Wer sich heutzutage durch die Feuilletons schleicht, wer des Kabels Fernsehen sieht, wer durch die virtuellen Welten virtueller Computerserver surft, der stößt allenthalben auf Kultur. Kultur, wo man hinschaut, Kultur, wo man hinhört. Studieren kann man das Management derselben, Unternehmen geben sich eine solche. Eine schlanke Taille ist „ästhetisch“ faseln uns die zum Interview gequälten Personen aus Fernsehkanal X zu. Ein dicker Bauch ist „unästhetisch“ wird danach eine amerikanische Studie von der Soundso-University zitiert.
Wer sich heutzutage durch die Feuilletons schleicht, wer des Kabels Fernsehen sieht, wer durch die virtuellen Welten virtueller Computerserver surft, der stößt allenthalben auf Kultur. Kultur, wo man hinschaut, Kultur, wo man hinhört. Studieren kann man das Management derselben, Unternehmen geben sich eine solche. Eine schlanke Taille ist „ästhetisch“ faseln uns die zum Interview gequälten Personen aus Fernsehkanal X zu. Ein dicker Bauch ist „unästhetisch“ wird danach eine amerikanische Studie von der Soundso-University zitiert.
Die Begriffe sind allgemein heruntergekommen. Ja, im Namen der heiligen Kultur läßt sich gut auftrumpfen. Mit diesem Etikett läßt sich alles verdecken. Die Kultur ist das große Band, welches eigentlich unvereinbare Standpunkte zusammenfesselt. So wie sich die Fundamentalopposition von Kommunismus und Kapitalismus aufgelöst hat, so hat sich Fundamentalopposition zwischen Freizeitindustrie und Kunst aufgelöst.
Der Medientheoretiker Boris Groys sprach in der Süddeutschen Zeitung vom 15. Mai 1999 sogar von einem „Verrat der Theorie“ und dem Sieg der „Massenkultur“ über die „Hochkultur“.
„Die problematische künstlerische Qualität der massenkulturellen Produkte spielt (…) keine Rolle. Die heutige Theorie ist jederzeit bereit zuzugestehen, daß es sich dabei meistens um irgendeinen kulturellen Müll handelt. Aber dieser Müll verbreitet sich überall, schafft neue kommunikative Räume, verbindet und öffnet. Und das genügt der Theorie, um sich für diesen Müll nicht nur zu interessieren, sondern auch zu begeistern“, schreibt Boris Groys.
Es heißt immer, daß Fundamentalismus ein Grund für die Kriege und Ungerechtigkeiten dieser Welt sei. Die Situation hat sich dramatisch umgekehrt, es ist der Relativismus, der Scheißegalismus, der sich wie eine dumpfe Kulturglocke über die verlorenen Seelen der Menschen legt und mit bedeutungslosem, leerem Sinn füllt. Nicht zufällig heißt eine Zeitschrift so, wie sich der gegenwärtige Kulturbegriff versteht: „Fit for fun“. Kultur ist zum Kampfbegriff der Barbarei und zu einer Waffe geworden.
Es ist dieser Kulturbegriff, mit dem jede subkulturelle Bewegung eingegliedert wird, bevor sie sich als Opposition bewähren kann. Es ist nicht mehr nötig, daß einen eine direkte politische Macht bedroht, heutzutage braucht man nur noch den Fernseher einzuschalten. Und so werden zum Beispiel Orte möglicher kultureller Opposition getötet unter dem Diktat der Marktanpassung und die Kulturmanager sind die adäquaten Vollzugsorgane geworden. Man kann Widerstand nicht managen.