Heute in der Zeit ein Interview mit Helmut Lachenmann, einem der sicher klügsten Komponisten unserer Zeit. Das Musikforum des Deutschen Musikrates hatte in seiner ersten Ausgabe E- und U-Musik gegenübergestellt, als Frage. Darin hat Bohlen sich mit Johann Sebastian Bach verglichen, der heute so komponieren täte wie er, Bohlen, schon immer. Lachenmann findet das nun gar nicht gut:
“Wenn ein fast so verdienter wie verdienender Pop-Titan sich mit seinen Produkten schamlos an die Seite der großen Meister stellt, dann schwimmt er auf einer Welle der Oberflächlichkeit, die mich abstößt.”
Nun, schamlos hat Bohlen das nicht gemacht, denn dazu müsste er schon wissen, um was es sich bei den genannten Komponisten handelt. Der Vergleich Bohlens ist rein zufällig, denn mehr Namen wird er wohl kaum kennen oder zuordnen können. Könnte er es nämlich, dann würde er gar nicht auf so einen Gedanken kommen. Aber muss man sich darüber so aufregen, Herr Lachenmann. Nehmen sie doch den Bohlen nicht so wichtig.
Zustimmen möchte ich Lachenmann, wenn er sagt: “Die Kunst ist nicht Ausdruck unseres Lebensgefühls, sondern eher das, was uns fehlt in unserem Lebensgefühl.”
Ja, ja, ja. Aber wen interessiert das heute noch? Gefühl ist alles, ob es nun Leben ist oder nicht. Das Leben lebt nicht, steht irgendwo bei Adorno, der damit Ferdinand Kürnberger aus dem Roman Der Amerikamüde zitiert. Kunst und Leben war schon einmal das Thema ästhetischer Diskussionen in den 60er und 70er Jahren. Und tat daran gut. Denn Kunst war damals nicht schlechtweg das Andere sondern vielfach das Eigene und Eitle. Im Nachhinein ist das begreiflich, waren doch die modernen Gesellschaften auf dem Weg, alles Subjekt auszulöschen. Wer konnte denn damals überhaupt noch Ich sagen? Und das mit Grund? Tja, eben.
Was spannend ist an dieser These Lachenmanns: Sie exponiert Kunst nicht als Dienerin des täglichen Geschäfts, hier wird Mode (und das Modische) wieder abgetrennt und eine Funktion der Kunst hochgehalten, die längst überholt schien. Kunst ist ein Fehler im Ganzen, nicht seine Korrektur. Sie verschafft dem Kunsterfahrenden etwas, was er anders nicht bekommen kann: Verunsicherung, Positionsverschiebung nicht das gelobte Land, nicht Erlösung wie Nietzsche es Wagner unterstellt hat, nicht Erbauung. Eigentlich erhält man eben nichts, worauf man sich verlassen könnte. Kunst ist darin komplett experimentell. Aber das einmal nicht als Defizit sondern als Chance oder vage Hoffnung zu begreifen, dazu fehlt es, scheints, an Mumm. Lieber die Vielfalt der Einfältigkeiten loben und jede Kritik daran als nachstalinistische Gefühlsdiktatur anprangern, so wird doch heute verhandelt in der Kultur der Lebensgefühls-Welt.
Schließlich stellt Lachenmann eine Forderung auf: “Die Demokratie braucht eine Sensibilität gegenüber der Gefahr des Terrors der Mehrheit.”
Schwierig, vielleicht naiv: alles hängt daran, was man hier unter Mehrheit zu verstehen habe. So kann man den Satz nicht unterschreiben.
Heute in der Zeit ein Interview mit Helmut Lachenmann, einem der sicher klügsten Komponisten unserer Zeit. Das Musikforum des Deutschen Musikrates hatte in seiner ersten Ausgabe E- und U-Musik gegenübergestellt, als Frage. Darin hat Bohlen sich mit Johann Sebastian Bach verglichen, der heute so komponieren täte wie er, Bohlen, schon immer. Lachenmann findet das nun gar nicht gut:
“Wenn ein fast so verdienter wie verdienender Pop-Titan sich mit seinen Produkten schamlos an die Seite der großen Meister stellt, dann schwimmt er auf einer Welle der Oberflächlichkeit, die mich abstößt.”
Nun, schamlos hat Bohlen das nicht gemacht, denn dazu müsste er schon wissen, um was es sich bei den genannten Komponisten handelt. Der Vergleich Bohlens ist rein zufällig, denn mehr Namen wird er wohl kaum kennen oder zuordnen können. Könnte er es nämlich, dann würde er gar nicht auf so einen Gedanken kommen. Aber muss man sich darüber so aufregen, Herr Lachenmann. Nehmen sie doch den Bohlen nicht so wichtig.
Zustimmen möchte ich Lachenmann, wenn er sagt: “Die Kunst ist nicht Ausdruck unseres Lebensgefühls, sondern eher das, was uns fehlt in unserem Lebensgefühl.”
Ja, ja, ja. Aber wen interessiert das heute noch? Gefühl ist alles, ob es nun Leben ist oder nicht. Das Leben lebt nicht, steht irgendwo bei Adorno, der damit Ferdinand Kürnberger aus dem Roman Der Amerikamüde zitiert. Kunst und Leben war schon einmal das Thema ästhetischer Diskussionen in den 60er und 70er Jahren. Und tat daran gut. Denn Kunst war damals nicht schlechtweg das Andere sondern vielfach das Eigene und Eitle. Im Nachhinein ist das begreiflich, waren doch die modernen Gesellschaften auf dem Weg, alles Subjekt auszulöschen. Wer konnte denn damals überhaupt noch Ich sagen? Und das mit Grund? Tja, eben.
Was spannend ist an dieser These Lachenmanns: Sie exponiert Kunst nicht als Dienerin des täglichen Geschäfts, hier wird Mode (und das Modische) wieder abgetrennt und eine Funktion der Kunst hochgehalten, die längst überholt schien. Kunst ist ein Fehler im Ganzen, nicht seine Korrektur. Sie verschafft dem Kunsterfahrenden etwas, was er anders nicht bekommen kann: Verunsicherung, Positionsverschiebung nicht das gelobte Land, nicht Erlösung wie Nietzsche es Wagner unterstellt hat, nicht Erbauung. Eigentlich erhält man eben nichts, worauf man sich verlassen könnte. Kunst ist darin komplett experimentell. Aber das einmal nicht als Defizit sondern als Chance oder vage Hoffnung zu begreifen, dazu fehlt es, scheints, an Mumm. Lieber die Vielfalt der Einfältigkeiten loben und jede Kritik daran als nachstalinistische Gefühlsdiktatur anprangern, so wird doch heute verhandelt in der Kultur der Lebensgefühls-Welt.
Schließlich stellt Lachenmann eine Forderung auf: “Die Demokratie braucht eine Sensibilität gegenüber der Gefahr des Terrors der Mehrheit.”
Schwierig, vielleicht naiv: alles hängt daran, was man hier unter Mehrheit zu verstehen habe. So kann man den Satz nicht unterschreiben.