Befreite Kultur statt Sponsoring
Man muß sich das mal vorstellen. Stand neulich in meinem Rentenbescheid: „Diese Rente wurde gesponsert von der Kugellagerfabrik Pfalzkofen.“ Merkwürdig, könnte man denken. Aber so ungewöhnlich ist das eigentlich nicht. Erstens sponsern die Unternehmen sowieso die Renten (in Form eines Beitrages in den Lohnnebenkosten) und zweitens täten die Unternehmen dann etwas, was tatsächlich ihre Aufgabe wäre. Doch dazu später. Nein, statt dessen machen sie in Kultur zum Beispiel, nennen das Förderung, Bewahrung, Selbstdarstellung, Unternehmenskommunikation und so weiter.
Die Sache ist absurd. In einer Gesellschaftsordnung kann man sich Kultur von Staats wegen nicht mehr leisten, zumindest nicht in der gewünschten Form. Unternehmen gucken sich dann ein paar interessante Projekte heraus, die vielleicht auch mit einer gewissen Publizität verbunden sind. Dann klebt man flott ein Button aufs Plakat und ein Orchester scheint gerettet. Man muß es ja nicht zum zehnten Male sagen, aber die Story mit dem BJO hatte etwas von dieser Vermanagementsegmentisierung der Kulturlandschaft.
Sponsern, schön und nett, aber es wäre auf Dauer doch wirklich einfacher, bequemer und einem Kulturlande eher zustehend, wenn das kulturelle Erbe und der kulturelle Auftrag von der öffentlichen Hand getragen würde und das Geld, das die Unternehmen in Bücher, Orchester, Theater, Festivals et cetera pulvern, dafür hergäben, das Klima für eine befreite Kultur zu bereiten. Das hieße eben auch Sponsoring von Sozialhilfeempfängern, Renten, Lehrern und Lehrerinnen, statt sich ihre eigene neue Mercedes-Stern-Kultur zuzubereiten und dumpfe Supersolisten-Talente durch Förderung zu hirnlosen Übemonstern abzurichten.