22. November 2024 Alles muss raus!

Plessner: Mit anderen Augen

Worum es Plessner vor allem geht, ist die Frage, wie man sich aus sich heraus bewegt und in eine andere Position bequemt. Es ist dies ja das wertvolle Phänomen, durch Fremdwahrnehmung etwas mehr über sich, sein Land, sein Tun … zu erfahren. Um dieses zu bewirken, auch ohne fremde Hilfe, sei eben ein “Schmerz”:

"Nicht nur fremdes Leben, auch das eigene Milieu, das eigene Land, die eigene Tradition und ihre großen Figuren nit anderen Augen sehen lernen ist die Kunst der Geisteswissenschaft, die aktiviert durch ein echtes Erlebnis, d.h. durch Schmerz, die Vertrautheit zerstört, so daß es uns wie Schuppen von den Augen fällt. Sie weckt uns zu neuer Wahrnehmung, befreit den Blick und härtet ihn gegen die ablenkenden und verdeckenden Vorurteile.”1Helmuth Plessner: Mit anderen Augen, in: ders.: Mit anderen Augen, Aspekte einer philosophischen Anthropologie, Stuttgart 1982, S. 171.

Und das ist natürlich eine Erfahrung, die viele schon einmal gemacht haben werden. Wobei ich die Bedeutung des Schmerzhaften nicht schmälern möchte, sondern eher erweitern. Die kann eben auch durch einen Witz passieren, wenn man nicht den Witz als Schmerz der Logik bezeichnen wollte. Warum anders sind denn Glossen oder Karikaturen häufig so aufschlussreich? Aber es geht auch durch (oder über) paradoxe Erfahrungen, durch vielgestaltige und widersprechende Erfahrungen. Eine Verunsicherung allgemein dürfte gemeint sein, um den Boden der Tatsachen zum Wanken zu bringen.

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Fussnoten:

  • 1
    Helmuth Plessner: Mit anderen Augen, in: ders.: Mit anderen Augen, Aspekte einer philosophischen Anthropologie, Stuttgart 1982, S. 171.