich-rechtlichen Anstalten dazu gezwungen, wettbewerbs- und gewinnorientiert zu arbeiten.

Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT), der rund 150 private Unternehmen aus Fernseh-, Hörfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsbranche vertritt, lehnt daher die Einführung einer gesetzlichen Quote grundsätzlich ab.

Dies würde einen massiven staatlichen Eingriff in die Rundfunkfreiheit der privaten Rundfunkanbieter bedeuten und die wettbewerbsfinanzierten Unternehmen dazu zwingen, unwirtschaftlich und am Konsumenten vorbei zu arbeiten. Die Quote sei auch nicht geeignet, Nachwuchsmusiker zu fördern. Erfolg zu „quotieren“ sei nicht die Aufgabe der Politik, heißt es in einer Stellungnahme dazu.

Für eine freiwillige Selbstverpflichtung spricht sich Professor Udo Dahmen, Künstlerischer Direktor und Geschäftsführer der Popakademie Baden-Württemberg GmbH, aus. Dabei sollte auf einen entsprechenden Anteil an deutschsprachigen Produktionen, Produktionen aus Deutschland und Neuheiten geachtet werden.

Eine freiwillige Selbstverpflichtung sei vorzuziehen, da eine gesetzlich vorgeschriebene Quote „auch immer einen Eingriff in die verfassungsmäßige Rundfunkfreiheit“ bedeute.

Auf rechtliche Probleme weist Jörg Gundel, Privatdozent an der FU Berlin, hin. Dies betreffe zum einen die Programmfreiheit, die national und EU-weit geschützt ist. Die Quote für Musik aus Deutschland könne zudem auch als Diskriminierung ausländischer Künstler bewertet werden. Möglich wäre dagegen eine Quote nach dem französischen Vorbild, die auf die Verwendung der Landessprache abstelle.

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Ein Kommentar

  1. Jaja, John Peel. Nuu isser

    Jaja, John Peel. Nuu isser hin, mit IHM ist eine ganze Ära dahin, BBC Radio 1 spielt mal wieder „Teenage Kicks“, und ich gehöre zu denen, deren Leben sich ohne IHN
    tatsächlich völlig anders entwickelt hätte.

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