Illegales Kopieren ist kein Kavaliersdelikt. Dieser Diebstahl gefährdet nicht nur die wirtschaftliche Grundlage des Geschäfts in der Kreativwirtschaft — auch die Vielfalt kreativer Ausdrucksformen wird dadurch eingeschränkt. Dies zeigt die Kündigung von Künstlern bei den Musikfirmen. Entwicklung des Tonträgermarktes bestätigt Urheberrechtsnovelle … :: KIZ des Deutschen Kulturrates und der ConBrio Verlagsgesellschaft ::
So erklärte es gestern der Vorsitzende des Dialogforums Musikwirtschaft der CDU Deutschlands sowie zuständige Berichterstatter im Haushaltsausschuss, Steffen Kampeter MdB. Mir kommen die Tränen, die armen Künstler aber auch, die sich jahrelang gesonnt haben im fetten Pelz der Plattenmajors. Diese Majors aber auch noch als “Kreativwirtschaft” zu bezeichnen, grenzt an Wahnsinn. Diese “Kreativwirtschaft” war der goldene Käfig für den Musikzoo, der sich in der Hoffnung auf das große Geld und Berühmtheit hinein begeben hat. Opfer und Täter werden hier hübsch gegeneinander ausgetauscht. Da kann Herr Kampeter mit seiner Hand wedeln wie er will.
C. Wright Mills hat dies in den 50er Jahren schon angesprochen mit seinem Buch “Menschen im Büro. Ein Beitrag zur Soziologie des Angestellten” (Originaltitel White Collar, New York 1951, deutsch: Köln 1955).
Es sind keine Einzelerscheinungen mehr, wenn Intellektuelle zu Gehilfen der marktbeherrschenden Mächte werden; wenn sie sich die Anschauungen und den Stil der Manager zu eigen machen, für die ein systematisch betriebener Verkauf Lebensinhalt bedeutet. (…) Arbeits- und Lebensformen der Intellektuellen und Manager stimmen sogar in vielen Punkten überein, desgleichen auch ihre wesentlichen Interessen. (…) Für die Intellektuellen, die ihre Unabhängigkeit und Freiheit bewahren, jedoch auch ein Publikum gewinnen möchten, verschärft sich die Lage noch dadurch, daß es in einer Welt der Bürokratie und wohlorganisierten Verantwortungslosigkeit immer schwieriger wird, eine abweichende Meinung auszusprechen.
(…)
Geistige Integrität wird nur durch Handeln gewonnen oder erneuert, und die Freiheit des Handelns muß dabei so weit wie möglich gewahrt bleiben. Zu dieser unbeschränkten Handlungsfreiheit gehört unter anderem auch die Möglichkeit, anderen eigene Erkenntnisse mitzuteilen. Wer gezwungen ist, die Lügen anderer zu verkaufen, verkauft dabei auch sich selbst. Verkauft er sich selbst, so verwandelt er sich in eine Ware. Aber eine Ware kann niemals den Markt beherrschen, vielmehr bestimmt sich ihr nomineller Wert nach dem, was der Markt dafür zu bieten bereit ist.1C.W. Mills, Menschen im Büro. Ein Beitrag zur Soziologie des Angestellten, Köln 1955, S. 209 f., 215
Wie verkommen heute die geistige Einschätzung ist, zeigt die Bezeichnung der Kulturindustrie (Adorno und Horkheimer haben dazu gesagt: “Aufklärung als Massenbetrug”) als einer, als der “Kreativwirtschaft”.
Einigermaßen ehrwürdige Begriffe (Kreativität) werden enteignet, geplündert, umprogrammiert. Das ist eigentlich nicht so neu, aber der Schock, den dabei einigermaßen bei Sinnen seiende Menschen empfinden, wird immer kleiner. Anpassung an die eigene Ohnmacht?
Mach’ aus industrieller Musikfertigung ein Kreativprodukt, denn nur so kann man es unter besonderen gesellschaftlichen Schutz durch Gesetze stellen. Das ist der Trick dabei. Wenigstens den sollte man verhindern, auch Sie, Herr Kampeter, sollten dieser Strategie nicht auf den Leim gehen. Das Zentrum einer Gesellschaft ist nicht ihre Wirtschaft, sondern es sind die Menschen (wie zerschunden sie momentan auch sein mögen, auch durch die Hilfe der sogenannten “Kreativindustrie”), die sie bilden.
Fussnoten:
- 1C.W. Mills, Menschen im Büro. Ein Beitrag zur Soziologie des Angestellten, Köln 1955, S. 209 f., 215